Künstlerisch-kollaborativer Prozess auf dem Albert-Schweitzer-Platz gescheitert?

platzschild albert-schweitzer-platz neuköllnDie Künstler Eva Hertzsch und Adam Page haben den Neuköllner Albert-Schweitzer-Platz künstlerisch nach- gestaltet, um den Zusammenhang von Bürgerbetei- ligung, Stadtentwicklung und Kunst im öffentlichen Raum an einem Praxisbeispiel vorzustellen. „Ge- scheitert? Über einen künstlerisch-kollaborativen Prozess“, lautet der Titel ihrer Ausstellung, die am Montagabend mit einem Gespräch zwischen Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und Mark Terkessidis, Publizist mit den Schwerpunkten Pop- kultur und Migration, in der Galerie des August Bebel Instituts (ABI) im Wedding eröffnet wurde.

Schülerinnen und Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums entdeckten im November 2011 auf einer Reise nach London, die Eva Hertzsch und Adam Page initiiert hatten, im Osten der Metropole einen malerischen Weiterlesen

Längster Schal Berlins in Neukölln unter dem Hammer

1_längster schal berlins_rathaus neukölln500 Meter wollten sie schaffen – über 1.200 sind es letztendlich geworden. Würde man den längsten handgestrickten Schal Berlins ausrollen, würde er 2_längster schal berlins_rathaus neuköllnvom Neuköllner Rat- haus bis über den Her- mannplatz hinaus zum Eingang der Hasenhei- de reichen. „Wir hatten verschiedene Szena- rien, wie man ihn ver- messen könnte, haben uns zum Schluss aber wegen der Realisier- barkeit für den Vorplatz des Rathauses entschieden“, sagt Gernot Zessin, der Leiter des Projekts „An die Wolle, Fertig, Los!“. In neun Runden Weiterlesen

Benjamin entdeckt das Tempelhofer Feld (1)

Die auf der UNESCO-Welterbe-Liste stehende Hufeisensiedlung in Neukölln, die Gartenstadt Falkenberg in Altglienicke, die Großsiedlung Onkel Toms Hütte in Zehlendorf, die Wohnstadt Carl Legien in Prenzlauer Berg, die Siedlung Schillerpark in Wedding – der Architekt  Bruno Taut hat in Berlin viele Spuren hinterlassen. Doch um die oder ihn soll es hier heute und in den nächsten Tagen nicht gehen.

Stattdessen wollen wir zeigen, wie Benjamin taut – am Bei- spiel des Tempelhofer Feldes, das gestern noch unter einer dicken Schneedecke lag. Der aber will nun das Tief- druckgebiet namens Benjamin ordentlich einheizen. Wie lange es wohl braucht, bis aus dem weißen Paradies ein riesiger Sumpf geworden ist?

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„ArabQueen“ – ein Sprachrohr für die Schweigenden

Mariam war wochenlang in ihrem Zimmer eingesperrt gewesen, bevor sie mit Jamal verheiratet wurde, den sie nie zuvor getroffen hatte, sondern nur vom Hörensagen kannte. Er war ganz anders als der Mann, von dem sie – wie so viele junge muslimische Frauen – immer geträumt hatte, ein Mann, der sie erlösen würde aus dem Gefängnis familiärer Unterdrückung, ein Mann, der mit ihr vielleicht sogar tanzen oder ins Schwimmbad gehen würde, der ihr erlauben würde, sich nach eigenem Geschmack zu kleiden, einer Arbeit nachzugehen und eigenes Geld zu verdienen. Ein Mann eben, mit dem man ein gemeinsames Leben aufbauen konnte, das anders war als das, was sie bei ihren Eltern sah. Aber Jamal wollte von solchen Vorstellungen nichts wissen …

Zur von Hugendubel am Hermannplatz veranstalteten Premiere ihres Buches „Arab- Queen“ gestern Abend ließ  Güner Yasemin Balci lesen. Die Autorin selber nahm neben Neuköllns Bezirksbürgermeister in der ersten Reihe im Zuschauerraum Platz und verfolgte die Lesung der arabqueen,buchpremiere,güner yasemin balci,heimathafen  neukölln,inka löwendorf,sascha ö. soydanbeiden Heimathafen Neukölln-Schauspiele- rinnen Inka Löwendorf (r.) und Sa- scha Ö. Soydan sichtlich angetan. Sie habe es sehr genossen, sagte sie später, als Heimathafen-Regisseu- rin Nicole Oder die Diskussionsrunde mit der gebürtigen Neuköllnerin und Heinz Buschkowsky, dem „Praktiker und Pragmatiker der deutschen Inte- grationspolitik“, eröffnete.

