Abend der Begegnung in Neukölln zum 70. Jahrestag der Erklärung der Menschenrechte

Interreligiöse Feste sind in Neukölln nichts Neues. Schon seit 2005 findet, maßgeblich von der Bürgerstiftung Neukölln initiiert, alljährlich ein Abend der Begegnung statt, der sich dem Dialog verschiedener Glaubensrichtun-gen verschrieben hat. Zu einer interreligiösen Festveranstal-tung anlässlich des 70. Jahrestages der Erklärung der Menschenrechte hat am Montag der Treffpunkt Religion und Gesellschaft e.V. in Kooperation mit der Sehitlik Moschee, der Neuköllner Begegnungsstätte NBS und anderen Institutionen in das Interkul-turelle Zentrum Genezareth (IZG) am Herrfurthplatz eingeladen.  Weiterlesen

Neukölln hat wieder einen Ort für Beisetzungen nach muslimischen Regeln

Auf dem landeseigenen Friedhof an der Lilienthalstraße in Neukölln, der 1938 als Standortfriedhof der Wehrmacht angelegt wurde und auf dem tausende zivile Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs bestattet sind, wurde Freitag-nachmittag ein Gräberfeld mit 160 Grabstätten für muslimische Bestattungen eröffnet.

„Sie machen jetzt und hier ein neues Kapitel in unserer Stadt auf!“, versicherte Bezirksbürger-meister Martin Hikel bei der Einweihungszere-monie den anwesenden Muslimen und ihren Unterstützern, die Weiterlesen

Vom Unterricht befreit

sehitlik-moschee neukoellnIn Neuköllner Schulklassen bleiben heute viele Plätze leer. Denn gestern Abend endete für Muslime der Fastenmonat Ramadan, heute beginnt das dreitägige Zuckerfest und für luftbild sehitlik-moschee neukoellndieses hat der Berliner Senat in der aktuellen Ausführungsvorschrift Schulbesuchspflicht bestimmt, dass der erste Tag für muslimi-sche Schülerinnen und Schüler unterrichtsfrei ist.

Schon um 5.45 Uhr begannen in der Sehitlik-Moschee mit einem Festgebet die Feiertage. Tausende von Gläubigen werden hier heute erwartet; um ein Verkehrschaos am Columbiadamm zu verhindern, hat die Gemeinde Weiterlesen

„In was für eine Gegend sind wir hier eigentlich gezogen?“

Seit letztem Freitag liegt ein neues Neukölln-Buch auf den Büchertischen der Buch-handlungen. Ein Sachbuch mit einem Ortsschild des Bezirks auf dem Cover, dem Titel „Keine Angst, hier gibt’s neukoelln-schriftzug_konrad-agahd-schulhofauch Deutsche!“ und dem vielleicht verkaufsfördernden Untertitel „Unser neues Leben im Problemkiez“. Geschrieben hat es Thomas Lindemann, dessen „Kinderkacke. Das ehrliche Elternbuch“ es vor sechs Jahren bis in die Spiegel-Bestsellerliste schaffte.

Damals wohnte der Autor noch im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Inzwischen hat ihn, seine Frau und die drei Kinder die Suche nach einer größeren, bezahlbaren Wohnung von der „Wohlfühl-Welt des gentrifizierten Prenzlauer Berg“ in den Neuköllner Norden verschlagen, mitten in „Deutschlands Problembezirk Nummer 1“. „Papa, in was für eine Gegend sind wir hier eigentlich gezogen?“, wird Weiterlesen

Die Qual der Wahl: Durch Museen oder lieber durch Kirchen, Moscheen und Tempel? Oder alles miteinander verbinden?

Gegen die Lange Nacht der Museen ist die Lange Nacht der Religionen noch ein Youngster. Erstere findet Samstag zum 35. Mal statt; letztere lädt – ebenfalls Sams-tag – zum 4. Mal dazu ein, die Vielfalt religiöser Weltanschauungen kennenzulernen. 93 Gruppen präsentieren sich stadtweit, 14 sind es nur in Neukölln, wo die Nacht be-

sri ganesha hindutempel berlin_neukölln

bereits mittags um 12 – und damit noch vor dem offiziellen Auftakt auf dem Gendar-menmarkt – beginnt: Die Dzogchen Gemeinschaft Deutschland führt in den Buddhis-mus, tibetisches Yoga und den Vajra-Tanz ein, der Treffpunkt Religion und Gesell-schaft geht der Frage „Was ist euch heilig?“ bei Besichtigungen des Weiterlesen

Islamismus-Präventionsprojekt in Neukölln offiziell eröffnet

Es gibt sie schon seit vier Monaten, aber erst gestern wurde die Bahira-Beratungs-stelle in der Neuköllner Sehitlik-Moschee offiziell von Bundesfamilienministerin Ma-nuela Schwesig und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat eröffnet. Das auf Isla-mismus-Prävention konzentrierte Projekt vom  Violence Prevention Network (VPN) ist

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das bundesweit erste, das in einer Moschee eingerichtet ist, um Muslimen, die Ange-hörige oder Freunde auf Radikalisierungskurs bzw. bereits in islamistischen Kreisen wähnen, mit einem niedrigschwelligen Beratungsangebot  helfen zu können.

