Einladung zum Gespräch über Ideen, Vorstellungen und Wünsche für Neukölln

schwarzer_wahlkreisbuero neukoelln„Was denken Sie, mit welchen Problemen die Leute hierher kommen?“, fragt Christina Schwarzer. „Zu 90 Prozent mit Problemen aus dem Kiez, die Null mit dem Bundestag zu tun haben“, gibt die vor 39 Jahren am Mariendorfer Weg in Neukölln Geborene selber die Antwort. Seit September 2013 ist sie für die CDU im Bundestag und hält seitdem einmal monatlich in buergerdialog christina schwarzer_neukoellnihrem Wahlkreisbüro in Britz eine Bürgersprech-stunde ab: Neuerdings steht diese unter dem Motto „Schwarzer, wir müs-sen reden“, wird als „neue Reihe des Bürgerdialogs in Neukölln“ proklamiert, ist aber im Kern nichts wirklich Neues, weil die Einladung zum Weiterlesen

„Es wäre mal wieder an der Zeit, ein Haus zu besetzen“

1_kindl-zentrum neuköllnEin Jahr wird es ungefähr noch dauern. Erst im Herbst 2014 soll aus Hallen, in denen früher Bier gebraut und abgefüllt wurde, das KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst geworden sein. Um die Zeit bis 2_kindl-zentrum neuköllndahin ein wenig zu verkürzen und schon vor der Eröffnung Ein- blicke in die sich verän- dernden Räumlichkei- ten zu geben, hat das KINDL die sechsteili- ge Veranstaltungsreihe „Gäste“ initiiert: Sie be- gann im September mit einer performativen Konzert-Installation im Kesselhaus und wurde im November mit einer Diskussion zum The- ma „Nachbarschaften: Die Entwicklung der Stadt“ in der Weiterlesen

Tür ist offen!

2_seniorentheatergruppe sultaninen_nachbarschaftsheim neuköllnMit Frau Yildirim hat Kerstin Schneider leichtes Spiel. Die Tür zur Wohnung der gehbehinderten Rentnerin steht – wie meistens – offen. Deshalb muss die Wohnberaterin nicht mal klingeln, um Frau Yildirim den Umzug in eine schöne, sonnige Wohnung mit allem Komfort schmackhaft zu machen. Um sie herum würden nur Menschen ihrer Peergroup leben, schwärmt Kerstin Schnei- der. Weil Frau Yildirim aber mit dem Begriff nichts anzufangen weiß und sich ihre Zukunft in einer Biergruup weder vorstellen kann noch will, spricht die Wohnberaterin dann doch das Wort „Alten- heim“ unverblümt aus. Wenig später ist der Ver- trag unterschrieben, der Umzug besiegelt, und der Luxus-Sanierung Weiterlesen

Zurück auf Anfang

Das Kapitel Neukölln hört genauso auf, wie es begonnen hat. „Als ich vor 10 Jahren hergezogen bin, hab ich flennend meinen Kram ausgepackt, weil ich kein bisschen Lust  auf Neukölln hatte und niemanden hier  kannte“, sagt sie, den Inhalt des  Trans-

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porters taxierend, der vor dem Haus in der Nähe des Körnerparks steht. „Und jetzt heule ich wieder, weil ich viele wunderbare Leute und Neukölln zurücklassen muss.“ Wäre ihr der Traumjob in Berlin angeboten worden, wäre ein Umzug kein Thema gewesen. „Mit dem Gehalt könnte ich mir sogar die Miete locker leisten, die mein Nachmieter zahlen soll“, meint sie. Die sei doppelt so hoch wie das, was sie mit Werkverträgen und Minijobs für die knapp 60 Quadratmeter aufbringen musste.

Die stärkste Waffe ist die Solidarität!

Schuld an allem Übel dieser Welt ist die Globalisierung: eine recht monokausale Erklärung, die trotzdem bei vielen Zustimmung findet. Bewegen wir uns mit dem Betrachtungshorizont auf lokaler Ebene, wird es komplizierter. Doch es gibt auch hier Menschen, für die es nur  an/aus, schwarz/weiß oder gut/böse  geben darf.

Gerade wurde die Ursache der Gentrifizierung in Neukölln ausgemacht: Tanja Dickert. Sie führt seit vielen Jahren die Ahoj! Souvenirmanufaktur und ist Mitbegründerin der KGB44, der Kreativen Gesellschaft Berlin. Sie ist gebürtige Neuköllnerin, engagiert sich für ihren Kiez. Hier fängt das Problem an. Auf einem Szeneportal wird nun gegen sie als eine Wegbereiterin der Gentrifizierung polemisiert.

