„Ringer, Kommunist, Staatsfeind“: Ausstellung über Werner Seelenbinder

Werner Seelenbinder, geboren am 2. August 1904 in Stettin, war einer der bekanntesten und erfolgreichsten Arbeitersportler der Weimarer Republik. Der überzeugte Kommunist blieb auch nach 1933 als Ringer aktiv und beteiligte sich gleichzeitig am Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur. Er wurde sechsmal Deutscher Meister, belegte 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin den vierten Platz und gewann 1937 und 1938 jeweils die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften im Ringen. Die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen nutzte Seelenbinder, um für den kommunistischen Widerstand Kontakte ins Ausland zu knüpfen und verbotene Schriften zu schmuggeln. Ab 1938 arbeitete er für die kommunistische Widerstandsgruppe Uhrig, die 1942 von der Gestapo entdeckt wurde. Auch Seelenbinder wurde verhaftet und vom Volksgerichtshof Potsdam wegen “organisierter Vorbereitung zum Hochverrat und landesverräterischer Feindbegünstigung” zum Tode verurteilt. Im Zuchthaus Brandenburg-Görden wurde er am 24. Oktober 1944 hingerichtet. Die Ausstellung „Ringer, Kommunist, Staatsfeind“ würdigt das Leben des Spitzensportlers, Kommunisten und Widerstandskämpfers. Sie ist das Ergebnis von zwei halbjährigen Praxisprojekten des Bachelor-Studiengangs Museumskunde  der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Prof. Dr. Oliver Rump (r.) von der HTW und Nina Zellerhoff (M.A.) (l.) stellten die Ausstellung am vergangenen Donnerstagnachmittag in der Neuköllner Helene-Nathan-Bibliothek über 50 Besucherinnen und Besuchern vor.

„Für Neukölln ist der Name Werner Seelenbinder eine Verpflichtung“, sagte Kultur- und Bildungsstadträtin Karin Korte, die die Ausstellung offiziell eröffnete. In diesem Jahr kehren der Geburtstag Seelenbinders zum 120. und sein Todestag zum 80. Mal wieder. Die Neuköllner Stadtbibliothek zeigt die Ausstellung der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Kooperation mit der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“  (VVN-BdA e. V.). Während Seelenbinder in der DDR hochverehrt wurde, wurde sein Name in West-Berlin während des Kaltes Krieges weitgehend getilgt. Die frühere „Werner-Seelenbinder-Kampfbahn“, wo sich seit Kriegsende das Grab mit der Urne des Weltklassesportlers befindet, nannten die West-Berliner Behörden nach 1948/49 nur noch „Stadion Neukölln“. Die größte Sportstätte des Bezirks , das Stadion an der Oderstraße, erhielt jedoch im Jahr 2006 den neuen Namen „Werner-Seelenbinder-Sportpark“. Bereits 1992 war an der Konrad-Agadh-Schule am Körnerpark eine Gedenktafel für Seelenbinder angebracht worden. Hier hatte der Ringer in der Turnhalle als Mitglied des Arbeitersportvereins Berolina 03 trainiert.

Die Ausstellung, die mit einem umfangreichen Begleitprogramm ergänzt wird, wandert anschließend nach Strausberg, Leipzig und Cottbus weiter. Ein kleiner Katalog wird voraussichtlich im Herbst 2024 erscheinen.

Bis 30. Juni
„Ringer, Kommunist, Staatsfeind“
Ausstellung zum Leben von Werner Seelenbinder

Helene-Nathan-Bibliothek
Karl-Marx-Str. 66
12043 Berlin
(Neukölln Arcaden, Parkdeck 4)

Mo., Mi., Do., Fr. 11 bis 20 Uhr
Di. 9 bis 20 Uhr
Sa. 10 bis 13 Uhr

Eintritt frei

Begleitprogramm in der Helene-Nathan-Bibliothek:

Donnerstag, 13.6., 18 Uhr
Martin Krauss liest aus seinem Buch „Dabeisein wäre alles“
https://www.berlin.de/stadtbibliothek-neukoelln/aktuelles/veranstaltungen/dabeisein-waere-alles-1446326.php

Mittwoch, 19.6., 18 Uhr
Lesung aus dem Buch „33 Monate“ von Friedel Schirm
https://www.berlin.de/stadtbibliothek-neukoelln/aktuelles/veranstaltungen/lesung-aus-dem-buch-33-monate-von-friedel-schirm-1446417.php

Donnerstag. 27.6., 18 Uhr
Vortrag „Ein Grab macht Politik“ von Mathias Heisig
https://www.berlin.de/stadtbibliothek-neukoelln/aktuelles/veranstaltungen/ein-grab-macht-politik-1446387.php

Begleitprogramm außerhalb der Bibliothek:
Sonntag, 7.7., 14 Uhr
Fahrradtour auf den Spuren Werner Seelenbinders
Startpunkt:
Kommtreff
Jonasstr. 29
12053 Berlin

Um Anmeldung wird gebeten bei gittamueller@web.de
Anschließend Ausklang bei Kaffee und Kuchen

Am 5. Oktober soll es in der Werner-Seelenbinder-Halle in der Oderstraße das erste große Ringer-Gedenkturnier für Kinder und Jugendlichen geben. Als Höhepunkt dieses Werner-Seelenbinder-Jahres wird am 20. Oktober eine Gedenkveranstaltung anlässlich seines Todestages stattfinden.

Weitere Informationen
https://vvn-vda.de/werner-seelenbinder-jahr-2024/

=Christian Kölling=

Hinterlasse einen Kommentar