Gebaut als Schulhaus, genutzt als Wohnhaus

Für die, die in der Kirchgasse 5 wohnen, ist die Adresse ihr Zuhause. Für andere ist es da, wo das Museum im Böhmischen Dorf ist. Und für die Bezirksgeschichte ist es der Standort eines der ältesten Gebäude Neuköllns. Am  14. November 1753, nur ein

schulhaus der böhmischen brüdergemeine_neukölln

halbes Jahr nach der Grundsteinlegung, weihte hier die Herrnhuter Brüdergemeine ihr Schul- und Anstaltshaus ein, das auch bis 1909 noch als Schule genutzt wurde und seitdem als Wohnhaus dient. Anfang der 1980er Jahre erfolgte Weiterlesen

Neue Schweine im Böhmischen Dorf

gerlachsheimer weg_neuköllnWährend die Bauarbeiten in der Richard-straße noch in vollem Gange sind, ist die Umgestaltung des Durchgangs zwischen ihr und der Donaustraße nun so weit abge- schlossen, dass sie gestern eröffnet werden konnte. Für 206.000 € wurde aus der unwirtlichen Passage Gerlachsheimer Weg / Kirchgasse / Jan-Hus-Weg eine Durchwe- gung mit verbesserter Aufenthalts- und Nutzungsqualität, Einsehbarkeit und Be- leuchtung. Entlang  des Jan-Hus-Wegs entstand eine Fläche mit  Tischtennis-Platte,

jan-hus-weg_neukölln kirchgasse_neukölln

Platz fürs Boulespiel und einer robusten Sitzbank. In Höhe der Kirchgasse haben drei Holzschweine ein neues Zuhause gefunden, und im Gerlachsheimer Weg kann man es sich – dank Bürgerbeteiligung – auf einer Couch gemütlich machen.

Wenn eine Baustelle die andere behindert

Lange sah es aus, als solle Gras über die Sache wachsen: über die Umgestal-tungspläne, die bereits erledigten Arbeiten und am besten gleich über den ganzen Fußweg zwischen Richard- und  Donaustraße. Ende letzten Jahres brach für die platt-

baustop durchwegung kirchgasse_neukölln

gebaggerten Flächen, Schuttberge und Sperrzäune im Jan-Hus-Weg die Winterpause an. Spätestens im März sollte die wieder vorbei und anschließend binnen eines Vier- teljahres alles fertiggestellt sein, hieß es damals. Die Realität zeichnete Weiterlesen

Jenseits von Mauern und Gartenzäunen

16_offene gärten 2014_kirchgasse_berlin-neukoellnUm die tausend Besucher waren es im letzten Jahr, die sich in Brigitta Polinnas Garten und denen ihrer Nachbarn umsahen. Wie viele es an diesem Wo- chenende sein werden, an dem die Aktion „Offene Gärten“ wieder die Tore zu zehn verborgenen Pa- brigitta polinna_offene gärten 2014_kirchgasse_berlin-neukoellnradiesen im Böhmischen Dorf aufschließt? „Das hängt viel vom Wetter ab“, ahnt Polinna mit einem Blick gen Himmel, der wie ein Chamäleon die Farben wechselt und schon am frühen Nachmittag mehr- fach bewiesen hat, dass das Blätterdach über der Terrasse nur bedingt als Regenschutz taugt. Mit jedem Schauer geht es schneller, eine Plane über dem Tisch mit Geschirr und Kaffeekannen auszubreiten und die Kuchen und Torten ins Weiterlesen

Wie hätten Sie ’s denn gerne?

Für viele Frauen ist sie bei Dunkelheit eine No-go-Area: die Passage zwischen Donau- und Richardstraße. Unheimlich ist es dann im Gerlachsheimer- und Jan- Hus-Weg. Kein Wohnhaus grenzt an den schmalen, von dichten hohen Büschen gesäumten Verbindungspfad, dessen uneinsehbare Kurve auf halber Strecke den Gruselfaktor noch erhöht. Tagsüber m. hühn/qm ganghoferstraßehingegen kann es vor allem dort unangenehm sein. Denn das breitere Teil- stück, wo die Kirchgasse auf die beiden Wege trifft, wird gerne als Treffpunkt für Sauf- gelage oder von Dealern als Marktplatz und Depot für Drogen genutzt.

