Von Hamburg oder München ist Berlin noch weit entfernt

stadt+hund beutelstation neuköllnSehen, dass man nichts sieht, das ist fast die Regel an Neuköllns Hundekot- beutel-Spendern. Meist sind sie leer, was bei Passanten, die die blauen, grauen, grünen, roten oder andersfarbigen Me- tallboxen überhaupt noch wahrnehmen, häufig zu der Frage führt: Weshalb werden sie nicht abgenommen, wenn sie doch nicht mehr bestückt werden? „Ein echtes Problem“, findet auch Rainer Menke von der stadt&hund gGmbH, die über 50 der rund 85 Dogstationen im ge- samten Bezirk, unterhält. Allerdings lasse es sich leicht erklären: Direkt Weiterlesen

Kleine Geschenke erhalten die Feindschaft

„Soll ich Ihnen mit ’nem Stück Geschenkband aushelfen, damit Sie ’ne Schleife dran machen können?“, fragt  der Mieter, der gerade aus dem Fenster seiner  Parterrewoh-

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nung guckt, die Hundehalterin, die seelenruhig den Beutel mit den Absonderungen ihres Schäferhundes verknotet und auf dem Bürgersteig abstellt. Das Angebot des Mannes ignoriert sie, den wenige Meter entfernt hängenden Mülleimer ebenfalls.

Bunte Haufen: Attacke gegen Hundekacke im Neuköllner Körnerkiez

hundekacke besprühen_pps-aktionswoche_neuköllnPfffffffffffffffffffffffffffft! Suzanne, Murat und Leonie müssen nicht lange warten, bis sie auf den Knopf der Spraydose drücken können, um den ersten Hundehaufen des Tages zu markieren.  Weitere liegen gleich daneben oder nur wenige Schritte entfernt, direkt gegenüber vom Eingang zur Peter-Petersen-Schule, die in dieser Woche erneut zur  Attacke gegen Hundekacke  bläst. Bereits seit 16 Jahren wird die Aktionswoche markierspray_pps-aktionswoche neuköllnorganisiert und rund um die Schule im Neuköllner Körnerkiez durchgeführt. Unter- stützt wird sie durch Soziale Stadt-Mittel des Quartiers- managements (QM) Körnerpark und den Multikulturellen NachbarschaftsGarten Neukölln e. V., der sich im Quartier mit dem aus verschiedenen Modulen bestehenden Projekt hildegard greif-groß+schüler__pps-aktionswoche_neukölln„Putzaktion im Körnerkiez“ für eine Verbesserung des Wohnumfelds einsetzt.

Sechs Teams, die aus jeweils drei Schülern bestehen, sind seit gestern in den Straßen im Quartier unterwegs. Jede Gruppe hat ihr Revier. Hildegard Greif-Groß (r.), die Rektorin der Peter-Petersen-Schule, bekommt beeindru-ckende Zahlen zu hören, als sie die Ergebnisse des Vortags abfragt: Rund 2.000 Hundehaufen wurden entdeckt, mit umweltfreundlicher grüner und blauer Farbe besprüht und statistisch erfasst. „Wie man Strichlisten führt, lernen die Kinder bei der Gelegenheit auch gleich“, bemerkt sie schmunzelnd und erinnert noch einmal daran, dass sich Fünfer-Päckchen wesentlich hundekacke-statistik_pps-aktionswoche neuköllnleichter auszählen lassen.

Beeindrucken können ebenfalls die Reaktionen von Passanten, die den Kindern bei ihren ersten Touren widerfuhren.  Viel Lob habe es gege- ben, versichern sie. Aber eben nicht nur das: Auch Begegnungen mit Er- wachsenen, die fragten „Was macht ihr denn da für ’nen Scheiß?“ und sie anblafften, dass das doch alles völlig sinnlos sei, blieben ihnen nicht er- spart. Dass sich überwiegend Hundehalter über die Aufmerksamkeit der Schüler in Sachen Sauberkeit echauffieren, vermag kaum zu überraschen.

