„Mein Vater verstand sich als Handwerker und nicht als Künstler“

böhmischer gottesacker, neuköllnAn den Grabsteinen im Bereich der Herrnhuter Brüder-gemeine auf dem Böhmischen Gottesacker ist nicht ablesbar, ob die Verstorbenen reich oder arm waren. Denn diese sind traditionell einheitlich in ihrer Größe und liegen fast flach auf dem Boden. Selbst grabstein eckart hachfeld_böhmischer gottesacker neuköllnbei der Grabgestaltung gilt ein einheitliches Prinzip. Auch Eckart Hachfeld sei dort begraben, erfuhr ich von Dr. Bernd Krebs, dem ehemaligen Pfarrer der reformierten Bethlehems-gemeinde in Neukölln.

Vielen wird vermutlich der Name Eckart Hachfeld nichts sagen, doch haben sicher fast alle einmal Texte von Hachfeld gelesen oder gehört. Tilman Hachfeld, einer seiner drei Söhne, war freund-licherweise bereit, von der künstlerischen Tätigkeit und dem Leben Weiterlesen

„Das ist immer da und geht nie weg“

„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ singt Udo Jürgens, der inzwischen selber stramm auf die 80 zugeht, seit 1978. Für Ruth-Silvia Niendorf war es mit 66 Jahren vorbei: Am 9. Juli 1986 erhängte sich die Rentnerin – aus Verzweiflung, dass sie mit trümmerfrauen-denkmal_hasenheide neuköllnihrer schmalen Rente eine Mieterhöhung von 76 Mark nicht bezahlen konnte.

Vier Jahrzehnte vorher hatte die Berlinerin zusammen mit zehntausenden anderer Rubble Women, wie die Bauhilfs-arbeiterinnen von den Amerikanern genannt wurden, aus der vom 2. Weltkrieg zerbombten Hauptstadt 5 Millionen Tonnen Trümmer beseitigt. 26 dieser Trümmerfrauen erhielten 1952 das Bundesverdienstkreuz; im selben Jahr wurde die Bild- hauerin Katharina Szelinski-Singer vom Berliner Senat be- auftragt, ein Trümmerfrau-Denkmal zu gestalten: Am 30. April 1955 wurde es in der Neuköllner Hasenheide enthüllt.

Darüber hinaus findet eine Anerkennung der Leistungen der Trümmerfrauen seitens der Politik nicht Weiterlesen

Außergewöhnliche Töne

Was haben der Sänger und Komponist Udo Jürgens und der Neuköllner Musiker Jürgen Heidemann gemeinsam? Zunächst sind es selbstverständlich die nament- lichen Übereinstimmungen, die ins Auge fallen. Aber die Künstler verbindet noch mehr: Beide sind nach ihren Konzerten oft klatschnass.

Bei Jürgen Heidemann ist es allerdings kein Schweiß, der sein Hemd durchtränkt. Er rackert sich nicht am Piano ab, singt nicht bis zur Erschöpfung oder tobt über die Bühne. Nein, es ist vor allem die Nähe zum Instrument und die Art und Weise, wie ihm Töne entlockt werden, die den 34-Jährigen nass macht. Denn Jürgen Heidemann gehört zu denen, die die alte Kunst des Musizierens mit Klangsteinen für sich entdeckt haben und meisterhaft beherrschen.

Ohne eine Schüssel mit Wasser geht bei den Instrumenten gar nichts. Heidemanns Hände müssen nass sein,  will er Granitsteine zum Klingen bringen, die ob ihrer Formen- und Farbenvielfalt auch als Deko- Elemente fürs Wohnzimmer geeignet wären oder als Skulpturen in Galerien durchgingen. Ihre akustischen Qualitäten werden erst durch einen wie Jürgen Heidemann offenbar. Streicht er sanft mit flachen Händen über die Steine, steigen imposante Klangwolken aus satten Basstönen, melodischen Mitten und intensiven hohen Tönen zwischen den La- mellen auf.

Noch eindrucksvoller und facet- tenreicher wird das Hörerlebnis, wenn der Klangsteinmusiker  Jürgen Heidemann zusammen mit seiner Partnerin, der Vio- linistin Hoshiko Yamane, auftritt: Am 3. Dezember sind die bei- den Künstler mit ihrem musika- lischen Dialog der Elemente Holz (=Ki) und Stein (=Seki) als Duo KiSeki im Museum Neukölln auf dem Gutshof Schloss Britz zu Gast.

Heidemann geht es jedoch längst nicht nur um Klangkunst und Konzertantes. 2009 gründete der examinierte Lehrer die private Musikschule Klangwolke, in der Kinder das Musizieren mit Steinen und verschiedenen anderen Instrument erlernen können. Sehr spezielle Kurse wird es dagegen im Vorfeld des KiSeki-Konzerts im Museum Neu- kölln geben: „Ende November starten dort Workshops zum Musizieren mit Kiesel- steinen“, kündigt Jürgen Heidemann an. Er demonstriert mit zwei Exemplaren, dass die bei gekonnter Handhabung nicht nur einen Takt anschlagen, sondern auch höchst unter- schiedliche Töne von sich geben können. In erster Linie seien die Workshops jedoch ein Projekt zur Gewaltprävention, bei dem Kinder erfahren, dass Steine zu mehr als zu Wurfgeschossen taugen.

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