Eine Absichtserklärung und viele unbeantwortete Fragen

Im Altbau, der neben dem historischen Fragment des alten Karstadt-Hauses am Hermannplatz steht, soll einmal auf 3.000 bis 5.000 Quadratmetern Wohnraum zu bezahlbaren Mietpreisen angeboten werden. Das ist u. a. Inhalt eines Letters of Intent, den die Signa Real Estate des österreichischen Unternehmers René Benko und die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo am 1. September unterzeichneten. Einen Tag später beriet der Stadtentwicklungs-Ausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin in einer viereinhalbstündigen Sitzung über verschiedene Neubauprojekte der Signa-Gruppe in Berlin, darunter auch das Weiterlesen

„Man hat mich ins offene Messer laufen lassen“

kletterin_a100-protestpappel_neuköllnÜber den Sinn oder Unsinn der A100-Ver-längerung von der Grenzallee zur Straße Am Treptower Park sind längst alle Argumente ausgetauscht: Bessere Erreichbarkeit, weniger Staus und Unfälle, sauberere Luft und leisere Stadtstraßen erwarten die Befürworter des Pro- jektes. Die Kritiker dagegen bezweifeln diese Entlastungen, verweisen auf exorbitante Baukos- ten in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro sowie auf den Trend zu weniger Autoverkehr in Berlin. Ein Symbol des Widerstands gegen den geplanten A100-Weiterbau, das in einer Pappel errichtete Baumhaus der Umweltschutzgruppe Robin Wood, wurde Montag geräumt.

Die Protest-Pappel stand mehr als ein Jahr auf dem Gelände einer Lagerhalle in der Neuköllnischen Allee 33, das  nur zeitlich befristet als Logistikfläche für den Bau der Stadtautobahn benötigt wird. Ermöglicht wurde die Räumung, weil der Weiterlesen

Energisch abgelehnt

Fast 2,5 Millionen Berliner dürfen morgen darüber abstimmen, ob die Stromver-sorgung in der Hauptstadt für die nächsten 20 Jahre in der Zuständigkeit des Energiekonzerns Vattenfall verbleiben soll. Für das Gegenmodell macht sich der Berliner Energietisch stark: Mit einem Gesetzentwurf, der die Rekommunalisierung der Stromnetze nebst dem Aufbau eines berlineigenen Stadtwerks vorsieht, nahm das parteiunabhängige Bündnis lokaler Organisationen und Initiativen alle Stufen pressetisch_bvv-sitzung neuköllnzum Volksentscheid – und eben die- ser findet nun  morgen statt.

Auf Antrag der Neuköllner Grünen, Piraten und Linken beschäftigte sich am vergangenen Mittwoch auch das Bezirksparlament bei Weiterlesen

Vor der Stimmabgabe zum Singen für das Tempelhofer Feld

Etwa 3.000 Unterschriften waren es in der ersten Woche. Jetzt – gut zwei Wochen nach dem Start des Volksbegehrens – sind es bereits über 5.000 Menschen, die ihre Stimme gegen eine Bebauung des Tempelhofer Feldes abgegeben haben. Bis zum 14. Januar, hofft die Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld, sollen 23.000 Unter- schriften  gesammelt sein. Dann könne  Berlins Regierendem  Bürgermeister Klaus

tempelhofer feld_neukölln

Wowereit und seinem Senat ein Moratorium für den auf dem Feld geplanten Bau der Zentralen Landesbibliothek auferlegt werden. Heute  ruft die Initiative  ab 15.30 Uhr am Platz der Luftbrücke zum  Singen für das Tempelhofer Feld  auf, um dem Senat heimzuleuchten und die Stimmensammlung für den Erhalt der Freifläche zu forcieren.

