Eine von weiteren Forderungen: Mehr Bänke im Reuterkiez!

kofbinger_szczepanski_reuterplatz neukoellnEntwurzelte Menschen, überwiegend alkoholisierte Männer, für die im Rathaus Neukölln spöttische Begriffe wie „Brigade-Sorgenlos“ und „Internationale Trinker-Gruppe“ geprägt wurden, bevölkern nicht nur fehlende bank_reuterkiez neukoellnam Reuterplatz auf Parkbänken den öffentlichen Raum. Ihre Anwesenheit ist überall ein Grund, weshalb verrottete Bänke an öffentlichen Plätzen oft nicht erneuert und gelegentlich sogar gezielt entfernt werden. Ein interkulturelles Seniorenprojekt im Reuterkiez trug unter Leitung der Politologin Ursula Bach dagegen zusammen, welche Bedürfnisse und Erwartungen ältere Menschen im Reuterkiez an ihr Wohnumfeld Weiterlesen

Wenn die gewohnte Umgebung fremd geworden ist

the bread station neuköllnWie lebt es sich in einem Kiez, dessen Bewohner-struktur sich binnen weniger Jahre rapide verjüngt hat, während man selber stetig älter wurde? Der Heimat ist, sich aber nicht mehr so anfühlt. In dem Bäckereien hope-seniorenzentrum neukoellneröffnen, die The Bread Station heißen, hippe Läden und Cafés in ehemalige Eckkneipen ziehen, und viel englisch, spanisch und italienisch gesprochen statt ber-linert wird.

Sie habe nie woanders als im Reuterkiez gelebt, erzählt eine Rentnerin. Nun wohnt sie am Maybachufer, vorher in anderen Straßen, die zwar noch heißen, wie sie immer hießen, ansonsten aber ihre Gesichter verändert haben: „Durch die Entwicklung der letzten Jahre hab ich den Eindruck, in einen anderen Kiez umgezogen zu sein.“ Für das seit Oktober 2012 laufende Weiterlesen

Unter Hipstern: Mit Uli Hannemann zu den Kreuzköllnern

Ich hatte ja ein bisschen gehofft, denjenigen bei der Buchpräsentation von Uli Hannemanns erstem Roman „Hipster wird’s nicht“ zu treffen, der mich Neuköllnerin uli hannemann_heimathafen neuköllnauf diesen Autor gebracht hat: ein Kreuz- berger mit Geschmack und der gleichen Vorliebe für Hipster-Lästereien. Das Publi- kum vorgestern Abend im Heimathafen Neukölln sah auch irgendwie nach Kreuz- berg aus – ab 30 aufwärts und mehr oder weni- ger intellektuell wirkend. Nicht ein Hipster in Sicht. Für mich ein guter Start in den Abend.

Es wurde so voll im Saal, dass den begeisterten Zuhörern sogar die Ränge geöffnet wurden. Immer wieder lachend und klatschend, lauschten wir alle der Weiterlesen

„Man darf nur nicht den Geigerzähler dranhalten“

Juliane Beer_Kreuzkölln Superprovisorium„Just in dem Moment rief aus Paderborn die Groß- mutter an, bei der Sam aufgewachsen war. Die Versorgerin, wie Sam sie nannte, seit sie dem Standquartier ihrer Kindheit und Jugend entkom- men war. Als könnte die alte Dame die Szene durchs Telefon mit ansehen, beschwor sie ihre Enkelin, sie möge zur Vernunft kommen und endlich aufhören, sich die Welt in Fehlfarben aus- zumalen. Andernfalls würde es böse mit ihr enden, bevor überhaupt irgendetwas begonnen hatte. Wäre es nicht vielmehr an der Zeit, Marlon, den Freund aus großbürgerlichem Hamburger Haus, zu heiraten? Eine gut bezahlte Stelle würde der bald antreten, was das anging, war die Versorgerin zu- versichtlich.“

Nicht nur, was letzteres betrifft, lag Sams Großmut- ter mit ihren Visionen weit daneben: Die Beziehung zwischen Samanta Wellner, der Enkelin, und Marlon hielt nicht mal zwei Jahre. Gut zwei Jahrzehnte später beginnt die eigentliche Handlung von Juliane Weiterlesen