Es gibt Menschen, die der Auffassung sind, man könnte Mietsteigerungen, Verdrängung oder vergleichbare Prozesse dadurch besei- tigen, dass z. B. Müllberge die Straßen flan- kieren. „Dreckige Straßen – Niedrige Mieten“ prangt seit fast zwei Jahren an einem Haus in der Boddinstraße. Seitdem hat sich in Bezug auf Sauberkeit nichts drastisch verschlech- tert – verbessert hat sich aber auch nichts, einzig die Mieten sind weiter gestiegen.

Kunst und Kultur sind in den Augen Weniger die nächsten Boten und Wegbereiter der Gentrifizierung. Dass KünstlerInnen das gleiche Recht wie linke Kneipenprojekte, Buchläden oder Fahrradkollektive haben, sich selbstbestimmte Aktionsräume und finanzielle Überlebensstrategien zu schaffen, wird dabei genauso außer acht gelassen wie der Umstand, dass viele der Erwähnten in vergleichbar prekären Situationen leben und arbeiten. Bei den Einen jedoch ist es toleriertes revolutionäres Engagement, bei den Anderen wird es als dumme Selbstausbeutung im Interesse von Kapital und Macht verstanden. Gänzlich unverständlich wird die Hatz auf KünstlerInnen, wenn sich diese auch noch aktiv antifaschistisch, emanzipatorisch und kiezgemeinschaftsstärkend engagieren.

Auf die Idee, dass manche Anti-Gentrifizierungsaktion samt des revolutionären Flairs, den die Aktion zu umgeben scheint, genau den Reiz für Zuzügler ausmacht und sie fast jeden Mietpreis zu zahlen bereit sind, der 10 Euro unter Schwabing-Mitte-Niveau liegt, kommen Menschen eher selten. Die Neuen indes freuen sich, dass sie für ihr Intermezzo in der Haupt- stadt billigen Wohnraum – bei Mün- chener Löhnen – gefunden haben. Und zu Hause können sie den Freunden vom coolen, linken Neu- kölln berichten, ohne sich selber für irgendetwas engagieren zu müssen.

Ich bin vor kurzem von einer tür- kischen Nachbarin angesprochen worden, dass wir unbedingt etwas gegen diese grässlichen Mieterhöhungen im Quartier unternehmen müssen. Langjährige, oft ältere NachbarInnen sind aktuell von Verdrängung betroffen. Von einer Neuköllner Protestbewegung haben sie nichts gehört. Sie fühlen sich auch nicht angesprochen oder sind er- oder abgeschreckt von manchen äußeren Erscheinungsbildern eines berechtigten und notwendigen Kampfes. Wahrgenommen wurde dagegen der so genannte Kreuzberger Weg mit dem Anliegen, eine breite, teils bürgerliche Aktionsgemeinschaft zu formieren und eine große Demo auf die Beine zu stellen. Auch in Neukölln gibt es viele, denen die Situation reicht, die sich engagieren wollen oder es bereits tun. Die meisten von ihnen suchen jedoch nicht die Weltrevolution im Hinterhof und wollen auch keine Müllkippen als Barrikaden gegen Mietwucher errichten. Sie wollen ihr Leben bunt und selbstbestimmt leben. Sie suchen Unterstützung auf Augenhöhe durch Menschen, die sie wahr- und ernst nehmen. Eine Basis dafür ist Vertrauen und Kommunikation auf Kiezebene, gemeinsame Aktionen und gemeinsame Feste. Tanja Dickert ist ein Mensch, der solche Dinge im Kiez gemeinsam mit anderen bewegt.

Wir brauchen keine Spaltereien und keine Fronten untereinander, denn die einzige Chance etwas zu bewirken, ist gemeinsam zu handeln. Wohin elitäres Sektierertum führt, haben viele gescheiterte Kämpfe in der Vergangenheit gezeigt. Vermutlich bin ich nun auch in die „böse Ecke“ gerückt, doch es bleibt mir derzeit nichts anderes übrig, denn für mich gilt immer noch: Die stärkste Waffe ist die Solidarität!

– ein Kommentar von Christian Hoffmann

Sind die Tage der Arbeit im Neuköllner Metallbau-Unternehmen Grön gezählt?