Berliner Licht

Wenn Neuköllnern ein Licht aufgeht, kann das natürlich sprichwörtlich gemeint sein und mit Einsicht oder plötzlichem Begreifen übersetzt werden. Dass es unter freiem Himmel  Abend für Abend bezirksweit passiert, ist dagegen meist Gaslaternen zu ver-

danken. Etwa 44.000 davon gibt es in ganz Berlin – noch! Denn der Berliner Senat will die historischen Beleuchtungskörper innerhalb der nächsten Jahren gegen strom- betriebene Straßenlampen austauschen, was nun der Verein  Gaslicht-Kultur  zu ver- hindern versucht: mit einer Petition, verschiedenen Aktionen und der Unterstützung vieler Berliner, die wollen, dass ihnen auch weiterhin kein x-beliebiges, sondern dieses sehr spezielle Licht aufgeht.

Auf Neukölln kommt was zu

Die gestern von der Abteilung Bauwesen des Neuköllner Bezirksamts verschickte Pressemeldung verheißt nichts Gutes – wenn auch die Ankündigung in der Konsequenz Gutes bedeu- tet: bessere Straßenver- hältnisse nämlich. Doch bis die Gegenwart sind, steht Vier- und Zweirad- fahrern vor allem im Nor- den Neuköllns einiges bevor.

Noch bis Ende nächsten Jahres sind wegen der Sanierung der U-Bahn-Tunneldecke auf der Karl-Marx-Straße zwischen Lahn- und Thomasstraße erhebliche Behinderungen zu erwarten. Parallel dazu wird „demnächst“ wegen Bauarbeiten am U-Bahntunnel die Hermannstraße im Bereich des U-Bahnhofs Leinestraße auf eine Spur pro Fahrt- richtung verschlankt. Um einen Verkehrskollaps im Schillerkiez zu verhindern, verkündet das Bauamt, habe „der Bezirk bei der Verkehrslenkung Berlin und der BVG darauf  gedrungen, dass die zuführenden Straßen wie u. a. die Okerstraße und die Leinestraße während der Bauzeit zu Sackgassen erklärt werden“.

Zusätzlich schlägt das Anti-Schlagloch-Programm des Berliner Senats im Bezirk kräftig zu. Auch auf der Hermannstraße. Zwischen Emser- und Thomasstraße soll zwischen Juli und September der Fahrbahnbelag erneuert werden. Damit dürfte die Benutzung der beiden Neuköllner Magistralen im Sommer einem Parallelslalom gleichkommen.

Von den 1,7 Millionen Euro, die zur Optimierung des Fahrspaßes von der Stadt- in die Bezirkskasse fließen, profitieren jedoch auch diverse andere Straßen in Nord-Neukölln: Die Silbersteinstraße wird zwischen Hermann- und Oberlandstraße entschlaglocht und die Donau-/Böhmische Straße zwischen Rosegger- und Thiemannstraße schick gemacht. Außerdem erhält die Hertzbergstraße von der Sonnenallee bis zur Böhmischen Straße  ebenso einen neuen Fahrbahnbelag wie die Geygerstraße zwischen Sonnenallee bis Donaustraße.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Tiefbauamts, so Baustadtrat Thomas Blesing, würden jedoch ihr Bestes geben, um „möglichst viele Arbeiten in den Sommerferien durchführen“ zu können.

Schon vorher ist es mit den Unannehmlichkeiten fürs fahrende Volk am Rathaus Neukölln vorbei: In der Erkstraße, wo 14 Monate lang zwischen Karl-Marx-Straße und Donaustraße gebuddelt wurde, soll der Verkehr spätestens am 23. Mai wieder uneingeschränkt rollen können.

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Unüberwindbare Hürden

„Das wird wieder ein teurer Winter“, befürchtet Frau Behnke und meint damit weniger die Heizkosten. „Mit dem Heizen übertreib ich’s nicht“, sagt sie, „aber kalt will ich’s auch nicht haben.“ Wer den 2. Weltkrieg miterlebt hat, dem sei eine tiefe Abneigung gegen das Frieren geblieben. Frau Behnke hat ihn miterlebt und – anders als ihr Mann – überlebt. 83 wird sie nächstes Jahr im Frühling: „Darauf freu ich mich jetzt schon.“ Nicht wegen des dann noch weiter fortgeschrittenen Alters, sondern vielmehr, weil das Frühjahr gemein- hin den Winter vertreibt. Obwohl Frau Behnke auch den mag – eigentlich. Wenn die Begleiterschei- nungen nicht wären.

