Cool gekontert

Vor gerade mal einer Stunde hatte sie die Tür des Neuköllner Kiezladens auf- geschlossen. Etwa eine Dreiviertelstunde später standen sie vor ihr: Zwei Jungs, höchstwahrscheinlich vom Gymnasium gegenüber, ungefähr 15 Jahre alt, einer klein und schmächtig, der andere ein ganzes Stück größer und leicht moppelig. Jeder tütenaufdruck, wer einen freund sucht ohne fehler bleibt ohne freundvon ihnen suchte aus der gläsernen Theke zwei Kuchenstückchen aus, ließ sie sich einpacken und bezahlte. Sie hat jedem noch einen kleinen Schoko-Weihnachts- mann geschenkt.

Die beiden waren schon fast wieder draußen, als der Kleinere sich um- drehte, den Rückweg zur Kasse antrat und ihr die Papiertüte vor die Nase hielt: „Das ist ja voll hänge! Welcher Spacko hat das erfunden?“ Sie hat ihn fragend und auch ein bisschen erleichtert an- gesehen. Bei Jungs in dem Alter weiß man ja nie, damit hat sie schon ein- schlägige Erfahrungen gemacht. Aber statt etwas zu tun, was sie dazu gebracht hätte, nach der Pfefferspray- dose unterm Ladentisch zu greifen, zeigte er auf den Spruch auf der Tüte. Wenn jemand ohne Fehler sucht, suche der doch richtig, dozierte er, und werde dann auch einen Freund finden. Wenn der Satz  einen Sinn haben soll, müsse „ohne Fehler“ vor „sucht“ stehen.

Sie stimmte ihm zu, überlegte kurz und schlug ihm dann vor: „Meinetwegen kannst du gerne unsere Schrippentüten korrigieren.“ Er habe doch ab morgen Weihnachts- ferien, erinnerte sie ihn. „Cool gekontert!“, fand er und sagte schmunzelnd beim Hinausgehen, dass er es sich überlegen werde.

=ensa=