„Das ist kein einfaches Terrain hier“: Ex-Parlamentarier zu Besuch in Neukölln

ingrid matthäus-maier_bvv-saal neuköllnEinen langen und ereignisreichen Tag erlebte der Sitzungssaal der Neuköllner Bezirksverordneten am Mittwoch dieser Woche: Früh um 9 Uhr waren ehemalige Mitglieder des Europäischen Parla- ments und des Deutschen Bundestages für einen politischen Informationsbesuch zu Bezirks-bürgermeisterin Dr. Franziska Giffey ins Rathaus Neukölln gekommen. Nachmittags standen im repräsentativen BVV-Saal statt blauer Rohrstühle schon wieder die gewohnten Bänke, denn tur- nusmäßig begann um 17 Uhr die monatliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung, die an diesem Tag ganze 5 1/2 Stunden dauern sollte.

Ingrid Matthäus-Maier, Präsidentin der Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deut- schen Bundestages und des Europäischen Parlaments (VEMDB) e. V., begrüßte die Anwesenden am Morgen fast entschuldigend: „Ich wollte eigentlich Heinz Busch-kowsky als Redner haben, den kennen die meisten aus Weiterlesen

Friedhof und Ausschnitt der wechselvollen deutsch-türkischen Geschichte bis zur Gegenwart zugleich

ender cetin_kulturhaus sehitlik-moschee neuköllnVon Juni 1797 bis zu seinem Tod im Herbst 1798, also nur etwas länger als ein Jahr, war Ali Aziz Efendi osmanischer Botschaf- ter in Preußens Hauptstadt Berlin. Warum die Erinnerung an den Staatsmann, Dichter und Mystiker dennoch bis heute in der tür- kischen Gemeinschaft Berlins gegenwärtig ist, berichtete Ender Cetin gestern im neu eröffneten Kulturhaus der Sehitlik Moschee bei seinem Vortrag über die Geschichte des Türkischen Friedhofs.

„Wer kann sich noch erinnern, wieviele Grenzkontrollen es früher gab, wenn man von West-Berlin mit dem Auto in die Türkei fuhr?“, fragte Ender Cetin, der als Kind tür- kischer Gastarbeiter im Neukölln der Vor-Wendezeit aufwuchs und Weiterlesen

Nach neun Jahren endlich fertig: Kulturhaus der Sehitlik Moschee mit erster Ausstellung eröffnet

eröffnung ditib-kulturhaus sehitlik-moschee neuköllnDie Sehitlik Moschee am Neuköllner Colum- biadamm, eine der schönsten Moscheen in Deutschland, ist um einen Anziehungspunkt reicher: Feierlich wurde Freitagnachmittag das Kulturhaus der Sehitlik-Gemeinde eröff- net. Es ist im Stil der Safranbolu-Häuser am Schwarzen Meer gebaut und erinnert an die Osmanische Zeit. Um die Brückenfunktion des neuen Kulturhauses in heutiger Zeit zu veranschaulichen, dachten seine Erbauer sich etwas Besonderes aus: Die Begegnungsstätte hat zwei Haupteingänge, so dass sie wahlweise vom Gelände des alten türkischen Friedhofs Weiterlesen

Viele Fragen, noch mehr Antworten

sarglager_markaz islamische bestattungen_neuköllnRund 10.000 Interessierte besuchten am letzten Wochenende bei der 3. Langen Nacht der Reli- gionen die 97 Veranstaltungsorte. Das Bestat-tungsunternehmen von  Isikali Karayel in Neu- kölln war einer davon, und für manche der etwa 30 Gäste die erste Adresse ihres religiösen Abendprogramms. Es passe ihnen gut, dass die markaz islamische bestattungen_neuköllnNacht hier schon am Nachmittag stattfin- det, bekannte ein Ehepaar aus Tegel schmunzelnd, denn sie hätten noch viel vor. Über den Islam wüssten sie recht wenig – und über muslimische Bestattungszeremonien noch weniger. Mohammed Herzog (r.) von der Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime Berlin (IGDMB) und Isikali Karayel (l.), der 2013 in der Silbersteinstraße die Firma Markaz Weiterlesen

14. Internationales Literaturfestival Berlin bringt „Kulturen des Vertrauens“ in vier Neuköllner Gotteshäuser

podium eröffnung kulturen des vertrauens_martin-luther-kirche neuköllnZum Auftakt der Reihe „Kulturen des Vertrauens – Religion, Literatur, Politik und Alltag“ beim 14. Internationalen Literaturfestival Berlin trafen Dienstag- abend in der Neuköllner Martin-Luther-Kirche die Schriftstellerin Janne Teller (2. v. r.), der buddhistische Mönch Tenzin Peljor (r.) sowie der südafrikanische Bischof Dr. Ndanganeni P. Phaswana (2. v. l.) zu einem Gespräch über die Rolle des Vertrauens in ihrer Arbeit zusammen. Der Meinungsaustausch über verschie- dene religiöse, ethnische und ästhetische Überzeugungen unter dem Weiterlesen

Schule fertig – und dann?

