Nachfeier des 7. Schillermarkt-Geburtstags

aenderungsschneiderei herrfurthplatz_neukoellnMan schrieb das Jahr 2009, und der Schillerkiez war Neuköllns trister Vorposten zu einem großem Nichts, dem Tempelhofer Feld. Dort war der Flugverkehr zwar bereits 2_eroeffnung schillermarkt 2009-05-16_neukoellneingestellt, aber bis zur Öffnung des Freizeitareals sollte noch ein Jahr vergehen. Auf dem Herrfurthplatz stand noch eine Telefonzelle und rund um den Platz gab es einen Supermarkt, die Filiale des Beschäftigungsträgers Bequit eine Apotheke, eine Kita, eine Änderungsschneiderei, das SPD-Bürgerbüro, einen Kulturverein und eine Eckkneipe.

Noch trostloser sah es allerdings in anderen Straßen des Kiezes aus. Kurzum – mit dem Schillerkiez von heute hatte der Schillerkiez damals kaum Weiterlesen

Entschärfung einer Problemzone

Die Situation ist kompliziert, für alle Beteiligten, egal ob stehende, laufende oder fahrende. Der Bereich um das Tor zum Tempelhofer Feld an der Herrfurth-/Oder-straße stadtplatz oderstraße_neukoellnschafft Konflikt- und Kollisionspotenzial en masse. Autofahrern ist hier Schritttempo zu empfehlen, Radfahrer kommen aus allen mögli-chen Richtungen und Fußgänger wollen aufs Feld, von ihm herunter oder über die Straße 645, die keine Straße ist, in Richtung Columbiadamm.

Kaum jemand, der sich nicht über eine übersicht-liche Verkehrslage innerhalb der Problemzone freuen würde: Diesen Ansatz beackern seit letztem Monat vier Studentinnen, die für ihre Masterarbeit ein Projekt durchführen, das in den Entwurf einer Weiterlesen

Überlegener Sieger: Desinteresse

Mit dem Satz „Gremien wie der Quartiersrat und die Aktionsfondsjury bilden die Vielfalt der Quartiersbewohnerinnen und -bewohner ab und repräsentieren ihre quartiersrat-wahl_grafik qm schillerpromenade neukoellnunterschiedlichen Interessen und Bedürfnis-se“ leitet ein 2012 vom Quartiersmanagement Körnerpark herausgegebenes Heft das Kapitel „Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung“ ein.

Mit einem erstaunten „Ich wusste gar nicht, dass eine Wahl war!“ reagieren indes viele Bewohner der 11 Neuköllner Quartiersmanage-ment-Gebiete auf die Frage, ob sie den Quartiersrat mitgewählt haben. Getrost bezwei-felt werden darf allerdings, dass sie im Falle der Kenntnis ihre Stimme abgegeben hätten. Denn dass beispielsweise von den etwa 10.000 Weiterlesen

Nix wie weg hier

Nicht nur auf Neuköllns Bürgersteigen und Straßen, auf touristisch attraktiven Märkten wie dem Neuköllner Stoff am Maybachufer oder dem Schillermarkt und in Straßen- cafés war es gestern voll. Auch auf den Wasserwegen wurde es zuweilen eng für die, die dort ihren natürlichen Lebensraum haben. Heute sind es vor allem die Autofahrer

landwehrkanal_neukölln kreuzberg

und Besucher des Tempelhofer Felds, die sich auf Einschränkungen gefasst machen müssen: Wegen des Garmin Velothon Berlin haben Radrennfahrer Vorfahrt.

