Müll-Alarm mitten in Neukölln

„Was ist denn das?“, blickte mich ein älterer Passant fragend an, der sich am Donnerstagnachmittag über ein gelb-weiß-schwarz-rotes Etwas aus Wolle wunderte, das unter dem Straßenschild auf dem Alfred-Scholz-Platz baumelte. Nein, es war nicht das, woran der Mann im ersten Augenblick wohl dachte. Ich konnte ihn glücklicherweise aufklären, weil ich erst einen Tag zuvor am Zentrumsdialog der Aktion Karl-Marx-Straße teilgenommen hatte. Beim Treffen, das diesmal zum Thema „Öffentlicher Raum“ im Chorzentrum an der Karl-Marx-Straße stattfand,  stellte unter anderem auch die Strickgruppe Textil Rezeptur des Gesundheitskollektivs (Geko) ihre neueste Protestaktion gegen die unhygienische Vermüllung  vor. Die Gruppe, die mit dem Aki e.V. im Rollbergviertel zusammenarbeitet, ist bereits mit einer Aktion gegen Hundekot auf öffentlichen Straßen in Erscheinung getreten. Damals hatten die Frauen viele Hundehaufen in Regenbogenfarben gestrickt, die anschließend auf den Bürgersteigen im Kiez verteilt wurden. Diesmal drapierten die Protest-Strickerinnen überdimensionierte Zigarettenkippen, angebissene Pizzastücken in Übergröße, eine riesengroße Tüte mit Pommes sowie eine meterlange Bananenschale aus Wolle für längere Zeit auf dem zentral gelegenen Alfred-Scholz-Platz mitten in Neukölln.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) will schon seit Jahrzehnten das Problem der weggeworfenen Zigarettenkippen mit Papierkörben, die über einen Aschenbecher verfügen, in den Griff bekommen. Zwar ist das Wegwerfen einer Zigarettenkippe eine Ordnungswidrigkeit, die in Berlin mit einem Bußgeld bis zu 120,- Euro geahndet werden kann, aber kaum jemand kümmert sich darum. Dabei bergen sowohl der Tabakrest als auch der Filter einer Kippe erhebliche Gefahren für die Umwelt. In Zigaretten sind Tausende Schadstoffe enthalten, von denen nachweislich über 50 Stoffe krebserregend sind. Zigarettenfilter sind keine harmlosen, mit Papier umwickelten Baumwollstückchen, sondern sie bestehen in der Regel aus Cellulose-Acetat, das ein schwer abbaubarer Kunststoff ist. Es dauert viele Jahre, bis die Filter zerfallen. Wenn Tiere diesen Plastikmüll fressen, weil sie ihn mit Nahrung verwechseln, kann das zu Verstopfungen im Verdauungsapparat führen, die tödlich enden können. Einige Vögel nutzen die zerfaserten Filter zum Nestbau, sodass ihre Küken giftigen Substanzen wie beispielsweise Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd und Benzol ausgesetzt sind.

Alle sollten wissen, was sie der Umwelt antun, wenn sie eine Kippe achtlos auf die Straße werfen. Sofern kein Papierkorb der BSR in der Nähe ist, können Raucherinnen und Raucher auch einen kleinen Taschenaschenbecher nutzen, um ihre Kippe zu entsorgen.

=Christian Kölling=