jobpoint-ausbildungsmesse_sehitlik-moschee neukoellnViele waren es nicht, die bei dieser Premiere dabei sein wollten. Vor der Şehitlik-Moschee, wo sich bei Tagen der offenen Tür oder bei Festen Gemeindemit-jobpoint-ausbildungsmesse_sehitlik-moschee neuköllnglieder und Besucher drängen, war Freitagnachmittag noch viel Platz. Zum Publikumsmagnet taugte die Ausbildungsmesse „Bildung bildet“ nicht, die vom Job Point Neukölln und dem Mo- schee-Verein initiiert wurde. Der Vorteil: Wer da war, konnte sich ausgiebig und in aller Ruhe an den gut 20 Ständen über die vielfältigen Mög- lichkeiten informieren, in welche Richtung der berufliche Weg nach Weiterlesen

Alle anders, alle gleich

internationale wochen gegen rassismus 2014Seit 1967 ist der 21. März auf Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen der Welttag gegen Rassismus. In Deutschland fan- den Veranstaltungen rund um den Aktionstag zunächst binnen einer Woche statt; 2008 wurde das Zeitfenster ob stetig wachsender Beteiligung auf zwei Wochen vergrößert, und der Interkulturelle Rat in Deutschland e. V., der die Veranstaltungen seit 1994 koordiniert, rief die Internationalen Wo- chen gegen Rassismus aus. In diesem Jahr ha- ben sie am 10. März begonnen und enden am kommenden Sonntag.

134 Aktionen in Berlin finden sich in der Veran- staltungsdatenbankIn Neukölln sind es klägliche acht, wenn man auch die vier Aufführungen der „Asyl-Monologe“ im Heimathafen Neukölln berücksichtigt, die allerdings erst nach dem offiziellen Ende Weiterlesen

Tag der offenen Moschee mit dem Motto „Umweltschutz“

sehitlik-moschee_neuköllnHeute ist nicht nur der Tag der Deutschen Ein- heit. Seit 1997 findet auch jedes Jahr am 3. Ok- tober der Tag der offenen Moschee statt, der diesmal unter dem Motto „Umweltschutz – Mo- scheen setzen sich ein“  steht.

Mehr als 1.000 islamische Gotteshäuser betei- ligen sich bundesweit daran, 11 davon sind in Berlin, zwei derer im Bezirk Neukölln. Die Hami- diye Camii (Sonnenallee 18) vom Kulturverein für Integration + Bildung am Hermannplatz e. V. öffnet um 10 Uhr. Die Sehitlik Camii am Colum- biadamm beginnt ihr reichhaltiges Programm um 10 Uhr mit einer Moschee-Führung und lädt u. a. zum Vortrag und Podiumsge- spräch über das Thema Umweltschutz ein.

Neukölln als Parcours für Perspektivwechsler

v. l.: Festivalleiter Dr. Martin Steffens, Auguste Kuschnerow (Kulturnetzwerk Neukölln), Kulturstadträtin Dr. Franziska Giffey, Francesco Mammone (Reihe "Kunst und Kult"), Festivalleiter Thorsten Schlenger, Andrea Klahold (Neukölln Arcaden)

v. l.: Festivalltg. Dr. Martin Steffens, Auguste Kuschnerow (Kulturnetzwerk Neukölln), Kul- turstadträtin Dr. Franziska Giffey, Francesco Mammone (Reihe „Kunst und Kult“), Festivalltg. Thorsten Schlenger, Andrea Klahold (Neukölln Arcaden)

Gutes Schuhwerk, das ist es, was Neuköllns Kulturstadträtin Dr. Fran- ziska Giffey allen empfiehlt, die sich am Wochenende auf die Spuren der Kunst im Bezirk begeben. Denn heute geht 48 Stunden Neukölln in die 15. Runde – und das bedeutet: bis Sonntagabend etwa 400 Ver- anstaltungen, die das Jahresthe- ma „Perspektivwechsel!“ umset- zen, an 250 Orten. Immerhin seien es gut 30 Prozent weniger als noch im Vorjahr, erinnert Auguste Kusch- nerow vom Kulturnetzwerk Neukölln e. V., das das Festival veranstaltet.

Verschlankt kommt es nun also daher, und das betrifft nicht ausschließlich die Zahl der Veranstaltungen und Orte. Mit „Kultur- und“ hat es den Ballast von drei Silben und einem Bindestrich abgeworfen. martin steffens_auguste kuschnerow_48 stunden neukölln-pkDas Kunstfestival 48 Stunden Neukölln heißt es jetzt nur noch“, betont Dr. Martin Steffens und geht auf weitere Neuerungen ein: Die Beiträge der Künstler sollen stärker als bisher auf das jeweilige Jahresthema konzentriert sein, und Galerien ohne speziell auf das Festival- thema zugeschnittene Ausstellungen oder Events sind künftig keine Teilnehfranziska giffey_francesco mammone_thorsten schlenger_48 stunden neukölln-pkmer mehr, die im Pro- gramm bewor- ben werden, sondern nur noch „assoziierte Orte“. So sei es im letzten Herbst bei einer Zukunftswerkstatt mit diversen Beteiligten be- schlossen worden, sagt der langjährige Festival- leiter, der – auch das ist neu – in diesem Jahr zusammen mit Thorsten Schlenger als Doppel- spitze agiert. Erklärtes Ziel sei, das relativ alte, inzwischen mehrfach kopierte Format des Festivals in eine zeitgemäße Form zu bringen, um gegenüber den Nachahmern die Nase vorne zu behalten. Dazu gehört auch ein neues Corporate Design rund um info-stand neukölln arcaden_48 stunden neuköllndas etablierte 48 Stunden Neukölln-Logo.

