Ungewöhnliche Zukunftspläne für eine Neuköllner Kirche

Eigentlich heißt sie Ananias-Kirche, doch viele Menschen im Kiez verzichten, wenn sie von ihr sprechen, gerne auf das „i“ und nennen sie Ananas-Kirche. Gut möglich, dass die Wortspielerei auch am erfrischenden Gebimmel liegt, das dreimal täglich durchs Viertel ananiaskirche, ananiasgemeinde neukölln, evangelische kirchengemeinde rixdorfzwischen Sonnenallee und Richardstraße schallt. Damit ist es  aber bald vorbei.

Ihr 45-jähriges Bestehen wird die Kirche, die am 1. Advent 1967 eingeweiht wurde, nicht mehr erleben: Übernächsten Sonntag nimmt die Gemeinde mit einem Gottesdienst Ab- schied von ihr – und damit auch von der Zeit des Ungewissen.

Schon vor vier Jahren beschloss der Ge- meindekirchenrat der Ev. Kirchengemeinde Rixdorf, zu der drei weitere Kirchen in Nord-Neukölln gehören, die Ananias-Kirche samt Gemeindehaus aufzugeben. „Entscheidend für die Überlegung war aber nicht die Zahl der Gemeindemitglieder bei uns, sondern die besonders enge Kir- chendichte in unserer Nachbarschaft“, betont Ananias-Pfarrer Jürgen Fuhrmann. Im Umkreis von wenigen hundert Metern  gebe es mit der Brüdergemeine, den Baptisten und der reformierten Bethlehemsgemeinde gleich drei weitere Religionsge- meinschaften. Die Fortsetzung einer kirchlichen Nutzung der Ananias-Kirche war dennoch zunächst erklärtes Ziel, wobei besonders heftig mit einem Migrantenkirche-Projekt geliebäugelt wurde. Die Realisierung des Vorhabens scheiterte aber, weil sich niemand fand, der neben einem Konzept auch finanzielle Mittel für den Erwerb und Betrieb des Gebäudeensembles mitbrachte.

Zusammen mit der Architektengruppe Hausglück wurde nun eine neue Lösung gefunden, die zumindest eine sozialverträgliche Nachnutzung der Ananias-Lie- genschaft verspricht. Angestrebt werde, so Jürgen Fuhrmann, ein Baugruppen-Projekt mit Mehrgenerationenhaus und Gewerbeeinheiten. Feste Interessenten gebe es bereits: „Insgesamt müssen etwa 20 gefunden werden, um die Baugruppe gründen zu können“, sagt der Pfarrer und klingt dabei sehr zuversichtlich, dass es klappen wird, die Ananias-Kirche in eine neue Zukunft zu führen.

=ensa=

Überlebenswichtig: Hilfen für Obdachlose in Neukölln

Trifft das ein, was die Meteorologen ankündigen, bleibt das Kältehoch mit extremen Minustemperaturen noch bis Mitte Februar in Berlin. Für die Obdachlosen in der Stadt bedeutet das einen rund um die Uhr währenden Überlebenskampf. Hier einige der Anlaufstellen, die ihnen in Neukölln Hilfe leisten:

Die Teupe: Notübernachtung für bis zu 24 woh- nungslose Frauen und Männer, die täglich ab 19 Uhr  in der Teupitzer Straße 39 eine Unterkunft, ein warmes Abendessen sowie Frühstück bietet.

Nachtcafé der St. Richard-Gemeinde: Die Ein- richtung in der Braunschweiger Straße 18 ist je- weils in den Nächten von Freitag auf Samstag geöffnet (von 19.30 – 22 Uhr Wärmestube, von 22 – 8 Uhr   Notübernachtung).

Kleiderkammer der St. Clara-Gemeinde: Beklei- dungsausgabe an Bedürftige immer dienstags von 9.30 – 11.30 Uhr im Pfarrbüro in der Briese- straße 15; auch Abgabe von Kleiderspenden er- wünscht.

