Lautstarker Protest für den Mietendeckel nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts

demo_spitze_20210415„Der Berliner Mietendeckel ist nichtig.“ Dieser Beschluss, den der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes am Donnerstagmorgen veröffentlichte, ließ am späten Nachmittag des gleichen Tages Tausende zu einer Spontan-Demo auf dem Hermannplatz zusammenkommen. Als die Spitze des Demonstrationszuges zum ersten Mal das Kottbusser Tor erreichte, hatten die letzten Teilnehmer am Sammlungspunkt sich noch nicht in Bewegung gesetzt. Schätzungsweise 5.000 bis 15.000 Menschen nahmen an dem Protestzug teil, der durch Kreuzberg weiter zum Oranienplatz führte und am Kottbusser Tor endete.

kottbusser_damm_20210415„Wir sind wütend und wir werden laut durch die Straßen ziehen“, gab der Lautsprecherwagen die Stimmung auf dem Hermannplatz wieder. Viele Demonstranten waren mit Töpfen, Deckeln und Löffeln gekommen, um ordentlich Krach zu schlagen. „Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel ist für 1,5 Millionen Berliner Haushalte ein herber Schlag. Dass der Mietendeckel gekippt wurde, ist eine wohnungspolitische Katastrophe“, kommentierte das Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn in einem eilig erstellten Flugblatt. „Für einen wohnungspolitischen Paradigmenwechsel werden wir künftig noch lauter und kämpferischer eintreten. Dafür werden wir uns verstärkt auf den Kampf für einen bundesweiten Mietenstopp konzentrieren“, kündigte eine Sprecherin der Initiative an. Das Urteil sei zudem ein Grund mehr, das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zu unterstützen.

Die rechtliche Überprüfung des Mietendeckels geht auf eine Initiative des Berliner Bundestagsabgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak (CDU) zurück. Der Mietendeckel sei klar verfassungswidrig, weil er die Zuständigkeit des Bundes für das Mietrecht missachte, argumentierte Luczak. Er reichte deshalb eine abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht ein, die 284 Abgeordnete von CDU, CSU und FDP unterstützten.

mietendeckel_20210415Vorgestern, einen Tag nach der Demonstration, debattierte der Deutsche Bundestag über die Reform des Mietspiegelrechts. Rednerinnen und Redner von SPD, Grünen und Linken sprachen wiederholt auch die Entscheidung der Karlsruher Richter vom Donnerstag an. Sie forderten eine bundesweite Regelung zur Begrenzung der Mieten, wie z. B. einen bundesweiten Mietendeckel oder eine Öffnungsklausel im Gesetz, die den Ländern die Einführung eines Mietendeckels ermöglicht. Die Unions-Fraktionen wurden scharf kritisiert, weil sie einerseits wirksame Maßnahmen gegen den drastischen Mietenanstieg auf Landesebene mit verfassungsrechtlichen Bedenken blockierten und andererseits bundeseinheitliche Regelungen verweigern würden.

kottbusser_bruecke_20210415„Ihnen geht es nur darum, dass die Mieten weiter explodieren können“, warf die Abgeordnete Caren Lay (Die Linke) dem in Tempelhof-Schöneberg beheimateten Abgeordneten Luczak vor, der auch rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist. „Die Mieterinnen und Mieter sind gut geschützt“, entgegnete Luczak, als er am Ende der Debatte das Wort ergriff und davor warnte, Wahlkampf mit der Angst der Mieterinnen und Mieter vor steigenden Mieten zu betreiben.

=Christian Kölling=