„A100 stoppen oder was?!“: Kiezdebatte auf der Heimathafen-Sommerbühne

High Noon in Neukölln: Pünktlich um 12 Uhr mittags startete am Welttheatertag eine mehrmonatige Zusammenarbeit des Heimathafens Neukölln mit der Extinction Rebellion Berlin. „Wir wollen deutlich machen, dass die aktuelle Pandemie nur der Vorläufer für die weltweiten ökologischen Krisen ist. Wir müssen mit der Frage umgehen, welche Rolle die Kulturwelt in und nach der Pandemie einnimmt und wie die Transformation in eine nachhaltige Zukunft gelingen kann“, verkündeten die Theatermacherinnen damals und stellten Ende März ihren leerstehenden Ballsaal als Werft für den Bau von Archen zur Verfügung. „Wir wissen seit Jahren, dass die globale Erderwärmung und das Artensterben die Menschheit existentiell bedroht. Doch Ohnmacht und Schuldgefühle hindern uns der Realität des Klimawandels zu begegnen“, kritisierten die Kulturschaffenden und erläuterten zur Symbolik der Arche: „In der Psychoanalyse gibt es bereits einen Namen für unser Verhalten: ‚Die Arche-Noah-Mentalität‘. Wir gehen davon aus, dass es für uns einen Ausweg gibt. Untergehen tun die anderen.“

Beim ersten Karneval für die Zukunft, der Mitte Juni fünf Stunden lang durch Neuköllner Kieze zog, um den Nachbarinnen und Nachbarn das Thema Umweltschutz in neuer Form näherzubringen, nahm eine Arche aus dem Heimathafen teil. Und erst am vergangenen Wochenende wurde im Theatersaal als Beitrag zum Festival 48 Stunden Neukölln die Installation „Let‘s Panic Arche“ gezeigt. Doch die Theaterleute wollen sich längst nicht nur auf Kunstaktionen beschränken!

„Für den Sommer haben wir ein Talk-Format entwickelt, bei dem wir lokale Akteure aus Zivilgesellschaft und Politik zusammenbringen. Wir wollen mit dem Kiez ins Gespräch kommen und verschiedenen Perspektiven auf kontroverse Themen ein Forum bieten“, sagte mir Tobias Stilz, Pressesprecher des Heimathafens, am Freitag. Die Sommerbühne biete aktuell Platz für 60 Personen; eine Anmeldung für den kostenfreien Besuch der Veranstaltungen sei nicht erforderlich. „In der ersten Kiezdebatte am 22. Juni diskutieren unsere Gäste über den Sinn und Unsinn des A100-Ausbaus – und mögliche Alternativen“, kündigte er an.

Die A100 sei inzwischen die teuerste Autobahn Deutschlands und hochumstritten. Der Bund wolle das Projekt durchsetzen, obwohl viele Experten den Bau neuer Autobahnkilometer eher kritisch sähen. „Ganz konkret geht es in der Kiezdebatte um den 16. Abschnitt, der vom Autobahndreieck Neukölln zum Treptower Park verläuft, sowie um den 17. Abschnitt, der in Richtung Friedrichshain und Lichtenberg führen soll“, so Stilz. „Nicht nur die hohen Kosten sind ein Thema. Während Klimawandel und Verkehrswende die Themen unserer Zeit sind, stellt sich die Frage, wie zeitgemäß ein solcher Betonklotz mitten im Berliner Zentrum wäre“, wird in der Einladung die umweltpolitische Dimension der Debatte hervorgehoben. „Wie aber könnten eine nachhaltige Verkehrspolitik und die städtische Mobilität der Zukunft aussehen? Und was tun mit den bisher vollendeten Maßnahmen, sollte der Weiterbau wirklich gestoppt werden – wie sähen alternative Nutzungsszenarien aus?“, fragen die Veranstalter schließlich.

Bernd Kalweit spricht als einer von vier Diskutanten auf dem Podium für das Aktionsbündnis A100 stoppen!, dessen erklärtes Ziel ist, die Verlängerung der Berliner Stadtautobahn A100 zu verhindern. Andreas Knie ist Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und bringt seine Expertise in das Gespräch ein. Christian Latz () arbeitet beim Tagesspiegel als Redakteur für Berliner Landespolitik. Sein Themenschwerpunkt ist der Bereich Mobilität und Verkehr, über den er zuvor auch als Redakteur der Berliner Morgenpost berichtet hat. Burkhard Horn ist Stadt- und Verkehrsplaner. Er leitete von 2008 bis 2014 das Referat „Grundsatzfragen der Verkehrspolitik” und zwischen 2014 und 2017 die Abteilung Verkehr in der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Heute ist Horn freiberuflicher Berater an der Schnittstelle von Verkehrspolitik und Verkehrsplanung tätig, wobei er Transformationsprozesse unterstützt.

Kiezdebatte „A100 stoppen oder was?!“ am 22. Juni um 19 Uhr auf der Sommerbühne vom Heimathafen Neukölln (Karl-Marx-Str. 141)

=Christian Kölling=