Auch der Neukölln-Hype braucht mal Urlaub

Arme Berlin-Touristen. Da reisen sie zum Jahreswechsel in die Hauptstadt, besu- chen bei der Gelegenheit auch den zuvor gemiedenen Bezirk Neukölln, um dessen medial weithin kolportierten Boom nebst der blühenden Gastronomie- und Kreativ-Landschaft selber zu erleben – und dann das: Überall geschlossene Türen und Roll-

weihnachtsferien_neukölln

läden, egal durch welches Viertel man sich bewegt. Im Richardkiez herrscht dörfliche Ruhe. In den Straßen des Schiller- und Körnerkiezes sind wesentlich Weiterlesen

Wie Teile eines Puzzles: Ältere bringen Jüngeren die Geschichte des Neuköllner Reuterkiezes näher

senioren-erzählwerkstatt reuterkiez_neukölln„Donnerwetter, die ist ja sehr schön geworden! Und was für eine wunderbare Qualität.“ Auch im Neuköllner Reuterkiez war erst vorgestern Heiligabend, doch für die Teilnehmer des inter- kulturellen Senioren-Kiezprojekts gab es schon in der letzten Woche mit dem Erscheinen der broschüren-präsentation_galerie r31 neuköllnBroschüre ihrer Erzählwerkstatt eine vorgezoge- ne Bescherung: In der Galerie R31 konnten die 55- bis 84-Jährigen erstmals in dem Buch „Stimmen aus dem Reuterkiez – Seniorinnen und Senioren berichten von früher und heute“ mit ihren eigenen Weiterlesen

Schatten des schönen Scheins

Cool, angesagt, trendy, durchgentrifiziert, teuer, hip, aufgewertet: Dem Reuterkiez – von manchen Kreuzkölln, von einigen Kotzkölln genannt – werden diverse Attribute an-

vermüllung manitiusstraße nansenstraße_neukölln

gehängt, die nie in einem Atemzug mit anderen Neuköllner Kiezen genannt würden. Dabei unterscheidet sich das Viertel stellenweise gar nicht von denen. Das ähnelt Urlaubsregionen, bei denen davon abzuraten ist, von touristischen Trampelpfaden abzuweichen und einmal um die nächste Ecke zu gucken.

Schönes zwischen Unschönem

uhr_reuterkiez neuköllnWenn man schon sehr lange in einem Kiez wohnt, der seit einiger Zeit zum Hotspot ausgerufen wird, sehnt man sich nach alten Zeiten. Ich würde von mir nicht behaupten, dass ich gegen Veränderung bin. Nur wenn Veränderungen für die Menschen, die hier wohnen, nicht zum Besten sind, würde ich gerne so manche Entwicklung stoppen wollen.

Als ich vor über 10 Jahren nach Neukölln in den Reuterkiez gezogen bin, wurde ich mit so manchem Unverständnis seitens meiner Freunde konfrontiert: Wie kannst Du nur?! Das ist ganz schrecklich da, dreckig und ungemütlich! 2006, zum großen Fußballfest in Deutschland, wurde Neukölln von so manchen Politikern zur No-go-Area erklärt. Dazu ein aufmüpfiger Neuköllner Bürgermeister, der immer wieder mit Statements über die Sozialschieflage, natürlich von den Menschen selbst verursacht, durch alle Talkshows getingelt ist. Der auch gerne über die Schwierigkeit mit den vorhandenen Migrationsmitbürgern schimpft.

Die Wirklichkeit war anders: Okay, die Berliner Stadtreinigung schaute nicht so oft vorbei, aber dafür hatten wir Menschen aller Art im Kiez. Es war weder gefährlich noch reuterkiez_neuköllnbeängstigend!

Und heute, über sechs Jahre später: Unzählige Cafés und Bars haben so manchen Trödelladen verdrängt, Clubs und Restaurants viele ehemals Sozialvereine vereinnahmt. Billigere Supermärkte machen Platz für Bioläden. Türkische Kulturvereine mussten für Archi- tekturbüros und Sneakerläden weichen. So was nennt man Gentrifizierung! Die hat sich rasend schnell und unaufhaltsam ausgebreitet und unseren Kiez fest im Griff! Die Folgen sind exorbitante Mieten und die Ver- drängung von Menschen, die nicht in dieses junge, kreative, unglaublich hippe Stadtbild passen. Beun- ruhigend, beängstigend, fast gefährlich – so empfinde ich das heute!

