Neuköllner Anschlagsserie: „Das Ausbleiben von Ermittlungserfolgen wurmt mich zutiefst“

Seit dem 2. Mai letzten Jahres trifft sich immer donnerstags zwischen 8 und halb 10 Uhr die Initiative BASTA aus Britz zu einer Kundgebung vor dem Gebäude des Landeskriminalamtes am Tempelhofer Damm. „Wir wollen Aufklärung der rechtsextremen Anschläge in Britz und Neukölln“, fordert die Gruppe weiterhin hartnäckig, wie ich am Donnerstagmorgen erfuhr, als ich die Gruppe wieder einmal besuchte. Aus Beunruhigung über die fehlenden Ermittlungserfolge im Mordfall Burak Bektas, wegen offener Fragen im Mordfall Luke Holland und weil es zwölf unaufgeklärte Anschläge auf Neuköllner Bürgerinnen und Bürger gibt, wurde die Initiative 2018 gegründet.

Innensenator Andreas Geisel sagte zuletzt am 11. November auf der 47. Sitzung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung zur Neuköllner Anschlagsserie: „Ich verurteile diese Anschläge auf das Schärfste. Wir tun alles, um diese Taten aufzuklären und um der Täter habhaft zu werden. Diese Taten richten sich gegen uns alle.“ Anschließend zählte er stichpunktartig auf, welche Maßnahmen Polizei und Verfassungsschutz in den letzten Jahren ergriffen haben. Als Konsequenz um die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Brandanschlag gegen den Linken-Politiker Ferat Kocak gibt es inzwischen u. a. bei der Informationsübermittlung zwischen Sicherheitsbehörden eine neue Weisungslage, derzufolge der Schutz von Leib und Leben grundsätzlich dem Maßnahmenschutz beziehungsweise dem Quellenschutz vorgeht.

Auch die regelmäßige Kundgebung vor dem Landeskriminalamt in Tempelhof erwähnte Innensenator Geisel in seiner Stellungnahme vor dem Innen-Ausschuss. Der Senator betonte, dass die Polizeipräsidentin und der Vizepolizeipräsident mit Betroffenen der Anschläge vor Ort beziehungsweise bei den Demonstrationen vor dem LKA Gespräche geführt haben. „Ich kann zusammenfassen“, sagte Geisel weiter: “Wir haben die personelle Zusammenarbeit verstärkt. Wir haben neue Strukturen aufgebaut. Wir haben Polizei und Verfassungsschutz organisatorisch so aufgestellt, dass der Informationsfluss gewährleistet ist.“

Vorzeigbare Ermittlungserfolge sind auch im Mai 2020 – ein halbes Jahr nach der Erklärung des Innensenators vom 11. November 2019 – allerdings noch nicht vorhanden. „Ich habe mehrfach öffentlich betont, dass mich das Ausbleiben von Ermittlungserfolgen zutiefst wurmt. Sie können sicher sein, dass wir in der Sache nicht lockerlassen“, versprach der Innensenator im Herbst, auch wenn er darum bat, nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden unter einen Generalverdacht zustellen: „Ich kann Ermittlungserfolge politisch nicht erzwingen, ich kann auch Vertrauen nicht erzwingen, das mag sein. Ich weiß, das Beste für alle Beteiligten wären natürlich Ermittlungserfolge. Ermitteln und aufklären, daran müssen wir alle arbeiten. Die Ermittlungen gehen weiter, die Aufklärung auch“, so Senator Geisel vor dem Innenausschuss.

Die Aktiven der Initiative BASTA aus Britz sind auch nach ihrem einjährigen Protest standhaft geblieben. Nur ein Mal auf dem Höhepunkt des Corona-Lockdowns fiel ihre Kundgebung aus. Inzwischen können sie sich wieder in einer größeren Gruppe unter Einhaltung der vorgeschriebene Abstands- und Hygieneregeln treffen. Schräge Kommentare – etwa die Aufforderung, lieber gegen Linke zu demonstrieren – bekommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer wieder einmal zu hören. „Gelegentlich gibt es aber auch Zustimmung und Unterstützung von den Vorbeikommenden“, sind sich die Aktiven einig. BASTA Britz trifft sich am kommenden Donnerstagmorgen zwischen 8 und halb 10 Uhr wieder zur wöchentlichen Kundgebung vor dem Gebäude des Landeskriminalamtes am Tempelhofer Damm und freut sich immer über neue Unterstützerinnen und Unterstützer.

=Christian Kölling=