Tee- und Wärmestube des Diakonischen Werks: Montags, mittwochs und sonntags von 16 – 20 Uhr sowie donnerstags von 9 – 14 Uhr versorgt die Ein- richtung in der Weisestraße 34 Bedürftige mit warmem Essen und heißen Getränken. Außerdem kann geduscht und Wäsche gewaschen werden; ferner bietet die Wärmestube eine Kleiderkammer sowie Beratung.

Kältebus der Berliner Stadtmission: Noch bis zum 31. März leistet der Kältebus Hilfe in Notsituationen. Das Team, das über die Rufnummer 0178 / 523 58 38 erreichbar ist, fährt Obdachlose oder hilflose Personen in Notübernachtungen, um sie vor dem Kältetod zu bewahren.

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Begegnung der anderen Art: Expedition trifft Demonstration

Gestern Nachmittag im Neuköllner Schillerkiez: Wochenmarkt auf dem Herrfurthplatz, mehr Inventar des städtischen Fuhrparks als Privatautos rund um die Genezareth-Kirche, viele Leute im schwarzen Demonstranten-Outfit und Polizeibe- amte in obligatorischen Schutzmon- turen zwischen Anwohnern und Spa- ziergängern. Und mittendrin: Rein- hold Steinle samt Aktentasche und Gerbera und mit einer Gruppe im Gefolge, die sich von Neuköllns pro- minentestem Stadtführer den Schiller- sowie den benachbarten Rollbergkiez zeigen lassen will.

Knapp 10 Frauen und Männer waren diesmal dabei, obwohl das Wetter eher dazu einlud, es sich an der warmen Heizung gemütlich zu machen. Die Temperatur schaffte es nicht ins Plus, lag gefühlt sogar im zweistelligen Minusbereich. „Ein Mann schwächelte schon etwa eine Viertelstunde nach dem Start und verabschiedete sich wegen der Kälte“, erzählt Reinhold Steinle. „Wir anderen sind dann aus rein kul- turellem Interesse länger im Schillerpalais und in der Genezareth-Kirche geblieben, man könnte aber auch sagen: Wir wollten uns in beiden Orten aufwärmen.“

Die Demonstration beeinflusste die Dauer der Kiezerkundung erheblich weniger: „Wir liefen einfach zwischen den ganzen Grünen und Demonstranten hindurch. Einige Polizisten schmunzelten und andere schauten erst recht ganz streng.“ Wofür oder gegen was die Protestler auf den Beinen waren, wussten weder Steinle, noch seine Expeditionsteilnehmer, noch die von ihnen befragten Passanten. Das erfuhren manche erst durch die Meldung im ersten Nachrichtenblock der rbb Abendschau (ab 1:29 Min.). Auf die Frage eines Teilnehmers, ob Demonstrationen im Schillerkiez ein Dauerzustand seien, hatte Steinle dagegen sehr wohl eine Antwort: „Ich konnte ihn beruhigen und das zum Glück verneinen.“ Die nächste Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, gibt es am 25. Februar: Dann sind die International Urban Operations Conference und der 15. Europäische Polizeikongress schon Vergangenheit.

=ensa=

Der Zeit voraus

Endlich ist er angekommen, der Winter in Berlin. Zumindest die Temperaturen lassen darauf schließen. Wie lange haben wir auf ihn gewartet. Und was ist im Winter am wichtigsten? Immer da laufen, wo gestreut ist! Moment … gestreut? Fehlt da nicht was? Waren die für Neukölln zuständigen Streu- dienste etwa so aufgeregt über die ersten richtigen Minusgrade, dass sie vergessen haben, dass die Streuerei erst bei gefal- lenem und liegen gebliebenem Schnee nötig ist?

Oder ist Neukölln jetzt so hipp, dass hier schon vor dem Eintreffen von Schnee und Eis gestreut wird? Ist der Bezirk dank der vielen Neu-Neuköllner jetzt zu neuem Reich- tum gekommen und versucht durch diese besondere Art der Vorsorge die Zuzügler hier zu halten und noch mehr Neue anzulocken: Neukölln ist sicher! Wir splitten, bevor der erste Schnee gefallen ist und Sie fallen! Über den (Un)Sinn der Prophylaxe splitten sich nun die Meinungen.