„Hier ist Kunst“, allgegenwärtig ist der Schriftzug derzeit im Bezirk. „Da ist Kunst“ heißt es heißt es auf den außerhalb Neu- köllns ausliegenden Orientierungsplänen. Den Effekt, dass wegen des Festivals „Menschen kommen, die sonst nicht den Weg nach Neukölln finden“, schätzt auch Franziska Giffey. Damit sie sich nicht verirren und Einheimische im Event-Overkill ebenfalls den Überblick behalten, hat das junge Neuköllner Unternehmen Quar- terland eine Festival-App entwickelt. „Mit einer Echtzeitkarte“, erklärt Torsten Fischer, „werden den Usern von Smartphones 48 stunden neukölln-pkoder Tab- lets nur Veranstaltungen angezeigt, die gerade in unmittelbarer Nähe stattfinden.“

An die Nicht-ohne-mein-Smartphone-Generation ist also gedacht – und den so genannten Silver- Agern wird in diesem Jahr erstmals eine eigene Festivalreihe gewidmet: Im Labor Urbanes Altern, das in der 1. Etage der Neukölln Arcaden ein- barbara duisberg_labor urbanes altern_neukölln arcaden_48 stunden neukölln-pkgerichtet ist, sol- len die Senioren stärker in den Fo- kus genommen und einbezogen werden. Neben einer Ausstellung der Berliner Künstlerin Barbara Duisberg gibt es Audio-Installationen, ein Medien-Center, Performances und verschiedene Projekte, die auf die Förderung des intergenerativen Dialogs ausgerichtet sind und somit zum Perspektivwechsel einladen. „Dieses Anliegen“, informiert Thorsten Schlenger, der die Reihe betreut, „wird auch bei den nächsten Festivals fortgesetzt.“ Die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land habe bereits das Sponsoring für 2014 labor urbanes altern_48 stunden neukölln-pkund 2015 zugesagt.

Einen weiteren 48 Stunden Neukölln-Schwer- punkt schafft die Veranstaltungsreihe Kunst und Kult – Stimmen der Religionen, die von Fran- cesco Mammone kuratiert wurde. „Hier liegt der Akzent auf dem Dialog zwischen Künstlern und Gemeinden“, erklärt er. Fünf Gotteshäuser in Neukölln beteiligen sich an der Reihe, ebenso fünf Künstler: „Bei der Zuordnung war es uns wichtig, dass sie nicht der entsprechenden Glaubensgemeinschaft angehören.“ Das Ergeb- nis seien intensive, künstlerisch-religiöse Aus- einandersetzungen einer Buddhistin mit der katholischen Sankt-Clara-Gemeinde, einer Ka- tholikin mit der Sehitlik-Moschee, einer Muslima mit der Herrnhuter Brüdergemeine, eines muslimisch-katholisch sozialisierten Künstlers mit der evangelischen Gene- zareth-Gemeinde und einer Künstlerin, die im griechisch-orthodoxen Umfeld auf- geheimnisvolle tür_48 stunden neukölln-pkwuchs, mit dem Sri-Ganesha-Hindutempel.

Heute um 19 Uhr wird das Kunstfestival, im Kesselhaus der ehemaligen Kindl-Braue- rei an der Werbellinstraße eröffnet. Bis Sonntagabend kann dann, so Auguste Kuschnerow, die Sichtweise auf Fremdes geschärft und das Wechseln von Stand- orten und Perspektiven erlernt werden. Wer das mit dem 28-seitigen Programm als Wegbegleiter tun will, sollte nicht nur an gutes Schuhwerk, sondern – bei nicht mehr ganz so guten Augen – auch an die Lese- brille denken. Sonst bleibt die Sichtweise auf weite Passagen des Heftes ver- schwommen und wird das Wechseln von Standorten und Perspektiven zur echten Herausforderung.

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An einem Tisch

tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neukölln„Wo ist bitte um 14 Uhr die Podiumsdiskussion?“, fragt die alte Dame und spricht dabei seeehr langsam und deutlich. Die junge Muslima, die neben der Tür zum Gebetssaal im tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neuköllnErdgeschoss der  Şehitlik-Moschee steht und zum Service-Team der Moschee gehört, hört ihr lächelnd zu. „Die ist oben in der 1. Etage. Gehen Sie einfach links oder rechts die Treppe hoch! Wenn es Sie interessiert, können Sie auch nach der Diskussion an einer Führung durch die Moschee teilnehmen. Die beginnt um 15 Uhr“, erklärt sie in tadellosem, akzentfreiem Deutsch. Irritation dominiert das Mienenspiel und die Stimme der Besucherin, als sie „Danke für die Auskunft“ stammelt und den Weg zur rechten Treppe einschlägt. Diese Art  der

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Ansprache sei gerade beim Tag der offenen Moschee keine Seltenheit, sagt die Frau mit dem Kopftuch verständnisvoll. Da merke man sehr deutlich, wie viele Leute in ihrem Alltag nie mit Muslimen im Speziellen oder Menschen mit Migrationshinter- grund im Allgemeinen zu tun haben und in Klischees festhängen.

