Die Karl-Marx-Straße auf dem Weg zur erfolgreichen Einkaufsstraße – und zwischen Anspruch und Wirklichkeit

„Unsere Ära geht zu Ende“, steht in roten Buchstaben auf einem Plakat vor der Hohenzollern-Apotheke am U-Bahnhof Karl-Marx-Straße: „Am 30. November müssen wir unsere Apotheke nach 117 Jahren leider schließen“, informiert die Apothekerin Dr. Sabine Göhr-Rosenthal ihre Kunden und dankt für die Treue sowie das erwiesene Vertrauen. Schräg gegenüber bzw. direkt neben der Apotheke lagen einst die traditionsreichen Neuköllner Geschäfte Koffer Panneck und die Bickhardt‘sche Buchhandlung. Beide schlossen Ende der 1990er Jahre ihre Türen für immer.

Der Name der Apotheke verweist auf den ersten Standort, an dem sie am 20. Oktober 1900 gegründet wurde. Es war am Hohenzollernplatz 1, dem Weiterlesen

Retter in der Not

Der Kummer ist groß: Es ist Sonntag, man will jemanden spontan überraschen und stellt fest, weder Hasenzähne und einen Partybart, noch Nies- und Juckpulver oder Spritzringe vorrätig zu haben. Selbst über den Online-Handel ließe sich das Defizit auf die Schnelle nicht beseitigen, wohl aber in Neukölln beim Zauberkönig. Das seit 65 Jahren an der Hermannstraße bestehende Eldorado für Fans von Magie, Kostümierung und Scherzartikeln hat zwar auch nur von montags bis samstags geöffnet, aber einen Automaten neben dem Laden installiert, durch den sich Belustigungs-Engpässe zu jeder Tages- und Nachtzeit beheben lassen.

Knisterndes für besondere Anlässe und den Alltag

berliner-miedermanufaktur_neukoellnMit Mode und Design brachte noch niemand Neukölln in Verbindung, als Britt Sobotta vor 10 Jahren in der 1_berliner-miedermanufaktur_neukoellnSchillerpromenade die Berliner Miedermanufaktur eröffnete.

Für sie war es vor allem praktisch: Kurze Wege zwischen Wohnung und Ladenatelier erleichterten das Zusammen-spiel von Familie und Beruf enorm. Ihre Kreationen seien ohnehin Nischenprodukte, da sollten auch Produktion und Verkauf fernab des Mainstreams funktionieren, mutmaßte das Umfeld von Sobotta, die das Faible für Mieder während ihres Kunststudiums entdeckte und anschließend bei einer Ausbildung Weiterlesen

Da weg ist das Ziel

Mancher schließt einfach die Ladentür ab und lässt die Rollläden vor den Schau-fenstern herunter – auf Nimmerwiedersehen. Andere leiten das Ende ihres Kapitels bierbach-tv neukoellnals Selbstständige mit eigenem Geschäft in Neukölln mit einem Räumungsverkauf ein. Von Mieterhöhungen, die – wie bei Wohnungen – durch eine Kappungsgrenze in die Schranken gewiesen werden, können Gewerbetreibende im Bezirk nur träumen.
Stattdessen ist in diesem Marktsegment Frei-stil angesagt: Andreas Bierbach, der fast drei Jahrzehnte lang seinen HiFi-TV-Dienst in der Böhmischen Straße betrieb, kapitu-lierte kürzlich, als die Miete auf das Doppelte angehoben wurde. Auch Weiterlesen

Das Gute im Schlechten

Unter extremen Nachteilen haben noch bis Ende nächsten Jahres alle Besitzer von Läden zwischen Uthmann- und Briesestraße zu leiden. Einige Geschäfte waren uefa euro 2016_baustellendeko kms neukoellnbereits verlassen, bevor der Umbau der Karl-Marx-Straße vor ihrer Tür ankam. Doch für Einzelhändler, deren Sortiment sich durch die Fußball-Europameisterschaft stark ver-größert hat, haben die Auswirkungen der Bautätigkeiten auch Vorteile: Dieser nutzt den Bauzaun clever, um sein Fanartikel-Angebot werbewirksam zu präsentieren und Farbe in die Straße zu bringen. Den Laden zu erreichen, ist allerdings kompliziert, wenn man aus der falschen Richtung kommt.

Her und weg

dezemberlaub am lindenbaum_neukoellnNicht nur vielen Menschen, sondern auch man-chem Baum fällt das Loslassen offensichtlich schwer. Der Kioskbetreiber, dessen Laden genau unter diesem Baum liegt, dürfte sich seine Ent-scheidung ebenfalls kaum leicht gemacht haben. Gestern öffnete er das Geschäft im Neuköllner Kiez zwischen Hermannstraße und Tempelhofer Feld zum letzten Mal.