Frischer Wind für sieben Neuköllner Wochenmärkte

schillermarkt neuköllnNicht jede Veränderung macht sich sofort und auf den ersten Blick bemerkbar. So verhält es sich auch bei den Neuköllner Wochenmärkten, die seit Jahresbeginn unter der Regie einer neuen Marktverwal- tung stehen. Wobei es genau genommen nur sieben der insgesamt 11 Märkte sind: Denn der Schillermarkt (r.) am Herrfurthplatz, der Neuköllner Stoff-Markt am Maybachufer, Die Dicke Linda in Neubritz und der Wochenmarkt auf dem Lipschitzplatz in der Gropiusstadt gehören nicht zum Märkte-Paket, das vom Bezirksamt Weiterlesen

Kleinster gemeinsamer Nenner: vier Kerzen

blumen weyer_sonnenallee neuköllnDer erste olfaktorische Eindruck ist irri- tierend. Natürlich riecht es nach Blumen, saftig-grünen Pflanzen und würzigen Tannen, doch in das florale Duftpotpourri mischt sich bei Blumen-Weyer in der Neuköllner Sonnen- allee noch etwas anderes: das Aroma frischen Kaffees. „Die meisten Leute kennen The Coffee Ape the coffee ape_blumen weyer neuköllnvon Wochenmärkten, aber seit zwei Mo- naten haben wir hier zusätzlich einen festen Stand-platz“, erklärt die Barista an der knallroten Cafébar das ungewöhnliche Shop-in-Shop-System. Blumen und Kaffee, findet sie, würden doch gut zusammen passen. Kunden, die einen individuell und frisch gebundenen Blumenstrauß mitnehmen möchten, können sich die Wartezeit mit einer Kaffeespezialität vertreiben; Dirk Weyer und seine Angestellten müssen keine Kaffeemaschine bemühen, um das gewünschte Koffeinlevel zu halten. „Alle Adventsgestecke und -kränze, die Sie hier sehen, Weiterlesen

Frauensache

„Welche soll’s denn sein?“ Wer nur hinhört, aber nicht hinsieht, wenn Björn Heinrich seine Verkaufsgespräche führt, könnte leicht auf falsche Gedanken kommen. Freya, 1_kartoffeln_kartoffel-planet_schillermarkt neuköllnLinda, Belana, Sieglinde oder Leyla heißen die, die er im Angebot hat. Annabelle aus Zypern, Karlena, Bintje, Miss Blush oder die Rote Laura sind bei ihm ebenfalls zu haben und können gleich mitgenommen oder ins Haus geliefert werden. Allen, die angesichts dieser Auswahl unentschlos- sen sind, kann Björn Heinrich selbstverständlich auch die Vorzüge der einzelnen Kandidatinnen nennen und aufzählen, wofür sie am besten zu Weiterlesen

Alles so schön bunt hier

Ein Mann im rosafarbenen Anzug, das an sich ist schon ein Hingucker – nicht nur in einem Berliner Winter, der als bisher trübster seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den meteorologischen  Annalen dokumentiert werden wird. Aber darum, sein Outfit

obstpräsentation nach thai-art_neuköllntropische früchte_neukölln

zu präsentieren, ging es ihm gar nicht. Auf die tropischen Früchte sollte die Aufmerksamkeit der Passanten am Herrfurthplatz gelenkt werden, wo heute wieder der Wochenmarkt aufgebaut wird. Nein, verkaufen wolle er sie nicht, sondern sie nur als kunstvoll aufgetürmtes Arrangement zeigen, wie es in Thailand üblich ist. Außerdem wolle er mit der bunten Exotik von A wie Ananas über P wie Pitahaya bis Z wie Zitrone einen Kontrapunkt zum grauen Neuköllner Himmel setzen. Seit gestern sieht der schon sehr viel freundlicher aus.

Regen, Hagel, Kälte, Böen und rare Lichtblicke

2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neukölln, wetter-kapriolenWodurch nur, fragen sich die Leute vom Pro Schillerkiez, haben wir es uns mit dem Wettergott so dermaßen versaut? „Bei unserem Adventsmarkt am 26. November war es wärmer“, meint Beate Hauke, die Vorsitzende des Vereins, und liegt damit richtig.  Damals schaffte es die Temperatur locker über die 5 Grad-Hürde, vorgestern 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neukölln, grognicht. So geriet der am Oster- samstag vom Pro Schillerkiez veranstaltete Ostermarkt auf dem Neuköllner Herrfurthplatz zu einer skurrilen Mischung aus Winter- und  Frühlings-Event.