Ich gehe immer noch gerne hier spazieren, staune über die Veränderung, wundere mich über das allgegen-wärtige englisch und französisch sprechende Volk. Gekleidet in einem Stil, der mich an meine Teenager-Zeit der 1980er Jahre erinnert. In ihrer Individualität wirken sie so gleichgeschaltet, dass thielenbrücke neukölln-kreuzberg_foto mayarosaman das Gefühl hat, der immer wieder gleichen Person zu begegnen! Sehr selten hört man Türkisch oder Arabisch.

Und dann findet man mitten auf der Thielenbrücke, die rüber nach Kreuzberg führt, eine Tafel auf dem Boden. Ein biss- chen im Schnee versteckt, blitzt da eine große schwarze Tafel mit der Inschrift So viel Hipster ist nicht zu fassen! Schön hipster-tafel_thielenbrücke neukölln-kreuzberg_foto mayarosamit Hunde- pipi versehen! Da hat jemand auf subtile Weise mit richtig viel Aufwand seine Verwunderung kundgetan!

Danke, wer auch immer das war! Es tut gut zu wissen, dass es Gleich- gesinnte gibt. Auch wenn dieser stille Protest nichts ändern wird, ist es einfach nur schön, dass er da ist!

=mayarosa=

Lost in Gentrification

Ich muss zugeben, dass ich den Begriff Kreuzkölln normalerweise nie ohne „kotz“ dazwischen schreibe oder sage: Kreuzkotzkölln. Denn ich finde diese Benamsung unsäglich und meine, dass die dort lebenden Menschen fähig sein sollten, mittels eines Stadtplans oder ihres Meldeamtes rauszufinden, in welchem Berliner Stadt- bezirk sie wohnen. Neukölln  o d e r  Kreuzberg. Kreuzkölln ist eine gentrifizierte Hipster-Erfindung. Und vermutlich steht „gentrifizieren“ nicht umsonst als schwaches Verb im Duden. Und cover "lost in gentrification", satyr verlagdamit oute ich mich vielleicht gerade als Verlorene.

„Lost in Gentrification“ heißt jedenfalls ein neues Buch sebastian lehmann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllndes Satyr Verlages, heraus-gegeben von Sebastian Leh- mann (o.) und Volker Sur- mann (u.). Es beinhaltet auf knapp 200 Seiten 36 Groß- stadtgeschichten von 32 volker surmann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnAutorinnen und Autoren wie Ahne, Jess Jochimsen oder André Hermann, die alle schon mal in irgendeiner Form mit der Gentrifizierung in Berührung gekommen sind.

Vorgestern hatte das Buch Premiere im Heimathafen Neukölln, und ich saß vorurteilsbehaftet in der ersten Reihe und fühlte mich am rechten Platz. Naja, bis auf die Tatsache, dass mir der nette Mann neben mir immer wieder sein Eau de Knoblauch ins Gesicht pustete. Egal, ich wollte Hipstergeläster hören. Hörte ich auch, aber eben nicht nur, sondern auch Hipsterlästerer-Geläster.

heiko werning, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnuli hannemann, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnIm Endeffekt: 15 Geschichten gelesen, gesungen, performt – und fast alle davon mit so viel Ironie und/oder Sarkas- mus, dass es schier von der Bühne troff. Brillant vorgetra- gen von Uli Hannemann (r.), tilmann birr, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnder leider sehr schnell gehen muss- te, und Heiko Werning (o.), der auch maik martschinkowsky, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllnnoch super Klavierspielen kann. Von Tilmann Birr (l.), dem ich mitteilen möchte: „Ich habe keinen Freund, aber ’ne Luftpumpe hab ich!“, und von Maik Martschinkowsky (r.), der Strandnixe. Ebenfalls be- frank klötgen, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllneindruckend: Frank Klöt- martin gotti gottschild, buchpremiere "lost in gentrification", heimathafen neuköllngen (l.), der echt krasse Ge- dichte schreiben und auswen- dig aufsagen kann, Sebastian Lehmann, der heimliche Hip- ster und Mitherausgeber, sowie Martin „Gotti“ Gottschild (r.), der das Publikum so richtig zum Lachen gebracht hat und noch mehr berlinert als icke.