Die breite Tür zum prächtigen Hauptsaal mutiert zum Nadelöhr. „Schuhe aus!“ gilt für die, die hinein wollen. Wer barfuß oder auf Socken heraus kommt, findet kaum Platz, um wieder ins Schuhwerk zu schlüpfen.

Am Tisch im Gebetsraum haben Elisabeth Kruse, die Pfar- rerin der benachbarten Genezareth-Gemeinde, Levi Salomon vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemi- tismus und Ron Weber von der Şehitlik-Moschee neben der Moderatorin Platz genommen. Das Thema, das sie in der kommenden Stunde diskutieren wollen, ist brandaktuell und heißt „Schmähung, Meinungsfreiheit, Religion – wie gehen wir als tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neuköllnGesellschaft damit um?“.

tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neuköllnMit der an die Christin in der Runde gerichtete Frage, wann die Grenzen der Mei- nungsfreiheit erreicht sind, eröffnete die Moderatorin das Gespräch. „Ich begrei- fe“, erklärte Elisabeth Kru- se, „wie sehr das so ge- nannte Mohammed-Video eine Zumutung für die Muslime sein muss,“ Aber sollte es nicht doch möglich sein, frage sie sich, Kritik, die unsachgemäß und beleidigend ist, einfach zu ignorieren?“ Leider, so die Pfarrerin, sei jedoch genau das Gegenteil passiert: Viele Muslime hätten sich aufstacheln und zu Gewalt verleiten lassen. „Mit Gewalt auf Schmähungen zu reagieren, gehört absolut nicht zu unserer Religion“, entgegnete Ron Weber. Schon die  Aufrufe zu Gewalt seien grundsätz- lich falsch und ein Zeichen dafür, dass „nicht alle Muslime repräsentieren, was unsere Religion von uns möchte.“ tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neuköllnWas man jedoch bedenken müsse, ist der hohe Stellenwert, den die Propheten bei den Gläubigen haben. Daher würde man sich für sie einsetzen, wie man es bei- spielsweise auch bei Beleidigungen gegenüber Familienmitgliedern tun würde. „Die Schmähungen sind ein Angriff auf die Demokratie“, stellte Levi Salomon klipp und klar fest.

Mit der Frage, wie man auf politische Ebene mit dem Problem umgehen solle, ging es in die nächste Runde. „Es kann nicht Aufgabe unseres Staates sein, Religionsgemeinschaften vor Kritik zu schüt- zen“, fand Elisabeth Kruse. In einer freien Gesellschaft, fuhr sie fort und erntete damit Applaus, müssten alle Religionen lernen, etwas auszuhalten: „Auch das Aus- halten von Verletzungen gehört zur Demokratie.“  Dem wollte Levi Salomon nur bedingt folgen. Trotzdem müssten irgendwo Grenzen gezogen werden, da „demokratiefeindliche Phänomene gesellschaftsver- nichtend sind und die gesamte gesellschaftliche Ord- nung infrage stellen.“ Nur wo ist die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung, griff Ron Weber, der von Hause aus Jurist ist, Salomons Argumentation auf. Letzteres sei definitiv ein Straftatbestand, ersteres ein Grundrecht. Grenzüberschreitungen seien oft fließend und müssten folglich tag der offenen moschee 2012, sehitlik-moschee neukölln, elisabeth kruse, levi salomon, ron weberimmer im Ein- zelfall geklärt werden.

Große Einigkeit herrschte indes in einem Punkt: Solidarität und der Zu- sammenhalt der Religionen seien das A und O. „Nur gemeinsam sind wir stark“, konstatierte Levi Salomon (2. v. l.) „Wichtig ist“, so Elisabeth Kruse (r.), „dass wir uns besser kennen lernen und das Vertrauen zueinander wachsen lassen.“ Dann könne es auch möglich sein, sich gegenseitig mit Dingen zu konfrontieren, die für den anderen etwas sperrig sind. Anlässe wie der Tag der offenen Moschee und eine grundsätzliche Öffnung in die Gesellschaft, wie sie von der Şehitlik-Moschee praktiziert werde, seien für das Verständnis unverzichtbar, betonte Ron Weber (l.): „Dass es hier so voll ist, beweist doch, dass sich die Gesellschaft für Muslime, den Islam und unsere Moschee interessiert.“ Und das erlebe man hier täglich bei den Führungen.

Auch die alte Dame hat sich entschieden, an einer teilzunehmen. „Obwohl ich nur ein paar Kilometer entfernt in Steglitz wohne“, erzählt sie, „kannte ich die Moschee bisher nur aus dem Fernsehen und der Zeitung.“ Aufgeschreckt durch die Vorfälle rund um den Film habe sie nun aber beschlossen, sich eingehender mit der Religion zu beschäftigen. Man könne ja auch mit 83 noch etwas dazulernen.