Heißer Grog, leuchtende Primeln, Sonnenbrillen, Hand- schuhe, Regenschirme und Wetter in seiner ganzen Viel- falt – wer Gegensätze mag, 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neukölln, japanische kirschehatte reichlich Gründe, sich auf dem Markt wohlzufühlen. Doch viele waren es nicht, die das Kontrastprogramm zu schätzen wussten. „Der Markt war einfach kein Ort, an dem man sich gerne längere Zeit aufhalten wollte“, muss Beate Hauke einräumen. Noch härter als die Besucher, die nach eigenem Gutdünken kommen und gehen konnten, traf es aber die Menschen hinter den Marktständen, die Kunst, Handarbeiten, Gebasteltes und Selbstgebackenes oder -gekochtes unters Volk bringen wollten.

Während sich die professionellen Markthändler, die Woche für Woche auf dem Markt im Schillerkiez ihre Produkte anbieten, längst an Wetter-Kapriolen und die 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neuköllndortigen äußerst ungemütlichen Windverhältnisse gewöhnt haben, wurden sie für die Amateure zur Herausforderung. „Was wir vergessen haben, sind Styroporplatten zum Draufstellen, gegen die Kälte von unten“, bedauert Christian Hoffmann vom Pyrami- dengarten Neukölln. „Und das Bedrucken der Etiketten per Tintenpisser war auch 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, bio-honig pyramidengarten neukölln, neuköllnkeine gute Idee.“ Eini- ge der Chutney-, Honig- und Marmeladengläser haben ziemlich unter den Regen- und Hagelschauern gelitten, die vom Wind quer  durch die Stände gedrückt wurden. Andere packten gar nicht erst ihr komplettes Sortiment aus oder gaben vorzeitig entnervt, durchge- 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neuköllnfroren und mit von der Feuchtigkeit lädierten Bildern auf. Auch dem Pro Schillerkiez-Infostand musste zwischendurch wieder zu Stabilität ver- holfen werden – bis eine Böe ihn knapp zwei Stunden vor dem Ende des Markts völlig zerlegte.

„Das mit dem Wind ist auf der östlichen Seite des Herrfurthplatzes ein großes Problem“, sagt Beate Hauke. Kommt der vom Tempelhofer Feld, drückt er sich  an der Genezareth-Kirche vorbei durch die Herrfurth- in Richtung Hermannstraße. Noch kritischer ist es, wenn – wie Samstag – mehr als ein laues Lüftchen aus Nordwest weht und mit der Schillerpromenade eine weitere Schneise ins Spiel kommt. Das Ergebnis sind kräftige Turbulenzen auf dem Marktplatz. Der vorgestern erstmals von der Markt- verwaltung Perske gestartete Versuch, den Wind durch einen parkenden LKW zu stoppen, kann wohl nur als gescheitert betrachtet werden. Effektiver wäre es sicher, wenn der Markt ganz auf die gegenüberliegende Seite umzöge, wo es meist 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neuköllnerheblich windstiller und zudem länger sonnig ist – wenn die Sonne scheint.

Dass der Ostermarkt bei besseren äuße- ren Bedingungen für die Händler lukra- tiver  und die Besucher attraktiver ge- wesen wäre, wissen die Organisatoren des Pro Schillerkiez. Schließlich haben sie es beim ersten Ostermarkt im letzten Jahr 2. ostermarkt schillerkiez, pro schillerkiez e.v., schillermarkt, neuköllnerlebt, bei dem T-Shirt-Wetter herrschte, die Sonne mit den Mienen der Marktbesucher um die Wette strahlte, die Hasen in ihren Plüschkostümen schwitzten statt froren und die Mühen der wochenlangen Vorberei- tungen mit einem schönen Fest belohnt wurden.