Nach 11 Jahren gibt der Mann auf – nicht wegen einer in astronomische Sphären gestiegenen Miete. Sie sei trotz einer Erhöhung weiterhin ziem-lich moderat, findet er. Nur passe sie überhaupt nicht mehr zum Zustand des Ladens, der Umgebung und zu den Margen, die durch den Verkauf von Weiterlesen

Zweite Runde des Späti-Dialogs, Fortsetzung wahrscheinlich

späti-dialog_grüne neuköllnSchon im Juli hatten die Grünen-Abgeordneten Anja Kofbinger und Dr. Susanna Kahlefeld die Betreiber von Spätkaufläden sowie Polizei und Ordnungsamt zu einem ersten Späti-Dialog für Nord-Neukölln einge-laden. Grund der Zusammenkunft: Seit Frühjahr 2014 gehen Polizei und Ordnungsamt in einigen Teilen des Bezirkes unnachgiebig gegen die bislang geduldete Sonntagsöffnung der sogenannten Spätis vor, um das Berliner Ladenöffnungsgesetz durchzusetzen. Ein Vorgehen, das bei betroffenen Geschäftsleuten teils Existenzängste auslöste.

Am vergangenen Mittwoch konnten nun die beiden Landespolitikerinnen Kofbinger und Kahlefeld für die Folgerunde des Späti-Dialogs zwei Referenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin Weiterlesen

Unter einem Dach

fahrschule kubis_perlenparadies_neuköllnFreie Läden in Neuköllns begehrten Kiezen sind Mangelware. Und mit der gestiegenen Nachfrage sowie stetig steigenden Mieten wächst das Be-dürfnis, näher zusammen zu rücken: Shop-in-Shop heißt vielerorts das Zauberwort. In der Selchower Str. 32 wird die Koexistenz verschiedener Gewerbe schon länger praktiziert. Neben der Fahrschule Kubi ist hier das Perlenparadies untergekommen. Was sonst noch zu verkaufen ist, wird im Schaufenster annonciert, die Katze ist jedoch unverkäuflich.

Um die Ecke gebracht …

blumen rosi_hermannstr 63_neukölln… hat die Inhaberin von „Blumen Rosi“ kürzlich die Ausstattung ihres Ladens. Das bisherige Geschäft in der Hermannstraße 63 steht nun leer – und mancher potenzielle Kunde frustriert davor. Die Befürchtung, dass in Neukölln wieder ein renommiertes Einzelhandelsunternehmen unter dem Druck steigender Gewerbemieten nachgeben musste und aufgegeben hat, liegt nahe: Die neue Adresse von „Blumen Rosi“ ebenfalls – sie ist in der  Kienitzer Straße.

Nach 30 Jahren: Das Aus der Buchhandlung SoSch

sosch buchhandlung_gropius-passagen_neuköllnAm Heiligabend endet eine Ära, die 1985 begann, als dort, wo seit 1996 die Gropius Passagen sind, noch ein Einkaufszentrum mit nur 40 Ladenpavillons stand. In einem davon hatte Sonja Schwestka-Krause, die 1980 der gropius passagen_neuköllnLiebe wegen von Österreich nach Berlin gekommen war, eine Buchhandlung eröffnet – auf gerade mal 36 Quadratme-tern.

Heute hat die Buchhandlung SoSch 629 Quadratmeter Ver-kaufsfläche. Und zu dieser, die strategisch günstig nahe dem Haupteingang liegt, gehören außerdem drei Räume im Kellergeschoss. „Der 24. Dezember ist unser letzter Verkaufstag“, sagt Sonja Schwestka-Krause. Danach wird das Objekt geräumt, um es pünktlich am 11. Januar an Weiterlesen

Unten die Durststrecke, oben der Erfolg: die Gegensätze der Neuköllner Karl-Marx-Straße

steinle_blesing_7 jahre aktion kms neukölln„Seit sieben Jahren“, so stand es in der Einladung, „gestaltet die [Aktion! Karl-Marx-Straße] den Wandel des Neuköllner Bezirkszentrums.“ Deshalb wurde neulich auf dem Alfred-Scholz-Platz „gefeiert“ – mit einer Bühne, die so groß war, dass Baustadtrat Thomas Blesing und Moderator Reinhold Steinle sowie dessen Aktentasche auf ihr stehen konnten, mit einigen Schautafeln, die Rück- und Ausblicke visualisierten, und – trotz der Präsenz diverser qua Amt Involvierter – mit einer sehr überschaubaren Gästezahl, die sich nach dem ersten und zugleich spannendsten Programmpunkt weiter reduzierte.