Ich fühlte mich jedenfalls aufs Beste unterhalten, und dem jubelnden, klatschenden Publikum ging es vermutlich auch so. Deshalb möchte ich gar nicht mal so sehr am Rande erwähnen, dass dieses Buch dringend gelesen werden sollte: Von Hipstern und solchen, die es werden wollen, und von Hipster- lästerern wie mir. Gentrifizierung betrifft alle, vom Pionier über den Gentrifyer bis hin zu denen, die unter den Veränderungen im Kiez leiden oder gar verdrängt werden. Dass das Thema  nicht immer nur bierernst  abgehandelt werden muss, beweist das Buch  „Lost in Gentrification“.

=Anna Sinnlos=

Kreuzköllns Bio-Dreieck

Was in anderen Berliner Bezirken und Neuköllner Straßen die quietschbunten Bubble Tea-Shops, sind auf dem Kottbusser Damm zwischen Bürknerstraße und Maybach- ufer die  Biomärkte. Lange gab es dort nur das VITALIA Reformhaus. Vor knapp fünf Jahren wurde schräg gegenüber, auf der zu Kreuzberg  gehörenden Straßenseite, die

vitalia biomarkt kottbusser damm 99 neukölln bio-supermarkt "natürlich bio" kottbusser damm 4 kreuzberg bio company kottbusser damm 91 neukölln

Edeka-Filiale zum NATÜRLICH BIO-Supermarkt umgerüstet. Doch damit nicht genug: Um die Konkurrenzsituation weiter zu verschärfen, hat sich die BIO COMPANY eine nur wenige Schritte entfernte, kürzlich von Aldi verlassene Gewerbe-Immobilie gesichert und eröffnet dort am 18. Oktober eine weitere Verkaufsstelle für Bio- Produkte in Neukölln.

Endstation Kreuzkölln

Vor 100 Jahren also wurde unser schönes Neukölln benamst. Der alte Name Rixdorf hatte ausgedient – in der Hoffnung, dass der mit ihm verbundene schlechte Ruf auch verloren ginge.

Dazu gibt es zurzeit im Rathaus Neukölln eine Ausstellung des Mobilen Museums Neukölln, die auf 15 Schautafeln Geschichte und Geschichten rund um Rixdorf und Neukölln veranschaulicht. Außerdem wird mit einer hübschen Besucherumfrage ver- sucht zu eruieren, womit die Neuköllner Neukölln bzw. Rixdorf heute verbinden und was sie von dieser Benamsung halten. Offiziell habe die Befragung natürlich keinen tieferen Sinn. Es gehe lediglich um ein Meinungsbild, versichert ein Mitarbeiter des Mobilen Museums.

Für mein subjektives Empfinden hat die Umbennenung an dem Ruf nichts geändert. Wenn ich mein Kind Tobias jetzt Bernd oder Claudia nenne, ändert es doch auch nicht sein Sozialverhalten – na ja, bei Claudia vielleicht doch irgendwann.

Aber weil Rixdorf ja wesentlich gemütlicher und kleiner klingt, Neukölln aber auch einen inzwischen heimatlichen Klang in meinem Gehörgang findet, begrüße ich den Umfragenvorschlag durchaus, Neukölln einfach alle 100 Jahre umzubenennen. Das wird dann auch nicht langweilig, wir Bewohner können uns jedesmal neu erfinden und hätten noch mehr zu feiern.

Vor etwa zwei Jahren fingen Zugezogene damit an, den immer szenigeren Reuterkiez Kreuzkölln zu nennen. Leider hat dieser Trend massiv zugenommen, und somit muss Kreuzkölln bei der nächsten Namenswahl wohl mit vorgeschlagen werden. Das wäre für mich dann allerdings wirklich die Endstation.

Die Ausstellung „100 Jahre Umbenennung Rixdorfs in Neukölln“ ist noch bis zum 24. Februar (Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 8 – 20 Uhr) zu sehen. Morgen und übermorgen werden jeweils ab 14 Uhr Führungen angeboten; eine telefonische Anmeldung unter 030 – 627 27 77 27 ist erforderlich.