Wenn Matthias Grön Uhrmacher wäre oder sein Geld als Dolmetscher verdienen würde, dann wäre zwar alles genauso ärgerlich, er aber wohl etwas zuversichtlicher. Doch Grön ist  Inhaber einer  Neuköllner Metallbau-Firma und mit der könne man leider nicht mal eben so umziehen. Da müssten tonnenschwere Maschinen bewegt metallbau grön neukölln, foto: matthias grönwerden. Einige in Einzelteile zerlegt, was dann wiederum bedeute, dass sie tagelang nicht zu gebrauchen seien. Es wird Grön trotzdem nicht erspart bleiben.

Mit dem neuen Vermieter gehe gar nichts mehr, vermutet er. Der ist seit November letzten Jahres neuer Eigentümer des Hauses in der Altenbraker Straße 5, wo Gröns im Mai 2004 gegündete Firma ihren Sitz hat: „Rund 200 Quadratmeter hab ich für Werkstatt und Büro angemietet, für eine Bruttokaltmiete von 777,20 Euro.“ Der erste Kontakt zum neuen Hausbesitzer, einem Charlottenburger Consulting-Unternehmen, kam auf schriftlichem Weg zustande – in Form einer Mieterhöhung. „Satte 2.200,31 Euro wollen die nun  bruttokalt haben. Das ist fast das Dreifache von dem, was ich jetzt zahle!“, empört sich Matthias Grön. Nachdem die erste Wut verraucht war, machte er dem Vermieter ein Gegenangebot: metallbau grön neukölln, foto: matthias grön300 Euro mehr als bisher, Monat für Monat. „Mehr“, sagt der Metallbauer, „ist einfach nicht drin. Vor allem wegen der verhee- renden Zahlungsmoral mancher Kunden, die ich immer wieder daran erinnern muss, dass meine Firma kein Kreditinstitut ist.“ Ständig laufe er – nach vorbildlich ausgeführten Aufträgen – Forde- rungen im vier- oder  fünfstelligen Bereich für Löhne und Material hinterher. „Wenn ich Pech hab, meldet der Schuldner Insolvenz an und ich guck in die Röhre.“

Warten musste Grön auch auf die Reaktion des neuen Vermieters: Erst sei gar nichts passiert, danach hätten er oder sein als Mediator einge- schalteter Anwalt sich immer wieder „Miete zahlen oder raus!“ anhören müssen. „Und dann kam die Kündigung zum 30. September.“ Fünf Monate bleiben Matthias Grön nun also noch, um eine neue Bleibe für seine Werkstatt zu finden. Denn weitermachen will er auf jeden Fall. Muss er auch, um seine eigene Existenz und die seiner Familie zu sichern. Wie das alles – sprich: metallbau grön neukölln, foto: matthias gröndie Arbeit an laufenden Aufträgen, das Akqui- rieren neuer, das aufwändige Bewerben auf Ausschreibungen und die Suche nach einem neuen Firmensitz – klappen soll, ist ihm aller- dings noch ein Rätsel.

Dass zwischenzeitlich zwei Angestellte gekündigt haben, die ihre berufliche Zukunft in trockenen Tüchern sehen wollten, mache die Sache nicht leichter: „Jetzt hab ich nur noch einen Mitarbeiter, und neue zu finden, ist in der momentanen Situation ziemlich unmöglich. Was kann ich denen schon bieten?“ Die Umstände zwingen Grön, sich ein ganzes Stück von dem Chef zu entfernen, der er bisher war und liebend gerne immer noch sein würde: Einer, der sozial ist, für seine Mitarbeiter ein offenes Ohr hat, übertariflich bezahlt, Praktikanten eine Chance gibt, die woanders kaum eine hätte, und zu Firmenfeiern auch die Familien seiner Angestellten einlädt. „Jetzt muss ich notfalls über Zeitarbeitsfirmen Helfer besorgen, um überhaupt Bau- oder Montagetätigkeiten ausführen zu können.“ Das hätte es bisher bei Grön Metallbau nicht motorrad-museum, metallbau grön, foto: matthias gröngegeben, weil der Chef wahrlich „kein Freund dieser modernen Sklaverei“ ist und bevorzugt mit eigenen Leuten Sicherheits- und Brandschutztüren, Fenster, Treppen oder Balkontürme für private oder öffentliche Auftrag- geber herstellt.

„Wo ich die bauen sollte, wenn ich keine neue Werkstatt finden würde, weiß ich beim besten Willen nicht“, muss Matthias Grön zugeben. Zu- gleich ist er keinesfalls bereit, sich von dem  Trio Infernale aus raffgierigen Vermietern, ruinösen Kunden und unter- nehmerfeindlichen Rahmenbedingungen für Mittelständler  in die Knie zwingen zu lassen. „Vielleicht kommt ja nächsten Dienstag durch das Gespräch mit der Wirtschaftsförderung des Neuköllner Bezirksamts Bewegung in die Sache“, hofft er.

