„Lasst uns Archen bauen: Das Wasser steht uns bis zum Hals!!!“ Mit diesem eindringlichen Appell der Schauspielerin und Regisseurin Inka Löwendorf wandte sich am vergangenen Sonnabend erstmals das neue Aktionsbündnis zwischen Extinction Rebellion Berlin und Heimathafen Neukölln an die Öffentlichkeit. Das Neuköllner Volkstheater, dessen Gründungsmitglied Löwendorf ist, und die in London gegründete Klimagerechtigkeitsbewegung, die seit April 2019 auch in Deutschland auftritt, wollen jetzt bis zur Weltklimakonferenz vom 1. bis 12. November in Glasgow gemeinsame Sache machen. Als Teil der Kooperation sind für die kommenden acht Monate Vorträge, kreative Angebote sowie Aktionen in Neukölln und in ganz Berlin geplant.
„Die Corona-Krise hat die Theaterwelt auf den Kopf gestellt. Die weltweite Pandemie hat die Kulturbetriebe von einem Tag auf den anderen lahmgelegt“, konstatierte Löwendorf (l.) in ihrer Rede vor dem Eingang des Heimathafens. „Zugleich wird immer deutlicher, dass die Pandemie ein Symptom der komplexesten ökologischen Krise ist, mit der sich die Welt konfrontiert sieht“, erklärte sie weiter. Aus ihrer Sicht stehe deshalb fest, dass es kein Zurück in die Welt zuvor gebe, sagte die Schauspielerin und schlussfolgerte: „Die immer schneller fortschreitenden Veränderungen erklären die Hoffnung auf ein Leben, wie wir es vor der Pandemie gelebt haben, zur Illusion.“ Es sei nur schwer zu ertragen, dass Theatersäle leer stünden, während die Welt auf die nächste Krise zusteuere, begründete Löwendorf schließlich, warum der Heimathafen jetzt mit Extinction Rebellion Berlin eine
Zusammenarbeit eingegangen sei, und seine Räume sowie Unterstützung im Kampf gegen die Krise anbiete.
„Let‘s Panic – Kulturwandel statt Klimawandel“ lautete folgerichtig das Motto beim spektakulären Kampagnenstart am Welttheatertag pünktlich um 12 Uhr mittags. In der Passage – direkt neben dem Heimathafen – nahm eine Performance der „Red Rebels“ ihren Anfang. Sie führte wenige Meter durch die Karl-Marx-Straße und endete mit einer freundlichen Übernahme des leeren Theatersaals, wo symbolisch der Bau einer Arche begonnen wurde. Parallel dazu traten im Vorderhaus junge Aktive der Extinction Rebellion, die Kostüme bedrohter Tierarten trugen, in den weit geöffneten Fenstern vom
Saalbau Neukölln auf. An der Fassade des Gebäudes war ein langes Banner mit dem Kampagnenmotto gespannt.
Gipfeln soll die Klima-Kampagne mit einem Stapellauf der Archen zur Bundestagswahl im September. Der leere Ballsaal des Theaters dient dabei für den Archen-Bau als Werft. Das Ende der Kampagne soll im November eine „Lange Nacht der Rebellion der Theater“ markieren. Sie ist im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Glasgow geplant und will verschiedene Berliner Kulturbetriebe digital miteinander vernetzen. Auch sonst hat sich der Heimathafen viel vorgenommen: An der Fassade, im Gang und im Hof des Theaters wird künftig mit Video-, Licht- und Audio-Installationen an die Dringlichkeit der Klimakrise erinnert. Digitale und analoge Formate wie Talks, Seminare und Open Assemblies geben zudem Raum für gemeinsame Debatten und Austausch. Das Neuköllner Theater wird damit gleichermaßen zur Mahnwache als auch zum Panikraum. Last not least will der Heimathafen Neukölln im Verlauf der Kampagne seinen eigenen ökologischen Fußabdruck bestimmen und mit anderen Kultureinrichtungen darüber ins Gespräch kommen, welche Reduktionen im Kulturbereich erreicht werden können und welche Erwartungen an die Berliner Politik zu formulieren sind.
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