„Seit vier Wochen lauf ich nur noch um den Pud- ding“, sagt die Neuköll- nerin. Aus der Haustür raus, bis zur Ecke, um die Ecke und um drei weitere Ecken, bis sie wieder vor ihrer Haustür steht. Tag für Tag, weil sie Bewegung braucht, unter Menschen sein will und raus muss, um nicht rammdösig zu werden. Dicke Socken in den Winterstiefeln verhindern, dass die Rentnerin kalte Füße kriegt, Spikes unter den Sohlen reduzieren die Gefahr auszurutschen. Aber die Angst vor einem Sturz ist trotzdem immer dabei. Eine Straße zu überqueren, kommt für die 82-Jährige zurzeit nicht infrage: „Das ist doch lebensgefährlich, und die Schneeberge an den Straßenrändern werden immer höher.“ Eine Freundin von Frau Behnke hat vor einigen Tagen versucht, einen zu überwinden, um zum Discounter zu schleichen. Jetzt liegt sie mit einem Oberschenkelhalsbruch und einer eingegipsten rechten Hand im Krankenhaus. Auch für „einen jungen Hüpfer von 71 Jahren wie sie“ sei das gewiss keine angenehme Sache.

In einen Supermarkt würde Frau Behnke auch gerne mal wieder gehen, doch das verbieten die Straßen, die zwischen dem und ihrer Haustür liegen. „Manchmal lass ich mir Lebensmittel liefern oder von dem netten Pärchen mitbringen, das über mir wohnt. Aber das meiste besorg ich im Spätkauf um die Ecke, auch wenn die Preise da höher sind“, erklärt die Rentnerin. Sie habe zum Glück gut verdient und könne sich die Investitionen in ein Stück Alltagsnormalität leisten. Andere Alte, denen es nicht so geht, tun ihr einfach nur leid. Mit einigen davon ist sie befreundet. „Wir telefonieren häufiger als sonst, wiedersehen werden wir uns aber wohl erst, wenn der Schnee weg ist“, erzählt Frau Behnke. So profitiere außer dem Inhaber des Spätkaufs auch noch die Telekom vom Kapitulieren des Berliner Senats vor dem Winter: „Was haben Wowereit und wie sie alle heißen nach dem letzten getönt, dass sich solche Verhältnisse nicht wiederholen dürfen. Und was ist nun besser? Nüscht! Schämen sollten die sich was!“

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Ob’s hilft?

Der Berliner Senat hat in einer heutigen Sitzung den von Finanzsenator  Ulrich Nuß- baum vorgelegten Gesetzentwurf zur Erhöhung der Vergnügungssteuer beschlos- sen. Danach wird der Steuersatz für Gewinnspielgeräte von derzeit 11 auf 20 % an- gehoben; besteuert wird das Bruttoeinspielergebnis.

„Viele Berlinerinnen und Berliner“, so Senator Nußbaum in einer Pressemitteilung, „haben sich zu Recht darüber beschwert, dass zunehmend mehr Spielhallen das Stadtbild prägen und zum Glücksspiel verleiten. Mit einer stärkeren Besteuerung wollen wir das Angebot eindämmen. Wir wollen nicht, dass sich an jeder Ecke in Berlin Spielhallen ansiedeln. Suchtprävention und Jugendschutz gehen vor Ge- winnmaximierung von Glücksspielanbietern.“ Die Gesamtzahl der Gewinnspielgeräte in Spielhallen und an sonstigen Aufstellorten sei in Berlin zwischen Ende 2005 und Ende 2009 von 5.882 auf 10.135 gestiegen.

„Glaub ich nicht, dass das was bringt“, unkt der Besitzer einer Neuköllner Kneipe. „Das Problem in den Wohnstraßen sind doch nicht die großen Spielhallen, sondern die so genannten Cafés oder Casinos, in denen Spielautomaten stehen.“  Für der- artige Einrichtung mit bis zu drei Spielautomaten seien die Daddelmaschinen doch nur Nebenerwerb. „Die“, ist er überzeugt, „machen mit ganz anderen Sachen Kohle.“

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