Pünktlich zum 100. Jahrestag der Oktoberrevolution: Neukölln reflektiert seine kommunistische und linksradikale Vergangenheit

„Neukölln ist ein perfektes Laboratorium für die Beschäftigung mit der Geschichte des Kommunismus“, erläuterte Katharina Hochmuth, Projektkoordinatorin der Stiftung Aufarbeitung, zur Eröffnung der Ausstellung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“, für die am Dienstagnachmittag – exakt der 100. Jahrestag der Oktoberrevolution vom 7. November 1917 – im Obergeschoss der Neuköllner Stadtbibliothek nur ein kleiner Besucherkreis zusammengekommen war. Die Ausstellung, die auf beide Etagen der Helene-Nathan-Bibliothek verteilt ist, will den Aufstieg und Niedergang der kommunistischen Bewegung umfassend beschreiben und so zu einem tieferen Verständnis der DDR-Diktatur beitragen. Sie besteht aus 25 Tafeln mit über 200 zeithistorischen Fotos, Dokumenten sowie mit QR-Codes, die zu Filmdokumenten im Internet führen.

„Die Ausstellung ist bereits an über 1000 Orten gezeigt worden. In Merseburg und Dinkelsbühl ebenso wie in New York und Tokio“, sagte Hochmuth. Die Plakatschau wurde von Dr. Gerd Koenen kuratiert, der mit seinem Buch „Das Rote Jahrzehnt“ die Entwicklung linksradikaler Gruppen von 1967 bis zum RAF-Terror im Deutschen Herbst 1977 beschrieb und analysierte. Weitere Bücher schrieb Koenen, der selbst einst Mitglied des Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW) war, über die Literaturgeschichte des sozialistischen Personenkults, den deutschen Terrorismus sowie die lateinamerikanischen Guerrilla-Epen.

Bernd Müller, Leiter der Volkshochschule Neukölln, war ebenfalls zur Ausstellungseröffnung gekommen. Die VHS richtet seit September zum 100-jährigen Jubiläum der Oktoberrevolution die Kursreihe „Kommunismus in Neukölln“ aus, die mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert wird. Die Volkshochschule begibt sich auf Spurensuche nach dem kommunistischen Erbe in der Lokalgeschichte. Begleitet von einer Veranstaltungsreihe mit Experten und Zeitzeugen, ehemaligen und aktiven Politikern will der Projektkurs die Möglichkeit bieten, sich Geschichte selbst anzueignen und zu schreiben.

Erinnerungen an die „Neue Linke“ im ehemaligen Arbeiterbezirk und an die Bezirkspoltik im „Frontstadtbezirk“ Neukölln werden am 30. November und 14. Dezember bei zwei Veranstaltungen im Rathaus Neukölln zu hören sein. An der Diskussion über die „Neue Linke“ in Neukölln werden die langjährige Kulturamtsleiterin Dorothea Kolland sowie der frühere Schülersprecher und spätere SPD-Bundestgsabgeordnete Ditmar Staffelt beteiligt sein. Über die Bezirkspolitik sprechen in einer zweiten Veranstaltung die ehemaligen Bezirksbürgermeister Arnulf Kriedner (CDU) und Frank Bielka (SPD) sowie die Grünen-Politikerin Gabriele Vonnekold.

Mit der Mauer beschäftigen sich die Führungen „Im Schatten der Mauer“ am 16. November sowie die Führung durch eine Ausstellung in der Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße 119 am 23. November. Für alle Veranstaltungen ist eine vorherige Anmeldung bei der VHS-Neukölln erforderlich.

=Christian Kölling=