Anwohner waren nur spärlichst vertreten, was ins- besondere der äußerst dezenten Werbung für die Veranstaltung geschuldet gewesen sein dürfte. Inhaber von Läden in der Karl-Marx-Straße waren unter den Weiterlesen

„Wir wissen doch, dass wir Kopf und Kragen riskieren, wenn wir am Sonntag offen haben. Es geht um unsere Existenz!“

späti_neuköllnWoher sind die Schrippen auf Ihrem Frühstückstisch, der gestern beim Einkauf vergessene Liter Milch oder die Sonntagszeitung? Ebenso aus einem Späti in der Nachbarschaft wie der Coffee-to-go, der einen Kof- späti-dialog_grüne neuköllnfeinkick während der morgend- lichen Gassirunde bescherte?

Bis auf den letzten Klappstuhl war am vergangenen Donnerstag der Versammlungsraum im Büro der Neuköllner Grünen besetzt: Gut 50 Gäste – darunter Polizei, Ord- nungsamt und Gewerbetreibende – waren auf Einla- dung der beiden Grüne-Wahlkreisabgeordneten Anja Kofbinger und Dr. Susanna Kahlefeld zu einem ersten Späti-Dialog zusammengekommen. Der Anlass war, dass Polizei und Ordnungsamt im Bezirk seit rund 15 Monaten rigide Weiterlesen

Kleinster gemeinsamer Nenner: vier Kerzen

blumen weyer_sonnenallee neuköllnDer erste olfaktorische Eindruck ist irri- tierend. Natürlich riecht es nach Blumen, saftig-grünen Pflanzen und würzigen Tannen, doch in das florale Duftpotpourri mischt sich bei Blumen-Weyer in der Neuköllner Sonnen- allee noch etwas anderes: das Aroma frischen Kaffees. „Die meisten Leute kennen The Coffee Ape the coffee ape_blumen weyer neuköllnvon Wochenmärkten, aber seit zwei Mo- naten haben wir hier zusätzlich einen festen Stand-platz“, erklärt die Barista an der knallroten Cafébar das ungewöhnliche Shop-in-Shop-System. Blumen und Kaffee, findet sie, würden doch gut zusammen passen. Kunden, die einen individuell und frisch gebundenen Blumenstrauß mitnehmen möchten, können sich die Wartezeit mit einer Kaffeespezialität vertreiben; Dirk Weyer und seine Angestellten müssen keine Kaffeemaschine bemühen, um das gewünschte Koffeinlevel zu halten. „Alle Adventsgestecke und -kränze, die Sie hier sehen, Weiterlesen

„Der Bezirk hat für die Karl-Marx-Straße alles getan, was ein Bezirk kommunalpolitisch tun kann“

16.Aktion KMS-Treffen_Marcel Weber_SchwuZ Berlin-Neukölln„Wir sind ein Teil des ganzen Gentrifizie- rungsprozesses, den wir nicht verteufeln wollen, weil er ein natürlicher Entwicklungs- prozess der Stadt ist. Wir wollen aber die Leute von Anfang an mit ins Boot holen und sensibel mit dem Thema umgehen. Wir müssen nicht Experimente wie in Prenzlauer Berg wiederholen“, mit diesen Worten for- mulierte Marcel Weber, Geschäftsführer des SchwuZ, seine Erwartung an das 16. Tref- fen der [Aktion! Karl-Marx-Straße], das vorgestern Abend in den Räumen seines Veranstaltungszentrums für homosexuelle Männer und Tunten in der Neuköllner Rollbergstraße stattfand. Auch wenn die überwältigende Mehrheit der Anwesenden den Wunsch von Marcel Weber vermutlich teilte, das Wort Gentrifizierung fiel im Lauf des Abends nicht ein einziges Mal mehr. Bezirksstadtrat Thomas Blesing und die Lenkungsgruppe der [Aktion! Karl-Marx-Straße] hatten vielmehr Weiterlesen

Ein Herz für Taschen

Sie werden begrapscht, auch mal getreten, vollgestopft, durchwühlt, geknautscht und verschlissen. Sie haben eine Sieben-Tage-Woche, keinen  9-to-5-Job und höchstens mal  Urlaub, wenn gerade eine Rivalin angesagter ist und  ran muss. Kurzum:  So ein

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Taschenleben ist hart. Das erkannten auch Ingrid und Willy Pollmann Weiterlesen

Leuchtendes Beispiel für Beständigkeit

Seit fast 60 Jahren werden im abgerundeten Eckhaus an der Kreuzung Donau-/ Anzengruberstraße Lebensmittel verkauft: Im März 1954 startete Günter Rose die Ära als Mieter der Gewerbefläche im Erdgeschoss mit seinem Lebensmittel-Laden, den er – inzwischen Eigentümer des Hauses – erst 1983 wieder aufgab. Wenig später bezog der Discounter Aldi die Räumlichkeiten im Rose-Haus und blieb dort ein Vierteljahrhundert lang, bis 2009. Ein kurzes Intermezzo künstlerischer Nutzung unter-

rose-haus_neukölln

brach die Gepflogenheit, die schließlich in der zweiten Jahreshälfte 2010 Weiterlesen

Es ist, was es ist

Da Neukölln nicht  Baden-Baden oder Kampen und die Hermannstraße nicht  die Kö-

zauberkönig neukölln

nigsallee ist, hält man sich beim Zauberkönig nicht mit blumigen Umschreibungen auf, sondern drückt es ganz unmissverständlich aus.