Ideen, wo das Metallbauunternehmen von Matthias Grön eine Zukunft haben könnte, sind herzlich willkommen. Gesucht wird: ca. 150 – 200 m² Werk- statt- und Büroraum im Erdgeschoss, Mitarbeiterpausenraum, Sanitär- anlagen, Wasser- und Stromanschlüsse. Neukölln und angrenzend wäre schön, alles berlinweit akzeptabel. Die Miete sollte nicht über 1.200 Euro (inkl. Betriebskosten und Umsatzsteuer) liegen. Auch eine Werkstatt-Kooperation wäre denkbar! Kontakt-Infos: hier.

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Eine Studie, die etwas andere Verdrängung in Neukölln und das Zerren ums Tempelhofer Feld

topos-studie sozialstrukturentwicklung in nord-neukölln, senatsverwaltung für stadtentwicklung berlin

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„Sozialstrukturentwicklung in Nord-Neukölln“ heißt die 63-seitige Studie, die TOPOS Stadtforschung im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erstellte und Montagabend vor rund 100 Interessierten  in der Mensa des Campus Rütli präsentierte.

Deren wohl wichtigste Erkenntnis scheint, dass für die Situation im Norden des Bezirks der Begriff Gentrifizie- rung neu definiert werden muss. „Deutliche soziostruk- turelle Aufwertungstendenzen“, so die Studie, „sind nur im Gebiet Reuterplatz zu erkennen“. Dort gebe es den höchsten Anteil an Gentrifiern, jeder vierte Haushalt im Quartier falle in die Kategorie der Besserverdienenden. Für alle anderen Kieze gelte hingegen, dass in ihnen ein Zuzug vieler Pioniere, d. h. jungen Leuten mit hoher Bildung und eher niedrigem Einkommen, zu registrieren sei, sich aber keinesfalls ein Gentrifizierungsprozess abzeichne. Eine Verdrängung finde aber sehr wohl statt, schränkt Studienleiter  Sigmar Gude ein und weist damit auf die Neuköllner Eigenart des Gentrifizierungs-Begriffs hin: „Arme Mieter verdrängen noch ärmere Mieter.“

Schlussfolgerung kann also nur sein, dass auch für Geringverdiener finanzierbare Wohnungen gebraucht werden, um den Prozess zu stoppen. „Wohnungsbau auf dem Tempelhofer Feld“, schlug Ephraim Gothe, Staatssekretär für Bauen und Wohnen, als praktikable Maßnahme vor. Dort entstehende Neubauten, präzisierte er, seien aber selbstverständlich nicht für Einkommensschwache sondern für gehobenere Gehaltsklassen, um die Konkurrenzsituation auf dem Wohnungsmarkt zu entschärfen.

Mit der Zukunft des ehemaligen Tempelhofer Flughafens beschäftigte sich am Montagabend auch ein Anderer:  Dr. Lothar Köster, der Initiator der Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“. Der Gesetzentwurf zum Volksbegehren/Volksentscheid zur vollständigen und dauerhaften Erhalt des jetzigen Zustands sei nun fertig, teilte er in einer Pressemeldung mit, wäh- rend Gothe auf dem Campus Rütli noch die TOPOS-Studie als Legitima- tion zur Bebauung der einzigartigen Fläche bemühte.

Im Wesentlichen, so die Bürgerini- tiative, schreibe dieses Gesetz den Verbleib des Tempelhofer Flugfeldes im Eigentum des Landes Berlin vor und verbiete die Veränderung durch Bebauung oder Umgestaltung. Das Tempelhofer Feld solle in seiner Gestalt langfristig erhalten und dauerhaft kostenlos zugänglich bleiben.

Der Gesetzentwurf werde „in den nächsten Tagen offiziell eingereicht“, kündigt Köster im Namen der Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“ an. „Sobald die zuständige Senatsstelle für Stadtentwicklung und Umweldschutz ihre vom Gesetz vorge- schriebenen Kostenschätzungen erstellt haben, beginnen wir mit der Sammlung der Unterschriften.“ In der ersten Phase würden 20.000 gültige Unterschriften benötigt werden, um die Unterstützung der Bevölkerung Berlins für dieses Volksbegehren nachzuweisen. „Angesichts des breiten Zuspruchs und der klaren Alternativen wird diese erste Sammelphase keine erheblichen Probleme bereiten“, sind Lothar Köster und seine Mitstreiter überzeugt.

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