Dass am zweiten Advents- wochenende kein Durch- kommen auf dem Richard- platz ist, wussten sie. Ebenfalls, dass der Platz rund um die Rixdorfer Schmiede während des Kunst- und Kulturfestivals „48 Stunden Neukölln“ mehr Trubel als histori- sche Idylle zu bieten hat. Was seit 2008 immer am zweiten Septembersams- tag in der guten Stube des Bezirks stattfindet, das war allerdings bisher nicht bis zu ihnen in den Ortsteil Rudow tief im Süden Neuköllns vorgedrungen: „Wir haben übers Wochenende Besuch aus Westdeutschland und wollten denen den Richardplatz und das Böhmische Dorf zeigen und danach auf der Terrasse der Villa Rixdorf was essen.“ Nun steht das Rentner-Paar aus dem Süden Neuköllns am westlichen Eingang zum Richardplatz und blickt ebenso irritiert wie die beiden Besucher aus Bonn auf das Treiben.
Kinder bewerfen sich gegenseitig mit Stroh, eine Männerstimme mit schwäbischem Zungenschlag schallt durch den Kiez, kostümierte Erwachsene rollen in Vierer-
Teams riesige, über 200 Kilo schwere Strohballen über die kopfsteingepflasterte Straße, die den Platz umgibt. „Was soll das? Weshalb machen die das?“, fragen die auswärtigen Gäste ihre Gastgeber, bekommen aber nur ein Schulterzucken samt einer Gegenfrage: „Aus Jux und Dollerei?“. Das sei Popraci, das Rixdorfer Stroh- ballenrollen, ein traditioneller Wettkampf, der nun schon zum 178. Mal ausgetragen werde, mischt sich ein Mann mit einem Kind auf den Schultern ein, der hinter den bei-
den Paaren steht und ihren kurzen Dialog mitbekommen hat. „Buschkowsky“, ergänzt er, „hat das Fest vorhin eröffnet.“ Was Traditionelles also, wiederholt die graumelierte Rudowerin bestimmt. Dass der Neuköllner Bezirksbürgermeister mitten im Wahlkampf für einen Auftritt bei einem Jux-und-Dollerei-Wett- bewerb gewonnen werden kann, scheint für sie außerhalb des Vorstellbaren zu liegen. „Lasst uns mal gucken, ob das Remmidemmi bis zur Schmiede geht“, schlägt ihr Mann vor. Dem Begleiter aus Bonn ist deutlich anzusehen, dass hinter seiner Stirn die eben gehörten Informationen skeptisch verarbeitet werden.
Großartig, einfach nur großartig und wunderbar findet eine junge Familie vom Bodensee das Fest. Die Eltern halten ihre Tochter, die Stroh in den Haaren und sich das Gesicht bemalen lassen hat, an den Händen und stehen im Zielbereich, wo Moderator Reinhold Steinle im für sie vertrauten Idiom erschöpfte Wettkämpfer interviewt. Der einzige Kritikpunkt betrifft das Personal des Estrel Hotels, wo die Touristen aus dem Schwäbischen für ein verlängertes Wochenende logieren: „Mit keinem Wort haben die das Strohballenrollen erwähnt, als wir heute Morgen an der Reception gefragt haben, welche kindgerechten Veranstaltungen es gerade in
Berlin gibt. Dabei findet das doch fast vor der Haustür statt.“ Auf der Suche nach einem Spielplatz in Hotelnähe seien sie dann in das Rixdorfer Strohballenrollen am Richardplatz geraten. „Wo ist denn die nächste Apotheke, die noch offen ist?“, er- kundigt sich der Mann. Er brauche dringend ein Antiallergikum.
=kiezkieker/ensa=
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Ja, ich glaube wenn man so ganz „unbedarft“ zum Richardplatz kommt und auf Popraci stößt, dann könnte man schon denken: „die spinnen, die Rixdorfer“.
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Nein! Die Rixdorfer sind kreative Menschen.die Künstler und Künstlerinnen auch die Handwerker, die sich nicht so nennen wollen, sind kreativ. Sie ziehen nach Neukölln-Rixdorf. neulich habe ich die Änderungsschneiderei Marija am Karl-Marx-Platz gesehen. Sie macht mehr als nur einfache Kleider-Änderungen. Kunstvolle Taschen, Husse und wunderschöne Gardinen.
Eigentlich „die spinnen, die Römer aber nicht die Rixdorfer“, in diesem Sinne sind wir Rixdorfer Asterix und Obelix.
Viele Grüße
Dieu Hao Abitz
dieser Text wurde mithilfe der Spracherkennung Dragon NaturallySpeaking, VXI Parrott TalkPro USB Headset und dns.comfort.net diktiert.
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