=Anna Sinnlos=

Neuer Name, alte Macken

Heute vor 100 Jahren: Der Kaiser hat Geburtstag. Wilhelm II. wird 53 und lässt ein Telegramm schicken, das um 3/4 9 Uhr bei der versammelten bürgerlichen Elite im 100. jahrestag der umbenennung rixdorfs in neukölln, rathaus neuköllnFestsaal des Rixdorfer Rathauses  ein- trifft. Aus diesem Telegramm, das feierlich verlesen wird, geht hervor, dass das ver- rufene Rixdorf von nun an Neukölln hei- ßen darf.

Dem vorausgegangen waren mehrere politische Tricksereien, in deren Verlauf auch Kaiser beim Kaiser vorstellig wurde. Mit ersterem Kaiser ist Kurt Kaiser gemeint, der letzte Rixdorfer Oberbürger- meister, mit letzterem eben Wilhelm II., der letzte Deutsche Kaiser und König von Preußen.

Umfassende Informationen über diese gleichermaßen spannende wie fragwürdige Prozedur der Namensänderung und ihre Folgen liefert die vorgestern eröffnete Ausstellung „100 Jahre Umbenennung Rixdorfs in Neukölln”, berliner compagnie, 100. jahrestag der umbenennung rixdorfs in neukölln, rathaus neuköllndie das Mobile Museum im Neuköllner Rathaus zeigt. Anlässlich der Vernissage verwandelte sich der BVV-Saal in ein Theater und bot eine historische Einblen- dung dar. Schauspieler der Ber- liner Compagnie gaben die politisch Verantwortlichen von 1912:  den Stadtverordnetenvor- steher Sander, Oberbürgermeister Kaiser sowie die Stadtverordneten Dietrich, Groger, Just, Silberstein und Zoufall. Weitere Rollen übernahmen der amtierende jürgen koglin, franziska giffey, 100. jahrestag der umbenennung rixdorfs in neukölln, rathaus neuköllnBezirksverordnetenvorsteher Jürgen Koglin und Neuköllns Stadträtin Fran- ziska Giffey.

Koglin mimte den Saaldiener Wil- helm, Giffey dessen Ehefrau Rosa, eine überzeugte Sozialdemokratin, die in vehementen Wortgefechten mit dem Gatten aus ihrer Meinung hin- sichtlich der Umbenennung von Rix- dorf in Neukölln kein Geheimnis machte und damit auch der des Volkes eine Stimme gab. „Das ist doch Quatsch! Ich will das nicht!“, protestierte sie lautstark und veranschaulichte die Unsinnigkeit des Anliegens kurzum durch ein gänzlich unpolitisches Beispiel: „Deine Macken sind ja auch nicht weg“, erinnerte sie ihren Wilhelm, „wenn ich ab sofort Max zu dir sage.“ Aus Rixdorf wurde im Jahr 1912 trotzdem Neukölln.

Nach etwa 20 Minuten endete der voller Spielfreude und Humor  in Szene gesetzte  Ausflug in die Vergangenheit. Für Franziska Giffey und Jürgen Koglin bedeutete das: Raus aus den  Rollen und historischen Kostümen, rein in den Alltag als Lokalpolitiker und in die 4. Bezirksverordnetenversammlung der laufenden Legislaturperiode!

=kiezkieker=

Gassi-Runde mit Krokodil

„Doch, ja“, gibt sie unumwunden zu, „wenn’s kalt ist, geht Holly nicht ohne karnevalskostüme für hunde, woolworth berlin-neuköllnMantel vor die Tür.“ Mit modischen Aspekten habe das allerdings nichts zu tun: Holly sei ein Ur- laubsmitbringsel aus Spanien, ein Podenco. Die grazile, vierjährige Hündin mit dem karnevalskostüme für hunde, woolworth berlin-neuköllnlichten, drahtigen Fell friere schnell und werde sich wohl nie mit mit- teleuropäischen Win- tern anfreunden.

