Verrückte Welt

Da staunt der Fachmann und … der Reiher wundert sich: Es ist Oktober, das Laub entweder noch grün oder schon bunt, der Himmel strahlendblau und die Menschen sitzen stundenlang in luftiger Sommerkleidung auf Wiesen herum, statt in Woll- pullovern vor den Heizungen. In Berlin ist endlich die kostbare Fracht namens Sommer an- gekommen – zwar ein bisschen spät, aber immerhin. Vergessen ist das Gemaule über den vor 20 Jahren als Feiertag gestrichenen 17. Juni und den als Ersatz in die Bresche gesprungenen  3. Oktober: In diesem Jahr ist das schier Unglaubliche passiert, und der längst nicht mehr neue Tag der Deutschen Einheit dem alten Tag der  deutschen  Einheit  temperatur-  und wettermäßig  in nichts  nach.

   

So hängt sich an den verspäteten Sommer gleich noch die Erkenntnis, dass der gesetzlich verordnete Feiertagstausch  auch für Berliner mit „Nüscht wie raus zum Wannsee“- oder Grill-Ambitionen nicht zwingend einen Nachteil bedeuten muss.

=ensa=

Mehr Zeit im Grünen

Es wirft schon gewisse Konflikte auf, wenn man sich erst im Januar – nachdem klirrende Kälte und Schnee Berlin verlassen haben – in einen Wintermantel verliebt: Die Vorfreude auf den Frühling kollidiert mit dem Bedauern, dass dann aber das neue textile Lieblings- stück  aus dem Hause Sarah Santos zum Trans- pirieren führen würde und in die Sommerpause ge- schickt werden müsste. Da ist es manchmal nicht mehr weit, bis sich der Gedanke ins Bewusstsein schleicht, dass es eigentlich nicht übel wäre, wenn die winterlichen Temperaturen in die Verlängerung gingen, um die Vorzüge des Neuen noch ein wenig genießen zu können.

Und die hat er reichlich – von A wie Aussehen bis Z wie Zweckmäßigkeit. Vor allem für Frauen, die sich einzig durch verschneite und vereiste Wege vom Radfahren abhalten lassen, ist er ein perfekter Begleiter durch die kalte Jahreszeit:  Der dichte, flauschige Stoff (90 % Wolle) nimmt es mit Frost und strammem Ostwind locker auf, und der A-förmige, schwingende Schnitt bietet ein Optimum an Bewegungsfreiheit. Dazu kommt als besonderer Clou der Zwei-Wege-Reißverschluss, der vom Kragen bis zum Saum reicht und dafür sorgt, dass die Oberschenkel beim Radeln wie von einer Wolldecke gewärmt werden. Vorbei ist der Kampf mit durch Bewegung und Fahrtwind ver- rutschenden Vorderteilen, der bei Mänteln mit Knöpfen unvermeidbar ist. Die Speichen lauern dank der  kongenialen Verbindung aus originell-extravagantem und alltagstauglichem Design vergeblich auf neues Futter.

Auch bei den Taschen zeigt sich die Ambition der Sarah Santos-Designer,  dekorative, verspielte und witzige Elemente mit praktischem Nutzen in Einklang zu bringen: Sie enden tief im glockigen, mit einer sich schlängeln- den Applikation verzierten Saum, schlucken viel Inhalt ohne aufzutragen und lassen sich im Eingriff durch einen Tunnelsaum regulieren.

Es ist also nicht nur das freundliche Frühlingsgrün, das den Mantel zum Hingucker und Kontrastprogramm zu seinen in farblicher Tristesse schwelgenden Kollegen macht. Auch die Details an der Vorderseite und am Kragen, der die schlängelnde Applikation vom Saum aufnimmt, stoßen auf Beachtung und führen nicht selten zum Fashion-Smalltalk mit U-Bahn-Sitznachbarinnen, Kellnerinnen, Supermarktkassiererinnen, Buchhändlerinnen und anderen, mit denen man sonst gar nicht oder über andere Dinge reden würde. Für Tage, an denen man lieber unfällig und wortkarg in der Masse untergehen möchte, ist der Grüne folglich ebenso ungeeignet wie bei zweistelligen Plus-Temperaturen. Für letztere gibt es allerdings in der neuen Sarah Santos-Kollektion bereits eine Sommer-Variante des wolligen Wintermodells – in dezenterer Farbgebung, aber deshalb nicht minder markant.

=ensa=