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Senat erteilt Absage zur Erweiterung des islamischen Friedhofs Neukölln

sehitlik-moschee neuköllnSeit neun Jahren gibt es auf dem städtischen Friedhof Columbiadamm an der Sehitlik-Moschee ein Areal, auf dem Bestattungen nach den Be- stimmungen des Koran durchgeführt werden. Um die 200 Muslime fanden dort bislang Jahr für Jahr ihre letzte Ruhestätte. Nun stehen nur noch rund 50 Grabstellen zur Verfügung – und zugleich zerschlu- gen sich die Hoffnungen des Neuköllner Bezirks- amts, den islamischen Friedhof durch eine 5 Hektar große Fläche des Tempelhofer Felds erweitern zu können. Heute musste Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing bekanntgeben, dass der Senat den Forderungen eine Absage erteilt habe: „Unsere jahrelangen  Bemühungen für eine Zukunft der muslimischen Bestattungskultur an zentraler Stelle sind damit buchstäblich zu Grabe getragen worden!“ Andere Flächen könnten in Neukölln nicht angeboten werden.  „Insbesondere die Neuköllner und Kreuzberger Muslime sind“, so Blesing, die Leidtragenden dieser Entscheidung – und das im doppelten Sinne.“ Die Absage des Senats, erklärt der Baustadtrat, wird mit der seit Öffnung der Tempelhofer Freiheit gewachsenen Nutzung des bean- städtischer friedhof columbiadamm, muslimische bestattungen, neuköllnspruchten Geländes als baumbe- standene Picknick-Area begründet. Eine Umwidmung der Fläche würde demzufolge zu Nutzungskonflikten führen.

Damit ist nun fakt, was Ender Cetin von der Sehitlik-Moschee bereits im Frühjahr befürchtete: Dass Muslime in Berlin bald nicht mehr entspre- chend ihrem Glauben bestattet wer- den können. Zwar gibt es auf dem Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau ebenfalls einen islamischen Teil, doch auch auf dem sind nur noch Restplätze vorhanden, und eine Erweiterung ist – wie es heißt – nicht möglich, weil dem Bezirk die finanziellen Mittel zur Erschließung des vorhandenen Platzes fehlen.

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Irgendwas ist immer

sommerfest sehitlik-moschee berlin-neukölln„Erst die schwierige Parkplatzsuche und dann die Enge hier.“ Die Rentnerin, die extra aus Potsdam mit ihrem Mann, ihrem Sohn und dessen Tochter nach Neukölln gekommen ist, um zum ersten Mal die Sehitlik-Moschee am Columbia- damm zu besuchen, ist sommerfest sehitlik-moschee berlin-neuköllnetwas genervt. Aber eigentlich finde sie alles ganz wunder- bar und faszi- nierend, sagt sie. Eine Moscheeführung habe die Familie schon mitgemacht, bei der Ebru– und Henna-Malerei zuge- sehen und bestens gegessen, während der Comedian Murat Topal nur wenige Meter entfernt auf der kleinen Bühne für kurzweilige Unterhaltung sorgte, anmoderierte, Kindern  Quizfragen  stellte und als  Auktionator  Kunst ans

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Publikum brachte. „Bisher kannten wir den jungen Mann, genauso wie die Moschee, nur aus dem Fernsehen“, sagt die Potsdamerin. Auch mit Muslimen habe sie im Alltag nur selten zu tun. Hier ist sie ihnen ganz nah – und verwundert, dass anscheinend recht wenige Nicht-Muslime sommerfest sehitlik-moschee berlin-neuköllndas Sommerfest zur Kontaktaufnahme nutzen. Das habe sie sich doch anders vorgestellt.

Auch Ender Cetin, Vorstandsvorsitzender der Sehitlik-Moschee, kann mit dem Fest nicht rundum zufrieden sein, das außer einer Feier- lichkeit zugleich eine Reaktion auf Drohbriefe und Anschläge auf die Gemeinde war. Mit  „über 5.000 Gästen“  und vielen Besuchern, die nicht der Gemeinde angehören und Interesse und Solidarität beweisen, hatte er im Vorfeld gerechnet. Klar war ihm auch, dass der Samstag der stärkere Tag werden würde: „Durch das Radrennen am Sonntag über den Columbiadamm wurden nicht nur wir zu Kompromissen gezwungen, sondern auch unsere Besucher müsssen Unannehmlichkeiten hinnehmen.“ Dass das Neuköllner Ordnungsamt keine Sondergenehmigung erteilte, auf dem Bürgersteig vor der Moschee Stände auf- zubauen, um das Platzproblem auf dem Grundstück ein wenig zu entspannen, sei skoda-velothon berlin, sperrung columbiadamm, sommerfest sehitlik-moschee berlin-neuköllneine Sache. Dass der Straßenab- schnitt am Sonntag komplett für den Autoverkehr und somit auch das Parken gesperrt sei, werde nicht ohne Auswirkungen auf die Gästezahl blei- ben, ahnte Ender Cetin. Insgesamt waren es letztendlich nur rund 3.000 Besucher, teilte das Büro der Sehitlik-Moschee heute mit.

