Mannomann!

Australien, Dänemark, Ghana, Indien, Irland, Jamaika, Kanada, Malta, Singapur, Südafrika, Tobago, Trinidad, Ungarn und USA – überall dort wird immer am 19. No- vember und so auch heute der Internationale Männertag begangen. Er wurde 1999 eingeführt, um auf die Benachteiligung von Jungen und Männern in vielerlei Be- reichen aufmerksam zu machen. Aus der Tatsache, dass es ihn in Deutschland nicht gibt, abzuleiten, dass hier auch keine  Nachteile für sie gibt, wäre allerdings ein  detlef pech, 3. berliner fachtag jungenarbeitTrugschluss.

Schon in der Schule wür- den für Jungen die fal- schen Wegweiser aufge- stellt werden, kritisierte der Erziehungs- und Sozial- wissenschaftler Prof. Dr. Detlef Pech beim 3. Ber- liner Fachtag Jungen- arbeit im Guttempler-Haus Neukölln vor Pädagogen aus Kitas, Schulen und Projekten. „Sehen Sie sich doch nur mal die Illustrationen in aktuellen Unterrichtsmaterialien für Grundschulklassen an!“, mahnte er. Wie eh und je würden dort „stereotype Vorstellungen, wie Jungen und Mädchen sich zu verhalten haben“, dargestellt werden.  Jungen seien einem Naturgesetz gleich diejenigen, die Regeln brechen, Mädchen die, die nicht auffallen. Pechs Zwischenfazit: „Die Jungen-Bilder, denen Jungen begegnen, führen geradewegs in eine verbarrikadierte Identitätsfindung.“

Und das setze sich beim Schulsport fort. Immer wieder sei Schulsport für Jungen gleichbedeutend mit Fußball. „Aber“, so der bekennende Werder Bremen-Fan Detlef Pech, „Fußball ist Schwachsinn.“ Nach einem Beispiel, das die Hartnäckigkeit von Geschlechterstereotypen ähnlich eindrucksvoll untermauert, müsse man lange suchen. Während die Erfolge kickender Frauen in der Sportwelt zusehends Anerkennung finden, heiße es im Alltag von Kindern nach wie vor „Aber die ist ja auch kein richtiges Mädchen!“, wenn eine Sophie,  Nele oder Ayse Talent beim Umgang mit dem runden Leder offenbart.

Um die Verfestigung von Klischees auszubremsen, Jungen aus dem „Dilemma zwischen Selbstinszenierung und Pädagogisierung“ zu holen und ihnen neue Perspektiven aufzuzeigen, bedürfe es eines verstärkten Engagements im bislang weitestgehend unerforschten Feld der Jungenarbeit, forderte Detlef Pech in seinem Vortrag. Alles andere führe dazu, dass sich die auch durch die PISA-Studie belegte Benachteiligung von Jungs tradiert: „Dabei sind schlechtere schulische Leistungen de facto nichts Neues. Bildungsverlierer sind aber nicht die Jungen per se, sondern es ist eine bestimmte Gruppe von Jungen.“ Die Krux sei jedoch, dass die sich ob ihrer Orientierung an herrschenden Bilder nicht als Verlierer fühlen (dürfen), und das führe wiederum zu anderen Problemen. „Würden Jungen eine größere Viel- schichtigkeit von Männlichkeit erfahren und individueller auf dem Weg zum eigenen Leben gefördert werden, gäbe es die nicht“, ist der Wissenschaftler überzeugt.

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