Auch den Stress der Organisation eines kleinen Kulturprogramms hätten sich die Veranstalter rück- blickend für die zweite Ostermarkt-Auflage sparen können. Für die Tontechnik, die  die Sängerin Milistu für ihre Chansons und die Teilnehmer einer Schreibwerkstatt für ihre Lesung gebraucht hätten, war es unter freiem Himmel zu nass. Für die Outfits der Familie Khajuria, die auf dem Markt indische Tänze präsentieren wollte, zu nass und zu kalt. „Hätte es nicht kurzfristig die Möglichkeit gegeben, die Auftritte nach nebenan ins Café Selig zu verlegen“, so Hauke, „hätten wir sie ganz absagen müssen.“ Dem Streben der Veranstalter, die Attraktivität des Schillermarktes durch künstlerische und kulturelle Angebote zu steigern, half es dort aber gewiss nicht.

Im nächsten Jahr fällt der Ostersamstag auf den 30. März. Damit steht also schon jetzt fest, dass der dritte Ostermarkt  launischem April-Wetter knapp entgehen wird.

=ensa=

Begegnung der anderen Art: Expedition trifft Demonstration

Gestern Nachmittag im Neuköllner Schillerkiez: Wochenmarkt auf dem Herrfurthplatz, mehr Inventar des städtischen Fuhrparks als Privatautos rund um die Genezareth-Kirche, viele Leute im schwarzen Demonstranten-Outfit und Polizeibe- amte in obligatorischen Schutzmon- turen zwischen Anwohnern und Spa- ziergängern. Und mittendrin: Rein- hold Steinle samt Aktentasche und Gerbera und mit einer Gruppe im Gefolge, die sich von Neuköllns pro- minentestem Stadtführer den Schiller- sowie den benachbarten Rollbergkiez zeigen lassen will.

Knapp 10 Frauen und Männer waren diesmal dabei, obwohl das Wetter eher dazu einlud, es sich an der warmen Heizung gemütlich zu machen. Die Temperatur schaffte es nicht ins Plus, lag gefühlt sogar im zweistelligen Minusbereich. „Ein Mann schwächelte schon etwa eine Viertelstunde nach dem Start und verabschiedete sich wegen der Kälte“, erzählt Reinhold Steinle. „Wir anderen sind dann aus rein kul- turellem Interesse länger im Schillerpalais und in der Genezareth-Kirche geblieben, man könnte aber auch sagen: Wir wollten uns in beiden Orten aufwärmen.“

Die Demonstration beeinflusste die Dauer der Kiezerkundung erheblich weniger: „Wir liefen einfach zwischen den ganzen Grünen und Demonstranten hindurch. Einige Polizisten schmunzelten und andere schauten erst recht ganz streng.“ Wofür oder gegen was die Protestler auf den Beinen waren, wussten weder Steinle, noch seine Expeditionsteilnehmer, noch die von ihnen befragten Passanten. Das erfuhren manche erst durch die Meldung im ersten Nachrichtenblock der rbb Abendschau (ab 1:29 Min.). Auf die Frage eines Teilnehmers, ob Demonstrationen im Schillerkiez ein Dauerzustand seien, hatte Steinle dagegen sehr wohl eine Antwort: „Ich konnte ihn beruhigen und das zum Glück verneinen.“ Die nächste Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, gibt es am 25. Februar: Dann sind die International Urban Operations Conference und der 15. Europäische Polizeikongress schon Vergangenheit.

=ensa=

Wärmender als Tee oder Glühwein

„Natürlich kann man es damit abtun, dass es de- ren Job ist“, sagt sie, schiebt ihren Rollator ein paar Meter weiter, greift in den Baumwollbeutel, der auf der Sitzfläche liegt, zieht einen kleinen Weih- nachtsstern mit rotem Übertopf heraus und über- reicht ihn Hardo Wagner. „Ein kleines Dankeschön dafür, dass Sie bei jedem Wetter jeden Sonnabend hier auf dem Markt stehen“, erklärt sie dem zwischen überrascht und berührt schwankenden Mann, der Woche für Woche seinen Verkaufsstand mit Marmeladen, Chutneys und selbstgezüchteten Pilzen am Neuköllner Herrfurthplatz aufbaut.  Wagner lässt seinem Dankeschön die Bemerkung folgen, dass das doch selbstverständlich und ein Geschenk dafür nicht nötig sei. „Weiß ich“, entgegnet sie lächelnd, „aber diese kleine Anerkennung ist mir trotzdem ein Bedürfnis.“ Weiter geht es zum Markthändler am Nachbarstand.