„Was der Quatsch hier soll, werde ich aber nie verstehen!“ Hollys Frauchen steht in der Hundebedarf-Abteilung eines Neuköllner Kaufhauses und sieht fassungslos auf die saisonalen Sonderposten, die an Kleiderbügeln am Regal hängen: Hundekarnevals- kostüm erklären die Etiketten an den Outfits. Die rote Weste mit Fliege und weißem Kragen ist noch das harmloseste. „Wie jemand auf die Idee kommen kann, seinen Hund als Biene Maja, Krokodil oder Marienkäfer verkleiden zu wollen, ist mir absolut rätselhaft“, meint die Hundebesitzerin. Für Holly nimmt sie nichts Neues zum Anziehen, sondern einen Kauknochen für das perfekte Hundeleben mit.

=ensa=

24 neue Ateliers für Künstler in Neukölln

Auch in Neukölln sind die Zeiten vorbei, in denen das Angebot preisgünstiger Arbeitsräume für bildende Künstler die Nachfrage übertraf. Entsprechend groß wird der Run auf die 24 neuen geförderten Ateliers in Neukölln sein, die derzeit auf der Liste der ausgeschriebenen Objekte des Atelieranmietprogramm der Berliner Kul- turverwaltung stehen. 22 davon, die zwischen 23,54 und 102,74 Quadratmeter groß sind,  befinden  sich  in  einem  Gewerbehof  in der Karl-Marx-Straße 58  und  konnten

geförderte ateliers karl-marx-straße 58 neukölln, foto: bbk berlin e.v.

gestern in Augenschein genommen werden. Heute um 13.15 Uhr geht das Besich- tigungsprogramm für Künstler im Atelierhaus in der Schönstedtstraße 13 weiter, wo zwei Arbeitsräume in Einzimmerappartment-Größe neu zu vermieten sind.

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Nichts geht mehr!

Normalerweise ist es auch für Kurzent- schlossene kein Problem, einen Platz auf der Besuchertribüne des BVV-Saals im Neuköllner Rathaus zu ergattern, um von dort aus eine Sitzung der Bezirksverord- netenversammlung (BVV) zu verfolgen. Nicht so morgen. „Die Zuschauerplätze sind restlos ausgebucht, obwohl wir noch zusätzliche Stühle dazu stellen“, ist aus dem BVV-Büro zu hören. Wer bisher keine Karte reserviert hat, muss sich also gar nicht erst auf den Weg machen.

Ursache für den enormen Andrang ist allerdings nicht das Themen-Potpourri auf der Tagesordnung der Bezirksverordneten, sondern vielmehr die außergewöhnliche Eröffnung der Sitzung: Anlässlich des 100. Jubiläums der Umbenennung Rixdorfs in Neukölln schlüpfen BVV-Vorsteher Jürgen Koglin, Kulturstadträtin Franziska Giffey und Akteure der Theatergruppe Berliner Compagnie in historische Kostüme, um die turbulente Debatte der letzten Rixdorfer Stadtverordnetenversammlung nachzu- spielen. Ob das Publikumsinteresse an der Bezirkspolitik nach dem  mimischen Ausflug in die Vergangenheit spontan abflaut oder auch die tagesaktuelle Agenda überdauert, wird sich zeigen.

=ensa=

Schwarz auf Weiß

Elf Quartiersmanagement-Gebiete  gibt es in Neukölln, mehr als in jedem anderen Berliner Bezirk. Was die einzelnen QMs für ihre Kieze planen und welche Schwer- punkte die Quartiersmanager für ihre eigene Arbeit sehen, wird periodisch in einem Strategiepapier mit dem sperrigen Titel  „Integriertes Hand- lungs- und Entwicklungskonzept“  festgeschrieben.