Nun soll die Durchwegung umgestaltet werden. „Für die Landschaftsarchitekten, die den Zuschlag bekommen, wird es eine echte Heraus-forderung werden“, ahnt Tan- ja Henrich vom Quartiers-managament (QM) Gangho- ferstraße, das den im Spät- sommer startenden Umbau mit 180.000 Euro aus dem Soziale Stadt-Fördertopf finanziert. Welche Bedürfnisse und Wünsche die Anwohner hinsichtlich des Wegstücks hegen, wird momentan in einem Bürgerbeteiligungsverfahren ermittelt.

Zwei Vorort-Termine, bei denen das QM Infostände aufstellte, Fragebögen verteilte und das Gespräch mit Passanten suchte, gab es bereits. Morgen Mittag büsche_gerlachsheimer weg_neuköllnist der nächste – trotz Frost und Schnee. „Wir müssen das jetzt machen“, bedauert Tanja Henrich. Wegen der Fristen, die bei einem solchen Projekt einzuhalten sind und damit noch in diesem Jahr mit dem Umbau begonnen werden kann.

Dass der Wunsch nach einer besseren Beleuchtung des Jan-Hus- und Gerlachs- heimer Wegs Spitzenreiter bei den Anregungen ist, überrascht nicht. „Der wird auch leicht umzusetzen sein“, meint die Quartiersmanagerin. „Schwieriger wird es dann schon, das ebenfalls oft geäußerte Bedürfnis nach einer besseren Einsehbarkeit der Durchwegung mit dem zu verbinden, dass sie aber so schön grün bleiben soll, wie sie jetzt ist.“ Nicht minder kompliziert werde es, eine Strategie zu finden, wie in der umgestalteten Passage das Vermüllungsproblem in den Griff zu kriegen ist und Skeptiker eines Besseren zu belehren. „Den Einwand, dass erst für viel Geld alles schick gemacht wird und dann wieder alles verkommt, hören wir bei unseren gerlachsheimer weg_neuköllnBefragungen natürlich auch“, gesteht Tanja Henrich. Aber er sei die Ausnahme.

„Wesentlich öfter erleben wir, dass die Leute sich bedanken, dass sie überhaupt nach ihrer Meinung gefragt werden und die in die Planung einfließt.“ Was die Quartiersmana- ger auch oft erleben, ist Erleichterung: „Viele befürchten spontan, wenn sie das Wort Um- gestaltung hören, dass der Durchgang ge- schlossen werden soll.“ Das wird aber keinesfalls passieren, denn er ist sowohl als Tor zum Böhmischen Dorf, als auch als stark frequentierte Abkürzung zwischen dem U-Bahnhof Karl-Marx-Straße und der Son- nenallee unbestritten erhaltenswert. Insbe- sondere mittags und nachmittags, wenn in der direkt angrenzenden Katholischen Schu- le St. Marien der Unterricht endet, kann es dort sogar richtig eng werden.

Aber es sind nicht nur die beiden Wege, die eine Verschönerung und optimierte Nutzbarkeit erfahren. Die Verlängerung der Kirchgasse wird ebenfalls aufgewertet und so zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität für Jung und Alt. Auch einen Namen soll dieser bekommen. „Ob er wirklich als offizieller Name in Stadtpläne eingeht oder inoffiziell bleibt, können wir aber noch nicht versprechen“, räumt Tanja Henrich ein. Vorschläge gebe es schon einige – von Böhmisches Plätzchen über Jan-Hus-Platz bis hin zu Eleonore-Prochaska-Platz. Letzterer fungiere erstmal als Arbeitstitel. „Eigentlich“, sagt die Quartiersmanagerin, „finde ich die Idee auch gut.“ Allerdings kommt ihr der Name doch „ein bisschen sperrig“ vor. Vielleicht würde man sich – mit etwas Übung – aber auch schnell an ihn gewöhnen.