=Anna Sinnlos=

Mit Reinhold Steinle durch den Reuterkiez (2)

(Fortsetzung) Ein Umfeld, in dem sich auch Gabriele Prellwitz mit der Ladenwerkstatt reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,anyonion strickmaschineihres Strickdesign-Labels anyonion wohlfühlen könnte – theoretisch. Praktisch würde im Schokofabrik-Hof aber die Laufkundschaft gehörig fehlen. Insofern war die Ansiedlung des Geschäfts in der Bürknerstraße eindeutig die bessere Wahl. „Seit einiger Zeit kommen auch immer mehr Laufkunden in den Laden“, sagt die Mitarbeiterin als alle Fragen zur 3,5 Tonnen schweren Strickmaschine beantwortet sind, auf der alle Teile der Kollektion sowie Accessoires hergestellt wer- den: „Wir merken also durchaus, dass sich im Kiez etwas zum Positiven verändert.“

reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,bürknerstraßeReinhold Steinle lenkt die Blicke auf die Fassaden der Häuser auf der gegenüber liegenden Seite der Bürk- nerstraße. Die Gebäude seien alle nach 1912, ergo: nach der  Umbenen- nung Rixdorfs zu Neukölln, errichtet worden – mit geräumigen, repräsen- tativen Wohnungen. Analog zur Schil- lerpromenade sollte hier eine Ge- gend für das Bürgertum entstehen. Das sähe man auch an den teils aufwändig verzierten Haustüren, merkt ein Mann aus der Gruppe an. „Architekten“, weiß er, „haben damals oft Türen extra für die von ihnen konstruierten Häuser ent- worfen.“ Eine Information, die auch dem Stadtführer bisher unbekannt war. Er bedankt sich dafür und kündigt an, bei künftigen Touren darauf hinzuweisen. So wie darauf, dass schräg gegenüber des Ladens von Gabriele Prellwitz früher der Geschäftsführer der Karstadt-Filiale am Hermannplatz wohnte.

Weiter geht’s zur Kreuzung Bürkner-/Hobrechtstraße, wo Steinle an James Hobrecht, den Erfinder und Konstrukteur der Berliner Kanalisation erinnert. Am 13. August 1873 wurde mit dem Bau des Abwassernetzes für die Stadt begonnen;  im heutigen reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,kids gardenReuterkiez herrschten noch Wiesen und Felder vor.

Heute sind Grünflächen auf dem etwa 70 Hektar großen Gebiet rar. Eine, die erst 1999 dazu kam, liegt zwischen Hobrecht- und Friedelstraße. Reinhold Steinle zieht einen Schlüssel aus seiner braunen Ak- tentasche. Wer den nicht hat, muss sich mit einem Blick durch die Bullaugen in den Toren begnügen. Früher habe auf dem Gelände eine Papierwarenfabrik gestanden, erzählt Steinle. Nun heißt das Areal Kids‘ Garden und bietet den im Kiez lebenden Familien zumindest ein wenig Grün. reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,kids garden„Hundekackefrei“, wie Steinle betont. Der große Sandspiel- platz ist bei Kleinkindern heiß begehrt, für Größere gibt es Rasenflächen zum Austoben. Nahe dem Tor zur Friedelstraße wurden Beete angelegt, auf denen Blumen, Kräuter und Nutzpflanzen gedeihen. „Jede Kita“, erzählt Reinhold Steinle, „hat hier ihr eigenes Beet, das nach dem Geschmack der Kin- der bepflanzt werden kann.“ Wie lange ihnen dieses kleine Paradies noch bleibt, ist unklar. „Das ist ein ständiges nerviges Hin und Her wie bei so vielen Projekten“, kritisiert eine Mutter, die sich mit anderen dort regelmäßig trifft. Der aktuelle Stand sei, dass der Nutzungsvertrag bis reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,hüttenpalastzum Frühjahr nächsten Jahres verlängert wurde.