Da müsse man schon viel Tee oder Glühwein trinken, bis einem von dem so warm wie von einer solch netten Geste wird, findet Hardo Wagner. Heute steht der Mann mit dem altgermanischen Vornamen wieder auf dem Schillermarkt, gewappnet gegen böigen Wind und die angekündigten Regenschauer. Vor einem Jahr waren es klirrender Frost und Schnee.

=ensa=

Die süße Seite der Gentrifizierung

Klirrende Kälte, Schnee, blauer Himmel und Sonne – das Wetter hatte es gestern wahrlich gut gemeint: Mit den Aktiven vom Pro Schil- lerkiez, die einzig mit einer N+Förderung von 300 Euro den ersten Adventsmarkt auf dem Herrfurthplatz ge- stemmt hatten, ebenso wie mit denen, die heiße Getränke, Snacks oder sonstiges Wärmendes an- boten und die übli- che  Warenpalette der Schillermarkt-Händler ergänzten. „Sehr schön hier, nette Atmosphäre und zum Glück nicht so überlaufen wie auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt“, waren sich auch die Besucher einig. Manche hatten den Markt zufällig auf dem Weg zum oder vom Tempelhofer Feld entdeckt, andere wollten ganz gezielt bei der Premiere dabei sein. „Schade, dass es das nicht an allen Adventssamstagen gab“, fanden viele. Mit „das“ meinten sie neben dem, was unter freiem Himmel stattfand, auch das Advents- markt-Programm in der Genezareth-Kirche: Der  augen- scheinlich auch für Jüngere of- fene 60+-Chor sang Rock- und Popsongs, Günter Stolacz Operette und Oper, die Gruppe „Tanz rund um den Globus“ machte die Fläche vor dem Altar zum Tanzparkett und Pfarrerin Elisabeth Kruse lud zum Abschluss des Programms zum Weihnachtslieder-Mitsingen ein.

Auch draußen war Mitmachen angesagt: Ein Weihnachtsmann stapfte über den Markt und belohnte Kinder, die ihm Weihnachtsgedichte aufsagten oder Lieder vorsangen, mit kleinen Geschenken. Um etwas Größeres, das nicht mit Gedichten oder Liedern bezahlt werden konnte, ging es dagegen bei einer Versteigerung am Stand der Organisatoren. Stadtteilführer Reinhold Steinle schlüpfte in die Rolle des Auktionators. „Das Haus“, erklärte er, „ist letzte Woche beim Late Light Shopping von Schülern der Akademie Schmöckwitz und Kindern gebaut worden.“ Der Erlös solle der Karlsgarten-Schule für die Um- gestaltung ihres Schulhofs zugute kommen. Die Skepsis, ob sich jemand finden würde, der bereit wäre, einen Betrag weit über dem Mindestgebot zu zahlen, war dem Moderator anfangs deutlich anzu- merken. Doch seine launige An- preisung des recyclebaren Ein- zimmerhauses zog nach und nach  mehr Schaulustige mit Ambitionen, zum Eigenheim-Besitzer zu werden, an. Die 60 Euro-Marke war schnell überschritten; am Ende fand das Haus für 70 Euro einen neuen Eigentümer. Von spon- tanen Unmutsbekundungen à la „Wir wollen solche Luxusbauten nicht hier im Kiez haben“ ließ der sich nicht einschüchtern.  „Das wird die neue Dependance unserer Firma im Schillerkiez“, verriet Christian Hoffmann stolz. Auch aus weiteren Plänen machte er kein Geheimnis: „Eine Gentrifizierung mit Leb- kuchenhäusern, das ist unser Ziel.“ Der Anfang ist gemacht.

=ensa=

„Nachbarinneuköllnaward“: ein Pokal für beispielhafte nachbarschaftliche Leistungen in Neukölln

Ein Award hätte es nicht unbedingt sein müssen. Eine Auszeichnung oder Ehrung hätte es für Beate Hauke auch getan, denn sie findet es furchtbar, dass immer mehr englische Wörter im deutschen Sprachgebrauch zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Trotzdem – gestern bekam sie einen Award: den Nachbarinneuköllnaward.

