Wenn zwei Neuköllner über die Lessing- höhe reden, kann es sein, dass sie von sehr unterschiedlichen Dingen sprechen. Einer könnte die auf Trümmern des Zweiten Weltkriegs entstandene Grünan- lage zwischen Mittelweg und Kopfstraße meinen, der andere das 1950/51 erbaute Kinder- und Jugendzentrum, in dem vor einem guten halben Jahrhundert Frank Zander seine Musiker-Karriere als Sänger und Gitarrist der Band Gloomys startete. Insofern steckte in der Presseinladung zum ersten Spatenstich für den Umbau der Lessinghöhe gleich eine doppelte Doppel-
deutigkeit: Denn mit Spaten wäre vorgestern dem von Frost durchzogenen Boden nicht beizukom- men gewesen. Also machten sich Neuköllns Jugendstadtrat Falko Liecke (r.) und Baustadtrat Thomas Blesing (l.) daran, das Bauschild vor der
ältesten Kinder- und Ju- gendfreizeiteinrichtung des Bezirks zu enthüllen, um den symbolischen Start- schuss für den Umbau und die Grundsanierung des Haupthauses des zweiteili- gen Gebäude-Ensembles zu geben. „Im November 2014“, schätzt Jürgen Schmeichler, der das Zentrum seit sechs Jahren leitet, „sollte alles abgeschlossen sein.“
1,2 Millionen Euro stellt das Quartiersmanagement Rollberg aus dem Soziale Stadt- Fonds für die Arbeiten zur Verfügung, die nach den Plänen der Architektin Gabriele
Fink (r., mit Jürgen Schmeichler) erfolgen und auf einer engen Einbindung der Kinder und Jugendlichen sowie der Angestellten bei der Neukonzeptionierung basieren.
Welche Räu- me werden für welche Ange- bote benötigt? Wo sollten sie strategisch günstig liegen? Derartige Fragen wurden zuvor in einem moderierten Prozess erörtert und durchgespielt. „Die Weisheit der Vielen zu nutzen, war für uns der wichtigste Ansatz“, beschreibt Kristina Nauditt vom Argo-Team die „nicht immer ganz einfache“ Par- tizipation der Nutzer. Bilder und Filmdokumente aus den 1950er-Jahren, die das seinerzeit von der amerikanischen Regierung finanzierte Gebäude zeigen, waren es schließlich, die Gabriele
Fink auf die Idee eines architektonischen Spagats brachten: Das neu gestaltete Kinder- und Jugendfreizeitzentrum Lessing- höhe wird eine Kombination aus modernster energetischer Sanie- rung und einer Rekonstruktion des Zustands von 1951 sein, der von großen Fenstern und Türen und lichtdurchfluteten Räumen geprägt war. „Aus Sicherheitsgründen wurden viele der Glasflächen einfach zugemauert“, vermutet die Architektin, die die Düsternis ebenso aus dem Gebäude verbannen wird wie Sanitäranlagen aus der Nach-
kriegszeit, alte Stromleitungen und Hei- zungsrohre, die sich unverputzt durch alle Räume des Erd- und Kellergeschosses ziehen. Zusätzliche Eingänge und WCs sollen außerdem die Nutzung des Hauses für externe Veranstaltungen erleichtern.
Dass die Zeit bis zur Wiedereröffnung mit Schwierigkeiten einhergehen wird, liegt für Jürgen Schmeichler in der Natur der Sache: „Bei einem Umbau bei laufenden Be- trieb geht das nun mal nicht anders.“ Die vorübergehende Schließung des Hauses wäre jedenfalls für ihn keine Option gewesen. Da nehmen er, seine Mitarbeiter und auch die Kinder und Jugendlichen lieber Einschränkungen in Kauf: „Während zuerst der Keller umgebaut wird, muss sich eben alles im Erdgeschoss abgspielen. Danach zieht der Betrieb in den Keller um und der Umbau geht im Erdgeschoss
weiter.“
Doch die Umgestaltung werde sich nicht nur auf bauliche Maßnahmen beschrän- ken. „Auch das inhaltliche Profil des Kin- der- und Jugendzentrums Lessinghöhe soll“, so Jugendstadtrat Falko Liecke, „an die Bedürfnisse der Anwohner angepasst werden.“ Lose Konzepte für eine Ergän- zung durch Angebote für Familien mit Kleinkinder gebe es bereits, kündigt er an, bevor er sein Mitbringsel in die Schatzkiste stellt. Alles was der anvertraut wird, werde in Kunstharz gegossen und bei der Eröffnungsfeier der alten-neuen Lessinghöhe
präsentiert. Mit dem Dinosaurier wolle er an ein Klettergerüst erinnern, das lange auf dem Spielplatz der Freizeitzentrums stand, erklärt Liecke.
Sein Kollege Thomas Blesing ist mit klei- nerem Gepäck gekommen. Eine 1 $-Note, findet er, sei genau das richtige Souvenir für die Schatzkiste. Schon deshalb, weil sie ein Andenken an die Amerikaner ist, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Neukölln für den Wiederaufbau gesorgt haben.
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