So kann man ’s auch sagen

Auch in Neukölln ist es längst nicht so, dass Interessenten für jede Immobilie Schlange stehen, sobald die Vormieter das Feld geräumt haben. Eines dieser Exemplare, an dem bislang niemand Gefallen fand, soll nun endlich neu vermietet werden – als  Ladengeschäft mit Erfahrung. Was sich  hinter der kuriosen  Formulie-

ladengeschäft mit erfahrung_neukölln eisdiele capri_sonnenallee neukölln

rung verbirgt, ist, dass die Gewerbe-Immobilie insbesondere reichlich Erfahrung in Sachen Leerstand vorweisen kann: Seit Frau Ho Weiterlesen

Hinter wilden Tieren

Es ist mehr als ein Hauch von Afrika, der neuerdings durch die Selchower Straße in Neukölln weht. Eine ganze Savannenlandschaft zieht sich seit letzter Woche am Parterre des Hauses mit der Nummer 33 entlang. „Vielen gefällt das“, weiß Álvaro Sendra González, „mir aber gar nicht.“ Dem Spanier gehört der Laden, über dem Pequod Books  steht  und an dessen Tür  nun ein Zettel  mit dem Hinweis „Nein, hier

pequod books_neukölln pequod books neukölln

selchower str 33_neuköllnwird kein Elefantenfutter verkauft“ klebt. Das sei seine Art von Protest, sagt er. Alle Be- mühungen im Vorfeld Einfluss auf die Motiv-auswahl zu nehmen, seien leider geschei- tert: „Gegen eine Fassade mit etwas Lite- rarischem oder Maritimem hätte ich ja gar nichts gehabt.“ Doch diese Vorschläge von Álvaro Sendra González waren es nicht, die realisiert wurden.

Hinter den wilden Tieren und der afrikani- schen Steppe ist das genaue Gegenteil der Fall. Mit Pequod Books setzt der Fotograf, der vor über sieben Jahren nach Berlin kam, von A bis Z seine eigene Idee eines vielsprachigen Antiquariats um. Benannt ist der Laden nach dem Schiff, mit dem Kapitän Ahab in Herman Melvilles pequod books_neuköllnRoman Moby Dick jagte: „Eines meiner Lieblingsbücher.“ Im Angebot sind Klassiker der Weltliteratur, aber auch Sachbücher, Dictionarys, Kinderbücher und jüngere Belletristik in über 15 verschiedenen Sprachen. „Englische Bücher sind natürlich die Topseller, weil das die Sprache ist, die die meisten meiner Kunden können“, sagt der Jungunternehmer. Auch deutsche Werke füllen viele Meter in den fast deckenhohen Regalwänden. Über- schaubarer ist die Auswahl an pequod books_neuköllnBüchern in serbischer, türkischer, lateinischer, chinesischer, finnischer, spanischer, hebräischer, spanischer oder rumänischer Sprache. Doch anders als in anderen Secondhand- Buchhandlungen sind sie hier  nicht als multilinguales Potpourri zusammengewürfelt, sondern feinsäuber- lich  sortiert.

Für etwa 12.000 Bücher wäre im Laden Platz. Knapp 8.000, schätzt Álvaro Sendra González, stehen derzeit in den Regalen, um für maximal 6 Euro neue Besitzer zu finden: „Der Durchschnittspreis liegt bei 3,50 Euro, und wer mir ein Buch verkauft, kriegt dafür einen Euro.“ Mehr Bücher in deutschen Dialekten, überlegt er, hätte er gerne. Dann könnte auch diese Sparte ein Extrafach bekommen. Eines wird aber sicher nie bei Pequod Books in der  Selchower Straße 33  verkauft werden: Elefantenfutter.

=ensa=

Ladenhüter

Wenn überall Originale in verschiedenen Formaten, Güte- und Gewichtsklassen  zum

riesenschneeball_neuköllndeko-schneebälle_tedi neukölln

Mitnehmen herumliegen, sinkt das Interesse an käuflich zu erwerbenden Kopien.  Drastische Preisnachlässe sind die Folge, am Ladenhüter-Dasein der künstlichen Schneebälle ändern aber auch die nichts.