Alle zwei Jahre wird auf Initiative der Genezareth-Gemeinde jemand aus dem Schiller- oder Rollbergkiez für sein Engagement im Viertel und ein vorbildliches nachbar- schaftliches Verhalten mit dem Preis ausgezeichnet. „Dahinter“, sagt Elisabeth Kruse, die Pfarrerin der Gemeinde, „steckt die Idee, ganz gezielt positive Beispiele hervorzuheben.“  Dass Vorbilder zum Anfassen besonders in Problemkiezen wichtig nachbarinneuköllnaward,beate hauke,neuköllnsein können, sagt sie nicht, doch es würde das Ansinnen abrunden.

Beate Hauke (r.) kennt ihren Kiez rund um die Schillerpromenade seit dem Kindesalter. Und viele, die im Kiez wohnen oder arbeiten, kennen sie. „Bekannt wie ein bunter Hund“ sei sie, sagen die einen. Andere können aus dem Stand diverse Dinge auf- zählen, die Beate Hauke zusammen mit dem Pro Schillerkiez e. V., dessen Vorsitzende sie ist, für ihren Kiez getan hat und noch tut. Dr. Franziska Giffey (l.), Neuköllns Stadträtin für Bildung, Schule, Kultur, Sport und – neuerdings auch! – Europa-Angelegenheiten, die der Umtriebigen gestern beim Nachbarschaftsfest von der Genezareth-Gemeinde und der Stadt und Land Wohnbauten GmbH den Preis überreichte, musste zunächst zugeben, dass sie Beate Hauke bis dato nur namentlich kannte. Früher, sagte sie, habe sie immer E-Mails von ihr bekommen, die einen Überblick über etliche Veranstaltungen in Neukölln gaben: „Jetzt veröffentlicht sie die in ihrem Blog, der täglich beweist, dass Neukölln rockt.“

Doch den „Nachbarinneuköllnaward“ bekam sie, wie aus der Jury zu hören war, in erster Linie für etwas anderes:  für die  Hartnäckigkeit und ihre Bemühungen, dem Schillerkiez wieder zu einem Wochenmarkt zu verhelfen.  Gegen alle Zweifel, ob das klappen würde, entwickelte sie zusammen mit einigen Unterstützern das Projekt Schillermarkt. Im Mai letzten Jahres fand er erstmals auf dem Herrfurthplatz statt, seitdem gibt es ihn wöchentlich, Samstag für Samstag. „Er ist zwar immer noch nicht über die Stadtgrenzen Berlins hinaus bekannt“, sagt Elisabeth Kruse, die zur Jury gehörte, „aber es gibt ihn noch und er ist im Laufe der Zeit immer wichtiger für den Kiez geworden.“ Als Einkaufsort ebenso wie als Treffpunkt für die Anwohner.

Der Aufbau des Schillermarktes sei zweifellos ihr größtes Projekt gewesen, doch kleinere Sachen wie zum Beispiel die vier Kiez-Reinigungsaktionen, die sie 2005 und 2006 organisiert habe, waren für sie genauso wichtig, relativiert Beate Hauke. Den Preis – ein von der Rixdorfer Schmiede gespendeter Pokal, der von dem Auszubildenden Benjamin Hanf entworfen und geschmiedet wurde – sieht sie als „Dankeschön und Anerkennung für die viele ehrenamtliche Arbeit“ , die sie schon in den Kiez gesteckt hat. Er wird einen Platz in ihrem Wohnzimmer bekommen.

„Bisher“, sagt sie schmunzelnd und stolz, „hab ich bestenfalls mal Urkunden für sportliche Leistungen in der Schule bekommen. Das Sammeln von Pokalen war mehr das Hobby meines Sohnes, der Radrennen gefahren ist.“ Beim Einsatz für das nachbarschaftliche Miteinander hat sie die Nase vorn.

_ensa_