Während ihr Debütroman „ArabBoy“ noch in ihrem Heimatbezirk spielte, siedelte Güner Balci die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte um Mariam im Berliner Wedding an. Doch Frauen wie Mariam gibt es überall und das Buch könne „ebenso gut AlbanQueen oder TürkQueen“ heißen, betonte die Autorin: „In unserem Land leben mitten unter uns etliche Frauen, denen die Menschenrechte genommen werden.“  Es sei diese riesige Gruppe schweigender Frauen, denen sie durch ihre Protagonistin eine Stimme geben wolle.

Wie wichtig das Buch für das interkulturelle Verständnis ist, untermauerte auch Heinz Buschkowsky: „Das Leben in arabqueen,buchpremiere,güner yasemin balci,heimathafen  neukölln,sascha ö. soydan,heinz buschkowskyeinem Geflecht archaischer Familienstruk- turen und -rituale ist Alltag für ganz viele junge Frauen.“ Das Fatale sei, dass sie ein Geheimnis daraus machen, Einblicke in ihre Lebens- wirklichkeit meist unmöglich seien. „Deshalb“, befürchtet Buschkowsky, „wird Güner Balcis Buch auch wieder den Protest vieler Sozialromantiker auf sich ziehen.“ Seit Jahren werde nun schon über Zwangsheirat diskutiert, dabei sei es aber auch bisher geblieben. Wann er sich denn mal aufmachen wolle, Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit zu verdrängen, wollte ein Mann aus dem Publikum prompt vom Neuköllner Bezirksbürgermeister wissen. Der entgegnete, dass er keine Lust auf Veränderungen habe und sich in Neukölln wohl fühle, ergänzte seine Antwort mit der Bitte: „Nun lassen Sie einen alten Mann doch mal mit solchen Forderungen in Ruhe!“

Andere Fragen aus dem Publikum richteten sich an die „ArabQueen“-Autorin. Beispielsweise die, weshalb es mit der Integration der 3. Generation so viel schlechter klappe als bei den vorherigen? „Die Einwanderer der 1. Generation haben viel gearbeitet und deshalb sehr unauffällig gelebt“, griff Güner Balci auf Auto- biografisches zurück. Heutzutage sei, bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit, die soziale Kontrolle durch Nachbarn gleicher Nationalität extremer: „Die haben dafür einfach mehr Zeit und bleiben viel stärker unter sich.“

„Wie lernt man von Mariams Schicksal Betroffene kennen?“, erkundigte sich eine Frau. Durch ehrenamtliches Arbeiten in sozialen Einrichtungen, schlug Balci vor. Eine andere fragte nach, wie die deutsche Mehrheitsgesellschaft auf Menschen wie sie zugehen sollte?  „Erstmal ist wichtig“, so die Autorin, „dass ein Bewusstsein dafür entwickelt wird, dass Mariams genauso zu unserer Gesellschaft gehören wie Intensivtäter und Schulverweigerer.“ Das Buch sei eines gegen die Ignoranz, schaltete sich Heinz Buschkowsky ein. Ganze Klassensätze davon müssten in Schulen landen, um betroffene Mädchen zu erreichen, „ArabQueen“ zur Ge- sprächsgrundlage für Lehrer werden. Güner Balcis Hoffnung ist, dass immer mehr Muslima den Weg ihrer Protagonistin wählen: „Das Ende der Geschichte hab ich so geschrieben, wie ich es mir für Mariam gewünscht hab.“ Die Realität ist oft anders.

„ArabQueen“ (319 S., 14,95 €) von Güner Yasemin Balci ist im S. Fischer Verlag erschienen und kann dort direkt bestellt werden.

Am 12. November hat das auf Balcis Buch basierende Theaterstück „ArabQueen“ im Heimathafen Neukölln Premiere.

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