Fünf der elf Neuköllner Quartiersmanagements  haben ihre Handlungskonzepte für 2012 bereits als pdf-Dateien ver- öffentlicht: Richardkiez, Rollbergkiez, Schillerkiez, Ganghofer- straße und High-Deck-Siedlung. Bewohner des Körner-, Reuter- und Flughafenkiezes sowie der QM-Gebiete Gropius- stadt, Weiße Siedlung-Dammweg und Donaustraße-Nord müssen noch warten, bis sie nachlesen können, was in ihren Vierteln mit Soziale Stadt-Mitteln angepackt wird – oder werden soll.

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Virtuelle Ovationen für den Heimathafen Neukölln

Die B.Z., Berlins auflagenstärkstes Boulevard- blatt, verleiht in wenigen Tagen zum 21. Mal ihren Kulturpreis, der erstmals mit der Kate- gorie „Volkstheater“ aufwartet.

Unter den drei Nominierten dieser Sparte ist auch der Heimathafen Neukölln, der im April 2009 in den Saalbau an der Karl-Marx-Straße zog und seitdem mit einem Programm-Mix aus Theater, Musik und Lesungen reichlich frischen Wind in das alte, zuvor recht vermuffte Gemäuer bringt. Applaus in Form von Klicks kann dafür noch bis zum 26. Januar beim Online-Voting des B.Z.-Kulturpreises für Berliner Volkstheater abgegeben werden.

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Neu-Berliner unter Neuköllnern

Seit  54 Jahren wohnt er nun schon in Neukölln, seit 49 Jahren im selben Kiez und seit fast drei Jahrzehnten im selben Haus.  Zur Karl-Marx-Straße ist  es genauso weit wie zur Sonnenallee. „Inzwischen bin ich der längste Mieter“, sagt Thomas M. schmunzelnd, der physiognomisch eher zu den Kleinen gehört. Viele Menschen hat er während der Zeit mit Sack und Pack ein- und ausziehen sehen. Ein typisches Berliner Mietshaus, in dem man sich im Hausflur grüßt, aber längst nicht jedem Nachbarn einen Namen zuordnen kann. „Es sind angenehme, aber oberflächliche Kontakte“, meint der Ingenieur: „Das, was ich mit denen erlebt hab, die jetzt unter uns eingezogen sind, hat- te ich tatsächlich noch nie erlebt.“

Es war vor genau einer Woche, als es plötzlich nachmittags klingelte. Nicht unten an der Haustür, sondern an der Wohnungstür. Thomas M. und seine Frau saßen gerade in ihrer Küche und besprachen bei Kaffee und Keksen die Planung des Wochenendes: Er öffnete und sah sich einem jungen Paar gegenüber, das ihm bis dato unbekannt war. Die beiden nannten ihre Namen und erklärten mit schwäbelndem Zungenschlag, dass sie jetzt unter ihm wohnen würden und sich einfach nur kurz in der Nachbarschaft vorstellen wollten. Thomas M. sagte, dass er ihnen ein gutes Einleben wünsche und auf ein harmonisches Miteinander hoffe. Die Bemerkung, dass derartige Vorstel- lungsrunden in Berlin absolut unüblich seien, verkniff er sich. „Wenn alle Schwaben und anderen Neu-Berliner solche netten  menschlichen Gesten mit in die Stadt bringen, kann ich nur sagen: Sehr gerne mehr davon!“, findet der Neuköllner.

=ensa=

Rezeptfrei und ohne Nebenwirkungen

Natürlich kann man pfundweise Schokolade in sich reinstopfen, an Bergamotte-Öl schnuppern oder Johanniskraut-Präparate schlucken, um zu verhindern, dass das trübe Wintergrau die gute Laune vernebelt Effiziente Stimmungsaufheller gibt es aber auch in Neuköllner Blumenläden, und die haben garantiert keine Nebenwirkungen – außer vielleicht, dass einem anfänglich die Augen etwas tränen, vor Begeisterung.