Morgen ist das Quartiersmanagement Ganghoferstraße letztmalig mit Info- Ständen vor Ort. Von 12 – 14 Uhr können in Gesprächen Fragen geklärt und Anregungen zur Umgestaltung des Durchgangs sowie Ideen für die Benennung des Platzes abgegeben werden. Letzteres ist auch per form- loser E-Mail noch bis zum 24. März möglich.

Erste Entwürfe für die künftige Durchwegung werden bei einer Anwoh- nerversammlung vorgestellt, die am 15. April um 17 Uhr im Saal der Ev. Brüdergemeine in der Kirchgasse 14 stattfindet.

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Kleine Paradiese mitten in Neukölln

offene gärten 2011, kirchgasse neuköllnSchon die Kirchgasse an sich ist ein Aha- und Oho-Erlebnis für viele: Wenige Minuten Fußweg von der trubeligen Karl-Marx-Stra- ße entfernt, tut sich in ihr dörfliche Idylle mit rumpeligem Kopfsteinpflaster, pittores- ken Häusern, Scheunen und lauschigen offene gärten 2011, kirchgasse neuköllnGärten auf. Letztere sind es, die an diesem Wochenende dafür sorgen, dass mehr Menschen als sonst  Neuköllns historisches Herz, das Böhmische Dorf, erkunden. Auch heute laden acht Anwohner der Kirchgasse wieder im Rahmen der Offe- nen Gärten 2011 von 12 bis 18 Uhr zum Entdecken ih- offene gärten 2011, kirchgasse neuköllnrer Höfe und grünen Oa- sen ein.

„Anno 1996“ steht über dem Tor der Scheune am nordwestlichen Ende der Kirchgasse. Eine fünfköpfige Gruppe, die gerade neben der güldenen Gießkanne durch den schmalen Torbogen auf das liebevoll gepflegte Grundstück drängt, hofft: „Maybe we can eat another Schmalzstulle there.“ Der Wunsch wird ihnen erfüllt, zusätzlich werden vom Haus- und Hofherrn Getränke und Anekdoten über die Geschichte des Anwesens angeboten, das sich  seit Generationen in Familienbesitz befindet. Wie es früher aus-

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sah, kann man sich auf einem alten Foto angucken. Wer sich in der vor 15 Jahren offene gärten 2011, kirchgasse neuköllnrestaurierten Scheune genauer umsieht,  die heute gerne für Feste genutzt wird, stößt dabei auch auf die wohl einzige Wetteruhr mit einem Keiler auf der Spitze. Lutz Müller-Froelich war 14, als er sie für seinen Vater zum 50. Geburtstag baute. Der sei ein leidenschaftlicher Jäger gewesen, erzählt er. Jahrzehntelang schmückte die Wetteruhr das Dach des Wohnhauses und weckte dort auch den Jagdinstinkt eines Nachbarn: „Der schoss nachts oft mit einem Luftgewehr aus dem Fenster seiner Dach- wohnung auf das Wildschein.“ Die Spuren sind auf offene gärten 2011, kirchgasse neuköllndem metal- lenen Keiler im- mer noch deut- lich zu erken- nen. Um Spuren anderer Art geht es am anderen Ende der Kirchgasse, kurz vor dem Friedrich Wilhelm I.-Denkmal.

offene gärten 2011, kirchgasse neuköllnDer Garten des 1845 er- bauten Hau- ses ist über einen Seiten- eingang im Wanzlikpfad zu erreichen. Seit 2007 wird das von einer Familie ohne böhmische Vorfahren erwor- bene Gebäude nach Denkmalschutz-Auflagen kernsaniert. Zwei Jahre, schätzen sie, werde es wohl noch dauern, bis wirklich alles fertig ist und das Leben auf einer Baustelle ein  Ende habe. Der Garten gleicht  bereits jetzt einem verwunschenen, grü-

offene gärten 2011, kirchgasse neukölln offene gärten 2011, kirchgasse neukölln

nen Paradies. Allerdings einem mit einem äußerst ungewöhnlichen Format: „Vorne an der Kirchgasse ist das Grundstück 10 Meter breit, hinten sind es gerade mal eineinhalb Meter.“

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