Wegen des Radrennens hätten auch sie sich für den Sonnabend entschieden, sagt die Potsdamerin und fragt: „Warum hat die Moschee ihr Sommerfest denn dann nicht aufs nächste Wochenende gelegt?“ An dem ist das Kulturfestival 48 Stunden Neukölln, das zwar keine Straßensperrungen, dafür aber 600 Konkurrenz-Veran- staltungen bedeutet.

=ensa=

Premiere: Theater in der Sehitlik-Moschee

sehitlik-moschee neukölln„Passt ein Theaterstück über interreli- giöse Konflikte überhaupt in unsere Mo- schee? Das haben wir uns oft gefragt“, bekennt Ender Cetin. Der Vorstands- vorsitzende der Sehitlik-Moschee steht vor der kleinen Bühne im Keller der Moschee. Vom Prunk und der Farbenpracht des theaterstück "was du nicht siehst", sehitlik-moschee neuköllnGebetssaals ist hier nichts ange- kommen. Über eine schmale, steile Treppe geht es hinab in den schmucklosen Veranstaltungsraum, der fast bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Den Großteil des Publikums machen Menschen aus, denen der Islam näher ist als das Christentum. Aber auch viele, bei denen es eher umgekehrt ist, sind der Einladung gefolgt. „Es ist das erste Mal überhaupt, dass wir hier ein Theaterstück zeigen“, sagt Ender Cetin und bietet an, alle Interessierten nach der Aufführung und der anschließenden Podiumsdiskussion noch durch die Moschee zu führen.

theaterstück "was du nicht siehst", claudia mooz, korkmaz arslan, gamze alakus, sehitlik-moschee neuköllnIn sieben Berliner Schulen und einem Theater haben die vier Schauspieler mit Rolf Kemnitzers Stück  „Was du nicht siehst“  bereits gastiert. Der Auftritt unter den Minaretten einer Moschee ist auch für sie eine Premiere: Claudia Mooz spielt die Rolle der Odette, Michael Gerlinger  den Lehrer Lauer, der zugleich Odettes Vater ist, Korkmaz Arslan die des arabischen Jugendli- theaterstück "was du nicht siehst", korkmaz arslan, michael gerlinger, sehitlik-moschee neuköllnchen Jamal und  Gamze Alakus  gibt Gülay, eine Schülerin mit türkischen Wurzeln.

Es ist die Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern, die in „Was du nicht siehst“ erzählt wird, quasi eine adaptierte, mit aktuellen Kon- flikten angereicherte Version von Shakespeares theaterstück "was du nicht siehst", claudia mooz, korkmaz arslan, gamze alakus, michael gerlinger, sehitlik-moschee neukölln„Romeo und Julia“: Denn Odette ist christlich und Jamal muslimisch sozialisiert. Die religiösen und kulturellen Unterschiede sind folglich groß, und entsprechend klischeebelastet versuchen sie sich am Miteinander. Aber die Auseinanderset- zung mit Tradiertem und dem Charakter von Religionen beschränkt sich nicht auf sie, sondern fördert außerdem Probleme unter den Freundinnen sowie zwischen Lehrer und Schüler zutage. Auch die Vater-Tochter-Konflikte spitzen sich zu, nicht zuletzt dadurch, dass Odette beschließt, Muslima zu werden. Das gehe schneller als Tütensuppe, kündigt sie an.

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v. l.: Claudia Mooz, Gamze Alakus, Elisabeth Kruse, Rolf Kemnitzer, Ender Cetin, Korkmaz Arslan, Michael Gerlinger

Länger als bei den vorherigen Auf- führungen in Schulen dauert es, bis  das Publikum die Eindrücke des knapp einstündigen Stücks verarbeitet und Fragen oder State- ments formulieren will. „Jugend- liche reagieren wesentlich spon- taner“, stellt Regisseur Rolf Kem- nitzer fest und wendet sich zu- nächst an Ender Cetin. Der gibt zu, dass er vorher durchaus Bedenken wegen dramaturgischer Zuspitzungen und Übertreibungen gehabt habe. Aber das  sei alles in Ordnung gewesen – und „sogar die Knutsch-Szene war islamisch akzeptabel“, findet Cetin. Über die, erwidert Kemnitzer spürbar erleichtert, habe er vorher auch mit den Schauspielern diskutiert. Man sei schließlich überein gekommen, sie im Stück zu lassen. Anders als sonst sei Odette allerdings nicht im bauchfreien Bühnen-Outfit aufgetreten. „Ich hab zwar mehr Interesse an Differenz als an Toleranz und suche Reibung und Kommunikation“, stellt der Regisseur und Autor klar, „aber ich akzeptiere auch die Umgebung einer Moschee und damit verbundene Kompro- misse. Wir wollten hier ja unbedingt spielen.“

