„Zuerst trauten wir uns gar nicht, dort etwas hinzubauen“, gibt Gabriele Fink zu. Wild und idyllisch sei das Grundstück zwischen Hobrecht- und Friedelstraße gewesen, schwärmt die Architekin. Eine „Oase für den Kiez“ habe der Verein Kids‘ Garden – Grün für Kinder in Berlin-Neukölln dort entstehen lassen, wo bis 1994 eine Kartonagenfabrik stand. Heute Nachmittag werden auf dem 2.350 Quadratmeter großen Gelände das FaNN Familienhaus und die Kita Sternengarten von Bezirksbürgermeisterin Dr. Franziska Giffey, Jugendstadtrat Falko Liecke und Baustadtrat Thomas Blesing
sowie Berlins Staatssekretär Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup offiziell eingeweiht.
Bereits am vergangenen Samstag stellten die Architektin Gabriele Fink (r.) und Landschaftsplanerin Katrin Böhrin- ger (l.) ihren Kolleginnen vom n-ails-Netzwerk das Objekt vor, das seit über einem Vierteljahr genutzt wird. „Schon da gab es eine lange Warteliste für die für 84 Kinder konzipierte Kita Sternengarten„, weiß Fink, die mit einem Team aus n-ails-Kolleginnen einen Entwurf für das zu gestaltende Areal machte und mit diesem das Gutachterverfahren gewann. „Es ist ein äußerst schwieriges Grundstück“, fasst sie die Herausforderung zusammen: 24 Meter breit, 91 Meter lang, beidseitig von hohen Brandmauern flankiert und dazu ein mit 2,68 Millionen Euro sehr knapp bemessenes Budget. „Wir wundern uns selber, wie das gehen konnte“, gibt die Architektin zu. Die Idee, das FaNN Familienhaus als „Gesicht zur Hobrechtstraße“ fungieren zu lassen, sei schnell da gewesen. Ebenso die, die Kita Sternengarten in drei Gartenhäusern
unterzubringen. Doch: Wie kriegen diese auf dem schmalen, dicht umbauten Grundstück möglichst viel Licht ab? „Bei solchen Details mussten wir ganz schön tüfteln“, erinnert sich Gabriele Fink. Das Ergebnis dessen ist, dass die drei Häuser versetzt gebaut wurden, um auch ins westlichste, das direkt ans FaNN anschließt, Morgensonne zu bekommen. Zudem wurde der gesamte Kita-Baukörper entspre- chend der Gebäudelücke auf dem südlichen Nach-
bargrundstück posi- tioniert.
Die Lichtverhältnisse hatten jedoch nicht nur für die Architektin Tücken, sondern auch für die Landschaftsplanerin Katrin Böhringer. Bevor sie sich an die Umsetzung ihres Entwurfs machen konnte, mussten allerdings erstmal 50 Bäume und Sträucher gefällt werden: „Wegen der teilweise greifenden Baumschutzsatzung wurden per Sonderregelung Obstbäume als Ersatzpflanzungen vorgenommen.“ Ein Kräutergarten, sagt Böhringer (r.), solle auch noch angelegt werden. Schon da sind indes ein Rollrasen, der die Außenanlagen bedeckt, und sehr unter-schiedliche und pflegeleichte, für den Schatten-bereich geeignete Staudenmischungen sowie verschiedenfarbig blühende Pflanzen, die anstelle einer „durchgemeterten Hainbuchenhecke“ eine natürliche Grenze zur öffentlichen Durchwegung geben. „Die Findlinge“, weist die Landschafts-
planerin hin, „wa- ren schon auf dem Gelände, als hier noch der Kids‘ Garden war.“ Was sie, weil allzu offensichtlich, nicht sagen muss, ist, dass Weidenjurten, die in jedem Garten der Kita-Häuser stehen, noch an Volumen und
Höhe zulegen sollen.