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Premium Young Designers Award für das Neuköllner Label „Rita in Palma“

Das neue Jahr startet fu- rios für Ann-Kathrin Cars- tensen und Ana Nuria Schmidt: Die beiden De- signerinnen, die mit ih- rem Label Rita in Palma jüngst in einen Laden im Neuköllner Schillerkiez zogen, stellen ihre von kunstvollen Häkelacces- soires geprägte Kollek- tion erstmals im Rahmen der Berlin Fashion Week bei der PREMIUM-Messe vor. Eine Ehre, die bis- lang keinem Neuköllner Modelabel zuteil wurde.

Doch damit nicht genug. Schon vor dem Start der heute beginnenden Mes- se konnten die beiden Designerinnen eine wei- tere Premiere feiern: Im neuen F95-Store am Gleisdreieck wurde ihr Label gestern Nachmittag in der Kategorie Accessoires mit dem Premium Young Designers Award ausgezeichnet. Damit ist Ann-Kathrin Carstensen und Ana Nuria Schmidt auch bei der nächsten Premium-Messe wieder einer der begehrten Plätze auf der Ausstellerliste sicher.

=ensa=

Gut zu wissen

Wer aufs Tempelhofer Feld will, kann diesem Bedürfnis im laufenden Monat täglich von 7.30 bis 17 Uhr  ungehindert nachgehen – zumindest bei  Nutzung der  Eingänge

entlang der Neuköllner Oderstraße oder des Haupteingangs am Columbiadamm. Etwas schwieriger bis unmöglich ist es jedoch an allen anderen Toren: Die sind wegen der Modemesse BREAD & BUTTER im Hangar des ehemaligen Flughafens Tempelhof  nur eingeschränkt nutzbar oder gleich ganz geschlossen.

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Verfrühte Hommage

Es wird noch einige Zeit dauern, bis auch der letzte doppelschlitzige Brief- kasten von Berlins Bürgersteigen verschwunden und durch einen Ein- schlitzer ersetzt ist. Sukzessive werde man den Aus- tausch vor- nehmen, teil- te die Post mit, als sie Anfang 2011 mit der Reali- sierung der Maßnahme begann. Durch den Einsatz moderner Lese- und Sortiermaschinen sei es  schlichtweg unnötig geworden, dass Kunden selber ihre Post vorsortieren und Sendungen für Berlin/Branden- burg in den rechten Schlitz und für alle anderen Destinationen in den linken werfen. Aktuell ist das aber noch vielerorts Realität.

Insofern ist die Hommage an die Doppelschlitzbriefkästen, die sich derzeit an der Litfasssäule vor dem Eingang zum Sommerbad Neukölln präsentiert, etwas früh dran. Aber viel Aufmerksamkeit findet sie dort ohnehin nicht, denn auch fürs Baden unter freiem Himmel ist die Zeit noch nicht gekommen.

=ensa=

Was Neukölln mit Arthur Abrahams Erfolg zu tun hat

Es dauerte gestern keine Viertel- stunde, dann war für den Argentinier Pablo Farias alles gelaufen – und für Arthur Abraham auch: Ersterer lag k. o. im Ring, letzterer konnte sich über ein rundum gelungenes Comeback als Profi-Boxer in der Supermittelge- wichtsklasse freuen.

Die wesentlich zeitintensivere Trai- ningseinheit, die Abraham mit Trainer Ulli Wegner noch vor knapp vier Wochen in Neukölln im Estrel Hotel absolviert hatte, wird dazu beigetragen haben, dass sich die Tri- und Bizeps des 31-Jährigen in Topform zeigten.

Nicht ausgeschlossen, dass es sei- nem Gegner lieber gewesen wäre, von dem gebürtigen Armenier Ente mit Rotkohl und Klößen statt fliegender Fäuste serviert zu bekommen.

=ensa=

Kontrastprogramm

Der Januarwind weht in kräftigen Böen aus Nord- west, die Temperatur ver- sucht sich erfolglos an der 5°-Marke, hell- und dunkelgraue Wolken ja- gen über Neukölln hin- weg. Perfekte Rahmen- bedingungen für einen Graupeneintopf.