Der „Hüttenpalast“ ist die letzte Entdeckung im Reuterkiez, die Reinhold Steinle bei dieser Tour präsentiert. In zwei ehemaligen Fabrikhallen in der Hobrecht- straße haben sich Silke Loren- zen und Sarah Vollmer einen Traum erfüllt: Alle aus der Grup- pe haben sich dessen Umset- zung schon im Fernsehen ange- guckt, nun stehen sie zum ersten Mal selber staunend in der ehemaligen Staubsaugerfabrik, die durch ein innovatives Raum-in-Raum-Konzept zu einer Mischung aus Camreuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,hüttenpalastreuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,hüttenpalastpingplatz, Ferienhaus-An- lage und Bed & Breakfast-Pen- sion für 12 Per- sonen wurde. Ein Schlafplatz mehr hätte die behördliche Ge- nehmigung des ungewöhnlichen Übernachtungsbetriebs sehr viel komplizierter gemacht. Doch auch so sei eine gute Portion Überraschungseffekt und Überrumpelungs- taktik im Spiel gewesen: Dass jemand ein paar alte Wohnwagen in eine Fabrikhalle stellen, zusätzlich einige Holzhütten aufbauen, daraus Doppelzimmer machen und alles Hotel nennen will, kommt schließlich nicht jeden Tag vor.

Nicht mal im angesagtesten Kiez Neuköllns. „Jede Woche“, sagt Reinhold Steinle, „macht hier irgendwo ein neues Geschäft auf.“ Einige Läden und Einrichtungen, die der Stadtteilführer noch vor Jahresfrist bei seinen Touren vorstellte, sind inzwischen nicht mehr da. „Die Gentrifizierung frisst ihre Kinder“, fasst Christina Both von der Café-Galerie „Klötze und Schinken“ den Wandel des Reuterkiezes zusammen, der erst zum Problem-Quartier abgestempelt war und nun Szene-Viertel ist – mit neuen Problemen. Über die will Reinhold Steinle eigentlich nicht gerne reden. Ihm geht es in erster Linie darum, die positiven Seiten des Bezirks zu zeigen. „Als ich vor drei Jahren unter diesem Motto meine Neukölln-Führungen begann“, erinnert er sich, „haben mich alle für verrückt gehalten.“ Auch das hat sich geändert.

Die nächste „Entdeckungen im Reuterkiez“-Tour mit Reinhold Steinle findet am kommenden Freitag (22.7.) statt. Der Kiezspaziergang, der dann von einem Kamera-Team begleitet wird, startet um 15 Uhr an der Café-Galerie Klötze und Schinken. Die Teilnahme kostet 10 €; telefonische Anmeldung unter 030 – 53 21 74 01 erwünscht.

=ensa=

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Mit Reinhold Steinle durch den Reuterkiez (1)

Reinhold Steinle kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus. „Das hätte ich nicht gedacht, dass die Gruppe so groß wird“, gibt er zu. Es ist Samstagnachmittag, es sind Sommerferien, die Sonne strahlt vom Himmel über Neukölln und die  große Ankündigung seiner Stadtteilführung durch den Reuterkiez in einer Gratis-Wo- chenzeitung hatte zwar über alles mögliche informiert, nicht aber über die Telefon- reuterkiez-führung, reinhold steinle,neukölln,klötze und schinkennummer, unter der Anmeldungen ent- gegengenommen werden.

Reichlich Stoff zum Staunen gibt es auch für die zehn Frauen und Männer, die mit Steinle das medial präsen- teste Viertel Neuköllns erkunden wol- len. Den Kunstnamen Kreuzkölln mö- ge er gar nicht, stellt er gleich mal klar. Entsprechend viel Raum gibt Reinhold Steinle vor Beginn der Tour der turbulenten Vita von Fritz Reuter, dem Namensgeber des Reuterkiezes. Wer angenommen hatte, dass das Quartier reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,bruno taut-haus bürknerstraßedem SPD-Politiker Ernst Reuter seinen Namen verdankt, weiß es nun besser.

Bis zur ersten Station des Stadtteilspaziergangs sind es nur wenige Schritte. Steinle bittet um Auf- merksamkeit für das Haus in der Bürknerstraße 14 – ein Frühwerk des Architekten Bruno Taut. Hoch- modern sei es 1910 bei seiner Erbauung gewesen, erzählt der gebürtige Schwabe und gefühlte Ber- liner. In fast allen Wohnungen habe es ein Bad gegeben, fürs ganze Haus eine Zentralheizung. Die anfangs etwas mürrische Miene eines Mieters, der aus dem Fenster seiner Wohnung in der zweiten Etage guckt, hellt sich auf: Er wirkt, als habe er über die Historie seines Hauses bisher nicht viel gewusst und gerade etwas dazugelernt, fast ein bisschen stolz.