In den drei Häusern, mit deren Bau im März letzten Jahres begonnen wurde, sind hingegen bereits etliche Zeugnisse des Alltags gewachsen und mischen sich mit dem Geruch neuer Linoleumböden und Vollholzmöbel. In jedem Gartenhaus sind zwei Kita-Gruppen untergebracht: Im Parterre haben werktags von 7.30 bis 18 Uhr die bis Dreijährigen ihr kleinkindgerechtes Reich mit Wickeltischen, Minimöbeln, tiefhängen-
den Waschbecken und Toiletten, die proportional nicht recht zur Größe der Klopapierrollen passen mögen. Zu jedem der hellen, farblich abgestimmten Grup-penräume gehört ein eigener Sanitärbereich, ebenso ein eigener Gartenbereich mit Terrasse und
Buddelkiste. Ersteres ist im Obergeschoss nicht anders, wo die Kinder bis zum Schuleintrittsalter untergebracht sind: Sie haben jedoch außer einem
eigenen Spielplatz zusätzlich eine separate Treppen am östlichsten Gartenhaus. „In meinem Entwurf“, merkt die Architektin Gabriele Fink an, „war die Treppe noch mit einer Rutsche kombiniert. Aber die Rutsche hat nicht mehr ins Budget gepasst.“
Auch bei der Gestaltung des Innenlebens der Häuser war für sie immer wieder das Licht ein wichtiger Aspekt. Einerseits aus ökologisch-ökonomischen, andererseits aus Gründen des Wohlbe-findens. Mit begehbaren Glas- böden und Oberlichtern wurde hier die optimale Lösung dafür gefunden, dass in den Spielfluren so selten wie möglich die künstliche Beleuchtung zugeschaltet werden muss. Was man trotz der Helligkeit im Gebäude nicht sieht: „Alle Räume haben
schallabsorbierende Decken, was sehr gesund für die Nerven aller Beteiligten ist“, erwähnt die Architektin schmunzelnd und ergänzt , dass dies auch von den Erzieherinnen bestätigt werde. Überhaupt sei die Resonanz von Kindern, Eltern und vom Personal der Kita Sternengarten ausgesprochen positiv.
Selbiges gelte aber auch für das FaNN Familienhaus Neukölln Nord, das sich nicht nur als Treffpunkt für Eltern mit kleinen Kindern und für Schwangere im Reuterkiez etablieren soll. Der große Mehrzweckraum mit Kletter- wand, berichtet Fink, werde schon jetzt von anderen Kitas aus der Nachbarschaft als Turnraum genutzt. Und in der in die Einrichtung integrierten Großküche werde an
Werktagen regelmäßig für 350 Kita-Kinder aus der Umgebung gekocht. Deshalb, merkt Landschaftsplanerin Katrin Böhringer an, habe die Müllanlage vor dem Haus auch großzügiger als ursprünglich geplant ausfallen müssen.
„Überhaupt gibt es leider ein paar Sachen, die nicht so realisiert werden konnten, wie es gedacht war“, bedauert Gabriele Fink. Den Platz vor dem markanten roten Bau hatte sie sich eigentlich als in Richtung Straße geöffnet vorgestellt, doch „der Bauherr, die Lebenswelt gGmbH, wollte einen Zaun, um Van- dalismusschäden vorzubeugen.“ Dass durch diesen nun auch die Durchwegung zwischen Hobrecht- und Friedelstraße ausschließlich während der Kita-
Öffnungszeiten öffentlich nutz- bar ist, habe ihr Entwurf ebenfalls nicht vor- gesehen.
Für die Anwohner ist das indes eine Verbesserung im Gegensatz zu früher, denn durch den Kids Garden kam nur, wer einen Schlüssel für das Tor hatte. In der Nachbarschaft war damals, als die Schließung des Gartens bekannt wurde, die Empörung groß. „Obwohl klar war, dass die Nutzung nur befristet ist, waren auch die Leute vom Kids‘ Garden anfangs wegen der Bebauungspläne gar nicht erfreut“, bestätigt Katrin Böhringer. Inzwischen habe man aber ein gutes Verhältnis – und der Kids‘ Garden habe ein Drittel des Grundstücks zur Pacht erhalten.
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