Ein heftiges Kontrastpro- gramm lieferte allerdings die blühende Forsythie gegenüber vom Eingang zum Ausbildungsrestau- rant Neukölln, wo die sät- tigende heiße Suppe in dieser Woche auf der Speisekarte stand.

Vom Abschwung mitgerissen

geschäftsaufgabe sanitätshaus wemme, karl-marx-straße neuköllnDie Lage könnte nicht besser sein: Direkt neben einem Ärztehaus an der Karl-Marx-Straße eröffnete Frank Wemme vor 12 Jahren sein Sanitätshaus. Mit zwei großen Schau- fenstern für Bandagen, Stützstrümpfe, Rol- latoren, Inkontinenz-Slips, orthopädische Kis- sen, Angora-Wäsche und anderes aus geschäftsaufgabe sanitätshaus wemme, karl-marx-straße neuköllndem Sortiment.

Heute öffnet Wemme sein Geschäft zum letzten Mal. Seit einigen Tagen hängt eine Inventarliste an der Ladentür: „Je mehr ich noch verkaufe, desto besser.“ Einerseits kann er die Einnahmen gut gebrauchen, anderer- seits erleichtert jedes Teil weniger die Auflösung des Ladens. Fast 1.500 Euro Miete hat er für den bezahlt. „Erhöht haben sich die Kosten in letzter Zeit nicht, aber leider wollte mir der Vermieter auch nicht ent- gegenkommen und sie senken“, sagt Frank Wem- me. Dann hätte vielleicht noch ein wenig länger durchzuhalten versucht.  Aber gebracht hätte das auch nichts, vermutet er. Viele Ärzte würden mit großen Sanitätshäusern kooperieren und immer weniger Leute sich das leisten können oder wollen, was er anbietet. Obwohl es bei gesetzlich Kranken- versicherten oft nur um eine Zuzahlung von wenigen Euro gehe.

Deshalb ist dieser Freitag der 13. vor allem für Frank Wemme ein schwarzer Tag. „Hartz IV“, antwortet er traurig auf die Frage, wie es um seine Zukunft bestellt sei. Die einige hundert Meter weiter nördlich an der Karl-Marx-Straße gelegene Esprit-Filiale im Wo-früher-Hertie-war-Haus hat sich einen weniger symbolträchtigen Tag für ihr Ende ausgesucht: Sie schließt morgen! Schon im nächsten Monat soll die Textilkette Takko dort einziehen. In diesem Wechsel ein Zeichen für den doch eigentlich von Bezirk und Citymanagement angepeilten qualitativen Aufschwung von Neuköllns Haupteinkaufsstraße zu sehen, fällt schwer. Auch in der Schließung eines weiteren inhabergeführten Fachgeschäfts ist der nicht eben zu erkennen, und das Sani- tätshaus Wemme wird nicht das letzte sein.

=ensa=

Heute ganz offen!

Es hat schon eine gewisse Komik: Ausgerechnet das Neuköllner Albert-Schweitzer-Gymnasium, das gerade durch eine Maßnahme zur Verhinderung des Zugangs für Schulfremde in den Fokus der Öffentlichkeit geriet, lädt in diesen Stunden zum Tag der offenen Tür ein.

Dass Besucher der Veranstaltung nicht an Ein-Euro-Wachschützern vorbei müssen, ist Klaus-Peter Hansen (M.) zu verdanken. Der noch recht neue Mann an der Spitze des pressekonferenz schulstreifen wachschutz neukölln,margareta langner (antares it ggmbh),klaus-peter hansen (gf jobcenter neukölln), franziska giffey (schulstadträtin neukölln)JobCenters Neukölln, der vor einem halben Jahr die Geschäftsfüh- rer-Position von Konrad Tack über- nahm, beendete nach nur eintägi- gem Einsatz das Gastspiel der MAE-Kräfte des Beschäftigungsträ- gers Antares vor dem Gymnasium an der Karl-Marx-Straße. Daraus, dass das gar nicht stattgefunden hätte, wäre er im Vorfeld darüber informiert worden, machte Hansen bei einer eilig von Neuköllns Schulstadträtin Franziska Giffey einberufenen Pres- sekonferenz  keinen Hehl. Erst durch die Medien hatte er von der Maß- nahmeänderung erfahren, die Giffey und die Antares-Geschäftsführerin Margareta Langner (l.) unbürokratisch und -autorisiert in die Tat umgesetzt hatten.

