„Saubere-Küchen-Gesetz“ kämpft mit Anlaufschwierigkeiten

Seit dem 1. Januar gilt in Berlin das Lebensmittelüberwachungstransparenzgesetz (LMÜTranspG) und die dazu gehörende Durchführungsverordnung ist aller Voraussicht nach am heutigen Montag in Kraft, wie ich vergangenen Freitagnachmittag aus der Pressestelle der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz erfuhr. Somit sind nun alle rechtlichen Voraussetzungen gegeben, damit das Gesetz, das allgemeinverständlich „Saubere-Küchen-Gesetz“ genannt wird, in den Berliner Bezirken angewendet werden kann. Das Transparenzgesetz gilt für alle Lebensmittelbetriebe, in denen die Bezirksämter bereits amtliche Hygienekontrollen durchführen. Dazu gehören Gastronomiebetriebe jeder Art, einschließlich Geschäfte, die Mahlzeiten zum Mitnehmen verkaufen, wie z. B. Imbisse, aber auch Metzgereien, Bäckereien und Eisdielen.

Kernstück des „Saubere-Küchen-Gesetzes“ ist ein Transparenzbarometer in Form eines Balkendiagramms. Es zeigt die Sauberkeit des überprüften Lebensmittelbetriebes auf einer Farbskala von Grün für „gut“ über Gelb bis Rot für „schlecht“. Das Kontrollergebnis wird mit einem Pfeil im Balkendiagramm markiert. Gaststätten, Restaurants und andere Betriebe, die Lebensmittel an Endverbraucher verkaufen, sollen das Transparenzbarometer an der Eingangstür oder in ihrer Nähe anbringen. Die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz hat angekündigt, die Balkendiagramme zusätzlich im Internet zu veröffentlichen. „Wir gehen davon aus, dass aufgrund des vor der Veröffentlichung der Kontrollergebnisse durchzuführenden Anhörungsverfahrens frühestens Ende Januar erste Lebensmittelüberwachungstransparenzbarometer veröffentlicht werden“, teilte die Pressestelle der Senatsverwaltung am Freitag mit.
Das „Saubere-Küchen-Gesetz“ wurde nach einer ausführlichen parlamentarischen Beratung , die bereits im Juni  und im September 2021 (!) stattfand, am Ende der vergangenen Legislaturperiode beschlossen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wurde coronabedingt vom Berliner Abgeordnetenhaus absichtlich erst auf den 1. Januar 2023 terminiert. Berlin ist das erste Bundesland in Deutschland, das die Ergebnisse seiner amtlichen Hygienekontrollen öffentlich zugänglich macht, hoben alle Fachpolitiker der Regierungskoalition während der beiden Lesungen des Gesetzes nicht ohne Stolz hervor. Der Stadtstaat orientiert sich dabei am Beispiel Dänemarks, wo bereits seit 2001 die Öffentlichkeit leicht verständlich mithilfe von Smiley-Symbolen –inzwischen auch im Internet–  über Lebensmittelsicherheit und Hygienekontrollen informiert wird. Verbraucherschützer fordern bereits seit über zehn Jahren auch in Deutschland ein bundesweites Lebensmitteltransparenzgesetz, das sich am Beispiel Dänemarks orientiert.
„Mit der Transparenz der amtlichen Kontrollergebnisse können die Verbraucherinnen und Verbraucher gut informiert entscheiden, wo sie Lebensmittel einkaufen oder verzehren“, sagte Verbraucherschutz-Staatssekretär Markus Kamrad  im Dezember.  Gleichzeitig gebe das Transparenzbarometer den Lebensmittelbetrieben die Möglichkeit, ihren Kundinnen und Kunden zu zeigen, wie verantwortungsvoll und hygienisch sie sich bei der Lebensmittelverarbeitung verhielten, hob Kamrad hervor.
Die Leiterin des Geschäftsbereiches Ordnung in Neukölln, Bezirksstadträtin Sahra Nagel hatte noch Ende Dezember gemeinsam mit Bezirksbürgermeister Martin Hikel angekündigt, dass das Bezirksamt zwar grundsätzlich die Zielsetzung des neuen Lebensmittelüberwachungsgesetzes begrüße, für die Umsetzung des Transparenzbarometers aber noch einige Zeit benötige. „Schon heute können die notwendigen Kontrollen wegen Personalmangels leider nicht angemessen durchgeführt werden. Nur wenn die Rahmenbedingungen wirklich funktionieren, kann durch ein Transparenzgesetz auch Vertrauen geschaffen werden“, sagte Nagel damals. Die Pressestelle der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz erklärte demgegenüber am vergangenen Freitagnachmittag: „Der durch die neuen Pflichten des LMÜTransG entstehende Mehrbedarf in den Bezirken wurde bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens aus dem Jahr 2021 berücksichtigt und bewilligt.“ Je Bezirk sei rund eine zusätzliche Stelle im Fachbereich „Veterinärwesen und Lebensmittelaufsicht“ berücksichtigt, die aus den bereits zugewiesene Mehrmittel für Personal zu finanzieren sei. „Die Umsetzung hierfür liegt in der Verantwortung der Bezirke“, stellte die Pressestelle SenUMVK abschließend fest. Am 11. Januar veröffentliche das Bezirksamt bei Twitter einige Fotos seiner Lebensmittelkontrolle, die u. a. die marode und verdreckte Spülküche eines Neuköllner Restaurants zeigen sollen. Zuletzt hatten ekelerregende Zustände in einer inzwischen insolventen Neuköllner Großbäckerei, die die Berliner Polizei nach einer Hygienekontrolle im März 2020 öffentlich machte, für größeres Aufsehen und Empörung gesorgt.