Für Momente war vorgestern Abend der Geist von Leonhard Cohen und Marilyn Mon-
roe im Saal des Heimathafens Neu- kölln spürbar.
Die Vorstellung des Fujiama Night- club begann erst eine halbe Stunde später als angekündigt. Verzeihlich, da man danach von Morris Perry, dem Initiator des Bühnenprojekts, erfuhr, dass sämtliche Akteure der Show quasi bis zum Heben des Vorhanges für den Abend geprobt hatten.
Die Vorstellung war sehr gut besucht. Was mich freute, war, dass neben vielen jüngeren Leuten auch Menschen in meinem Alter da waren. Das hat für mich immer
etwas Beruhigendes. Im Saal gab es aus- reichend runde Tische, um die jeweils vier Gäste Platz finden konnten. Ich hängte zuallererst meine Jacke zur Platzmarkierung über einen Stuhl und holte mir an der Bar ein Getränk. Und dann hatte ich so richtig Reporterglück: Als ich zurück kam, hatten an meinem Tisch zwei Damen Platz genommen. Schon nach einer Minute waren wir übereingekommen, uns zu duzen, und eine der beiden, Catharina, verriet mir, dass sie die älteste Tanz- schülerin von Morris Perry sei. Sie kenne Morris schon seit den 1980er Jahren, erzählte sie, und vervollkommne seit drei Jahren wieder ihre Stepptanz-Kenntnisse bei ihm.
Perry, der aus Detroit/Michigan stammt, lebt seit Jahrzehnten in Berlin und begann seine Karriere u. a. als Modell, Theater- und und Filmschauspieler. Er habe auch im Kultfilm „Saturday Night Fever“ mitgetanzt, berichtete Catharina. Inzwischen ist Morris Perry überwiegend als Entertainer, Choreograph und Tanzlehrer tätig. Mit der
gleichermaßen von jungen Talenten wie etablierten Künstlern getragenen Mu- sik- und Tanzshow Fuji- ama Nightclub will er „das moderne, interkulturelle Gesicht Deutschlands zei- gen“ und „andere inspi- rieren, die eigenen Träume zu verwirklichen und selbst zum Motor für Optimismus, Mut und Lebendigkeit zu werden“.
In der ersten Hälfte der Show gehörte die Bühne vornehmlich Tanz-, Musik- und Gesangstalente aus Berlin. Folgende zwei Namen werden Ihnen jetzt noch nichts sagen, aber wenn sie in einigen Jahren noch einmal diesen Artikel durchlesen, dann
werden Sie sich sagen: „Ach, die traten damals schon im Fujiama Nightclub auf!“ Suska Ihracky (Ge- sang) & Janis Hagmann (Gitarre, Keyboard) zum Beispiel. Die Stimme von Suska Ihracky ist der Hammer! Ein Ausspruch, der normalerweise seit über 20 Jahren nicht mehr in meinem Wortrepertoire ist. Doch vorgestern kramte ich sogar wieder „Das hat so richtig gefetzt!“ aus meinem Gedächtnis hervor. Zum Beispiel die wunderbare Capoeira-Darbietung von Rogèrio Capoeira Do Mundo, dargeboten von zwei Brasilianern. (Für die Freunde muskulöser Männerkörper: Die sind auch ein Hingucker.) Oder die Band Heartsbeats. Als die das Lied „Hallelujah“ sangen, da spürte ich doch für einen Moment den Geist von Leonhard Cohen im Raum.
Nach sechs abwechslungsreichen Acts im ersten Teil, gab es eine Pause. Doch was heißt Pause? Es wurden von den Künstlern kostenlos an jedem Tisch Tapas gereicht, und Morris Perry forderte auf, beim Verzehr der Snacks mit den Tisch- nachbarn ins Gespräch zu kommen. Dazu gab es auf der Bühne weiter Gesang und
Musik, was hervorragend zur lockeren Pausenatmosphäre beitrug.
Für den zweiten Teil der Show kündigte Perry dann die Auftritte „der Lehrer“ an: Künstler, die seit langem neben ihren Auftritten auch Schüler unterrichten. So gab es zum Beispiel eine tolle Stepp-tanz-Einlage von Katrin Lehmann oder den Auftritt von 4xSample, einem Beat- box-Duo. Augen zu und man hörte eine Möwe schreien, einen Wal blasen und einen Ozeandampfer tuten. War echt der Hammer!
Und das galt für die komplette Show, die an diesem Abend von etwa 40 Künstlerinnen und Künstlern im Saal des Heimathafens Neukölln dargeboten wurde. Besonders unvergesslich wird der Abend für einen Zuschauer sein, der genau an diesem Tag seinen 40. Geburtstag feierte: Ihm zu Ehren stimmte eine Sängerin im kurzen, weißen Kleid das Lied „Happy Birthday“ an. Und ihre Posen dazu – eindeutig Marilyn Monroe!
Die Frage, warum das Projekt Fujiama heißt, beantwortete mir Morris Perry kurz in der Pause: „Der Berg Fuji“, sagte er, „steht für mich als Sinnbild für die Begriffe Frieden und Kraft.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Die nächste Show des Fujiama Nightclub ist am 23. November ab 20 Uhr im Heimathafen Neukölln zu erleben.
=Reinhold Steinle=
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