Sie hätten dem Albert-Schweitzer-Gymnasium, das schon am zweiten Tag ohne professionellen Wachschutz den ersten Vorfall registrieren musste, auf die Schnelle helfen wollen. So sei die Idee entstanden, MAE-Kräfte, die bislang rund um die Richard-Grundschule als Schulstreifen tätig waren, künftig vor dem Gymnasium zu stationieren. Aus Sicht des Beschäftigungsträgers habe diese „Erweiterung der Begehungsräume“ im Rahmen des Möglichen gelegen, so Giffey: „Wettbewerbs- verzerrende Probleme haben wir darin auch nicht gesehen.“

Das allerdings sieht Klaus-Peter Hansen gänzlich anders: Dass Ein-Euro-Jobber als Teilnehmer einer Maßnahme Grundschülern über die Straße helfen oder für Sauberkeit und Ordnung auf Kinderspielplätzen sorgen,  sei legal. Außerhalb des ge- setzlichen Rahmens liege es jedoch, wenn sie Wachschutz-Aufgaben über- nähmen. Tätigkeiten mit Mehraufwandsentschädigung (MAE) müssten im öffentlichen Interesse und zusätzlich zum regulären Arbeitsmarkt sein und dürften nicht zu einer negativen Wettbewerbsbeeinflussung führen. Letzteres sei jedoch bei der Maß- nahmeänderung gegeben gewesen, deshalb sei sie mit sofortiger Wirkung wieder eingestellt worden. Die Schulwegsicherung rund um die Richard-Grundschule laufe indes wie geplant bis Ende Februar weiter.

Wie es an den 16 Neuköllner Schulen weitergeht, bei denen seit Jahresbeginn die Finanzmittel für den Wachschutz fehlen, wird sich zeigen. Glücklicherweise habe es bisher außer an der Albert-Schweitzer-Schule keine Vorfälle gegeben, sagte Franziska Giffey. Einerseits läge das am Engagement von Lehrern und Rektoren, andererseits aber auch an den unterschiedlichen standortbedingten Gefähr- dungslagen. Da bis zum Ende des laufenden Schuljahres de facto keine Ausschreibung für professionelle Wachschützer möglich sei, werde man sich an der Albert-Schweitzer-Schule vorerst mit technischen Vorkehrungen behelfen. Die werden das Gegenteil von offenen Türen bedeuten.

=ensa=

Neue Optik für eine Institution?

Wohl jeder, der im Neu- köllner Schillerkiez wohnt oder arbeitet, kennt ihn: den Edeka am Herrfurth- platz. Seit rund 40 Jahren gibt es ihn, daher ist er mehr eine Institution als nur ein Lebensmittelladen.

Wer heute das Geschäft vis-à-vis der Genezareth-Kirche ansteuert, steht je- doch vor verschlossenen Türen. Das ist erstmal zugegebenermaßen ärgerlich. Aber angesichts der Information, dass im Laden umgebaut werde, wird wahrscheinlich jeder im nächsten Moment „Na endlich!“ seufzen und sich auf künftige komfortablere Einkäufe freuen.

Dem wird allerdings nicht so sein. „Nö“, sagt eine der Angestellten, „der Laden wird nicht umgebaut. Wir kriegen nur neue Kassen!“ Ein bisschen Hoffnung, dass es dann weniger Zickereien bei Kartenzahlungen gibt, klingt bei ihr mit. Auf eine auf- geräumtere Obst- und Gemüsezone und Gänge, die nicht vollgestellt und deshalb sogar samt Einkaufswagen begehbar sind, müssen die Kunden weiter hoffen.

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