Heute vor 100 Jahren: Der Kaiser hat Geburtstag. Wilhelm II. wird 53 und lässt ein Telegramm schicken, das um 3/4 9 Uhr bei der versammelten bürgerlichen Elite im
Festsaal des Rixdorfer Rathauses ein- trifft. Aus diesem Telegramm, das feierlich verlesen wird, geht hervor, dass das ver- rufene Rixdorf von nun an Neukölln hei- ßen darf.
Dem vorausgegangen waren mehrere politische Tricksereien, in deren Verlauf auch Kaiser beim Kaiser vorstellig wurde. Mit ersterem Kaiser ist Kurt Kaiser gemeint, der letzte Rixdorfer Oberbürger- meister, mit letzterem eben Wilhelm II., der letzte Deutsche Kaiser und König von Preußen.
Umfassende Informationen über diese gleichermaßen spannende wie fragwürdige Prozedur der Namensänderung und ihre Folgen liefert die vorgestern eröffnete Ausstellung „100 Jahre Umbenennung Rixdorfs in Neukölln”,
die das Mobile Museum im Neuköllner Rathaus zeigt. Anlässlich der Vernissage verwandelte sich der BVV-Saal in ein Theater und bot eine historische Einblen- dung dar. Schauspieler der Ber- liner Compagnie gaben die politisch Verantwortlichen von 1912: den Stadtverordnetenvor- steher Sander, Oberbürgermeister Kaiser sowie die Stadtverordneten Dietrich, Groger, Just, Silberstein und Zoufall. Weitere Rollen übernahmen der amtierende
Bezirksverordnetenvorsteher Jürgen Koglin und Neuköllns Stadträtin Fran- ziska Giffey.
Koglin mimte den Saaldiener Wil- helm, Giffey dessen Ehefrau Rosa, eine überzeugte Sozialdemokratin, die in vehementen Wortgefechten mit dem Gatten aus ihrer Meinung hin- sichtlich der Umbenennung von Rix- dorf in Neukölln kein Geheimnis machte und damit auch der des Volkes eine Stimme gab. „Das ist doch Quatsch! Ich will das nicht!“, protestierte sie lautstark und veranschaulichte die Unsinnigkeit des Anliegens kurzum durch ein gänzlich unpolitisches Beispiel: „Deine Macken sind ja auch nicht weg“, erinnerte sie ihren Wilhelm, „wenn ich ab sofort Max zu dir sage.“ Aus Rixdorf wurde im Jahr 1912 trotzdem Neukölln.
Nach etwa 20 Minuten endete der voller Spielfreude und Humor in Szene gesetzte Ausflug in die Vergangenheit. Für Franziska Giffey und Jürgen Koglin bedeutete das: Raus aus den Rollen und historischen Kostümen, rein in den Alltag als Lokalpolitiker und in die 4. Bezirksverordnetenversammlung der laufenden Legislaturperiode!
=kiezkieker=
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