Was Reinhold Steinle über die Gewerberäume an der Ecke Bürknerstraße/Kottbus- ser Damm weiß, kann der Mann von seinem Fensterplatz aus nicht mehr hören. Wo heute textile Restposten aus London verkauft werden, stand früher Ilse Schier-Weimann hinter der Theke ihrer „Kottbusser Klause“. Die Liste der Prominenten, die in der stadtweit bekannten Kultkneipe auftraten oder sich als Gäste vergnügten, ist lang, reicht von Drafi Deutscher über Rolf Eden bis hin zu Erich Kästner. Letzterer, wird kolportiert, habe es allerdings vorgezogen, inkognito dort zu sein. Vom Promi-Hotspot ist die Billig-Boutique weit entfernt, doch … „Nina Hagen ist da schon beim reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,plakat-industrie berlin,papst-kalenderShoppen gesehen worden“, erzählt Steinle  zur Überraschung aller. Bei manchem aus der Gruppe setzt die- ser Effekt auch ob der Information ein, dass eine Straßenseite des Kottbus- ser Damms zu Kreuzberg gehört und die andere zu Neukölln.

Um Prominente geht es auch an der nächsten Station, in der Schinke- straße. Reinhold Steinle bleibt vor einem backsteinernen Fabrikge- bäude stehen und wühlt in seiner Aktentasche nach einigen Blechschildern. „Die werden hier gegenüber bei der Firma Plakat-Industrie hergestellt“, berichtet er nach einem Schwenk in die Geschichte des 1897 errichteten Gewerbekomplexes. Mo- mentan sei der Papst-Kalender der große Renner. Ob der aber dem Tradi- tionsunternehmen Umsätze in einer Größenordnung wie seinerzeit durch den Verkauf der Blechplaketten mit Eisbär Knut bescheren kann, ist fraglich: „Die Konkurrenz reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,schokoladenfabrik schinkestraßedurch Billigware aus China ist eben leider groß.“

Durch eine Toreinfahrt in der Schinkestraße 8/9 geht es zum nächsten Etappenziel. „Alleine wäre ich niemals einfach auf das Grundstück gegan- gen“, gibt eine Frau zu. Wenig später steht sie perplex in dem engen, lauschigen, efeu- berankten Hinterhof. Fast 50 Jahre lang, von 1926 bis 1973, so Reinhold Steinles Recher- chen, hatte hier eine Schokoladenfabrik ihre Produktionshalle und schickte süße Duftwolken über den Kiez. Nachdem sie ihren Betrieb eingestellt hatte, machten sich Hausbesetzer im Gebäude breit, die zwar vom Eigentümer des Anwesens geduldet, von der Bauaufsicht aber zermürbt wurden. Heute erinnern nur noch vereinzelte Details an die wilde Zeit des reuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,hinterhof schokoladenfabrik schinkestraßereuterkiez-führung,reinhold steinle,neukölln,hinterhof schokoladenfabrik schinkestraßeGebäudes, das nun einer däni- schen Immobi- liengruppe ge- hört und neben der Pension von Angela de Rid- der vor allem Un- ternehmen der Kreativ- und Software-Branche beherbergt. Ein Umfeld, in dem sich wahrscheinlich auch …

(Fortsetzung morgen)

Die nächste „Entdeckungen im Reuterkiez“-Tour mit Reinhold Steinle findet am kommenden Freitag (22.7.) statt. Der Kiezspaziergang, der dann von einem Kamera-Team begleitet wird, startet um 15 Uhr an der Café-Galerie Klötze und Schinken. Die Teilnahme kostet 10 €; telefonische Anmeldung unter 030 – 53 21 74 01 erwünscht.

=ensa=

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Neuköllner Wandmalerei

kotzkölln, kreuzkölln, neuköllnDa hat sich aber jemand ordentlich ins Zeug gelegt, um sein Missfallen am Wortkonstrukt Kreuzkölln zu demonstrieren 😉 Eigentlich schon fast zuviel der Mühe (Wie hat der das gemacht?) und Ehre für die, die krampfhaft versuchen, den Begriff zu lancieren, der je- den entlarvt, der ihn benutzt.

_ensa_