Im Grunde, sagt Ender Cetin, werde der Inhalt des Stücks in der Sehitlik-Gemeinde gelebt: „Es gibt bei uns diverse interreligiöse Beziehungen.“ Das widerspreche dem Koran nicht, der schließlich kein Ge- und Verbotskatalog sei. „Genauso wenig wie die Bibel“, ergänzt er. Sie wisse leider nur wenig über bireligiöse Beziehung, muss Elisabeth Kruse zugeben. Die Pfarrerin der benachbarten Geneza- reth-Gemeinde, die ihren Platz im Zuschauerraum gegen einen auf der Bühne getauscht hat, ist tief beein- druckt von der vorherigen Stunde: „Das Stück hat mich sehr ergriffen, aber wegen der Darstellung der Klischees auch traurig  gemacht.“ Religionen würden leider oft als Vorwand genutzt, um Mauern zwischen Menschen zu bauen, bestätigt Ender Cetin. Mit der  enge Kooperation zwischen seiner und der protestantischen Gemeinde im Schillerkiez versuche man, dagegen an zu gehen. „Das Problem ist leider“, findet Elisabeth Kruse, „dass der interreligiöse Dialog, der durchaus stattfindet, nicht so viele Schlagzeilen macht wie die interreligiösen Konflikte.“

Jetzt haben auch viele Zuschauer aus dem Publikum ihre Zurückhaltung aufgegeben, erzählen von eigenen Erfahrung mit ihrem Glauben und von bestens funktionierenden bireligiösen Beziehungen. Ein Mann möchte von den Schauspielern wissen, wie die sich auf ihre Rollen vorbereitet und was diese in ihnen bewegt haben. „Die Beschäftigung mit der Rolle der Gülay hat auch im Privaten etwas geändert“, berichtet Gamze Alakus. Sie habe sogar mal ausprobiert, wie es ist, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen. Korkmaz Arslan, selber Alevit, orientierte sich bei der Vorbereitung stark an einem realen Vorbild: „Mein bester Freund ist Jamal sehr ähnlich.“ Die Beschäftigung mit der Rolle vom Lehrer Lauer habe ihn sehr stark mit seinem eigenen Verhalten konfrontiert, erinnert sich Michael Gerlinger. Er habe dadurch definitv erfahren, dass Toleranz Grenzen hat.

„Respekt“, ist eine Frau aus dem Publikum überzeugt, „ist das Wichtigste. Und das versuche ich auch meinem Sohn mitzugeben.“ Rolf Kemnitzer findet, dass es kein besseres Schlusswort für diesen ungewöhnlichen Theaterabend geben könne.

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In der Neuköllner Vielfalt gestrauchelt

„Religionen in Neukölln“ heißt eine neue, vom Ressort des Migrationsbeauftragten im Neuköllner Bezirksamt heraus- gegebene Broschüre – und de- ren Präsentation muss zunächst mal als ziemlich misslungen bezeichnet werden. Ausgerech- net auf den 29. September hatte Neuköllns Migrationsbeauftrag- ter Arnold Mengelkoch die Vor- stellung des Nachschlagewerks in der Genezareth-Kirche gelegt: auf Rosch ha-Schana, den Tag des jüdischen Neujahrsfest. Ein Fauxpas, der zur Folge hatte, dass sich verständlicherweise kein einziger Vertreter der jüdischen Gemeinde bei der Veranstaltung blicken ließ, um sich in die Riege der Protagonisten anderer Glaubensrichtungen einzureihen.

88 in Neukölln ansässige religiöse Gemeinschaften führt die in einem leider recht dubiosen Ordnungsschema  gestaltete Broschüre auf: christliche und islamische verschiedenster Ausrichtungen, hinduistische und jüdische sowie kleinere Glau- bensvereinigungen von der Universalreligion Bahai bis zu den Rosenkreuzern. Lediglich Kontaktdaten und Internetadressen sind genannt, über die  Inhalte und Angebote der einzelnen Gemeinden er- fährt man nichts. Ganz bewusst, wie Arnold Mengelkoch betont: „Das Heft soll in erster Linie die Vielfalt der Religionen in Neu- kölln darstellen und die Vernet- zung untereinander initiieren.“ An letzterem Punkt setzte dann auch das Programm des Abends an. Zwischen einer beeindruckenden Musik- und Derwisch-Tanz-Einlage des Sufi-Ensembles und dem Auftritt der Gruppe Salsabil berichteten die Vertreter der 22 anwesenden Gemeinden in Kurzform von ihrer Arbeit, um den Einstieg ins gegenseitige Kennenlernen einzuleiten. In einer zweiten Runde wurden die interreligiösen Begegnungen durch Gespräche in wechselnden Kleingruppen über vorgegebene Themen intensiviert. Um religöse Lieblingsfeste, die Bedeutung der Symbole der verschiedenen Glaubens- richtungen und Wünsche an das Mit- einander der Religionen ging es – vor dem Gang zum Büffet.

Interessierte erhalten die Broschüre „Religionen in Neukölln“ beim Migra- tionsbeauftragten im Bezirksamt Neu- kölln.

Einblicke in den Islam und die Arbeit islamischer Gemeinden in Berlin ver- mittelt der morgige Tag der offenen Moschee. Mit der Yeni-, der Gazi Osman Pasa– und der Sehitlik-Moschee sowie dem Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum Berlin und der Neuköllner Begegnungsstätte nehmen auch fünf Neuköllner Moscheen daran teil und bieten Führungen an. Ebenfalls morgen lädt das Sufi-Zentrum Berlin ab 15 Uhr zum Tag der offenen Tür ein – und zum Mitmachen beim Derwisch-Drehen.

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