Die Spraydose von Suzanne, Murat und Leonie wird fast mit jedem Schritt leerer. Eingetütete Haufen sind in der Jonasstraße Raritäten. „Obwohl es seit 2008 neun Aufsteller mit Hundekotbeuteln im Kiez gibt, die regelmäßig von fünf Ehrenamtlichen

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bestückt werden“, sagt Christian Hoffmann vom Multikulturellen Nachbarschafts-Garten Neukölln. Er kennt sogar die Standorte, was bei vielen Hundehaltern nicht der Fall zu sein scheint. Auch die Tatsache, dass jeder Hundehaufen parasitär belastet und so eine Gefahrenquelle für andere Vierbeiner  sein kann, entzieht sich offenbar hundekacke vor schultor_pps-aktionswoche_neuköllnihrer Aufmerksamkeit.

207 neue Striche sind es, die nach einer knappen Stunde auf der Liste für die Jonasstraße stehen. Die Farbdose von Suzanne, Murat und Leonie gibt keinen Mucks mehr von sich; Hoffmann muss ihnen für morgen und übermorgen Nachschub besorgen. „Aber eigentlich“, findet er, „ist der Kiez in den letzten Jahren schon sauberer geworden.“ Die hohe Hundehaufen-Zahl, vermutet er, hänge vor allem damit zusammen, dass noch viele unter dem bsr-kehrfahrzeug_jonasstraße neuköllnSchnee lagen, der nun endlich weggetaut ist. Deshalb habe die BSR eben die Bürgersteige lange nicht reinigen können. Dass sie dazu nun wieder in der Lage ist, beweist sie wenig später.

Zum Ende der Aktionswoche „Attacke gegen Hundekacke“ ruft die Peter-Petersen-Schule am 12. April zur Demo auf. Start ist um 12 Uhr in der Jonasstraße 16. Die Abschlusskundgebung findet auf dem Schieker Platz statt.

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Weshalb im Neuköllner Ortsteil Neubritz das Braune nicht mehr ins Blaue kommt

Würde es wirklich Glück bringen, in Hundehaufen zu treten, müssten in Berlin die hundekotbeutel proneubritz e.v., neukölln, foto: gabriele kantel, schockwellenreiterglücklichsten Menschen Deutsch- lands leben. Bei über 20.000 Tonnen, die jährlich hinten aus den rund 150.000 Berliner Hunden fallen und auf Bürgersteigen, Parkwegen und in Grünanlagen liegen bleiben, stehen die Chancen schließlich mehr als gut, mitten in einer Tretmine zu landen.

Die Hundehaufendichte im Neuköll- ner Ortsteil Neubritz zu reduzieren, das hatte sich der proNeubritz e. V. in den vergangenen 2 1/2 Jahren auf die Fahnen geschrieben. Sieben Dogstations richtete der Verein in Zusammenarbeit mit der Stadt & Hund gGmbh in den Straßen im Viertel zwischen Kranold- und Jahnstraße ein und bestückte die Tütenspender regelmäßig mit neuen blauen Hundekotbeuteln. Etwa 100.000 Hinterlassen- schaften, beziffert der proNeubritz e. V., seien jährlich eingetütet in den orange- farbenen BSR-Abfalleimern entsorgt worden.

Damit ist es nun vorbei: Am 15. September wurden die Dogstations zum vorläufig letz- ten Mal befüllt. Denn der kleine aktive Verein hat kein Geld mehr, für Nachschub zu sorgen. Zwischen 200 und 300 Euro wären pro Tütenspender und Jahr nötig, um Hundehaltern kontinuierlich griffbereites Verpackungsmaterial für den Dreck ihrer Vierbeiner anbieten zu können, schätzt der proNeubritz-Vorstandsvorsitzende Bertil Wewer. Bisher sei das durch private Spenden gestemmt worden; das Nachfüllen der Stationen übernahmen ehrenamtliche Patinnen und Paten: „Meist Leute, die selbst einen Hund haben und abends beim Gassi-Gehen ‚ihre‘ Box bestückten.“ Einmal pro Woche, sagt Wewer, sei das wenigstens fällig gewesen.

Um den neuen Sauberkeitsstandard erhalten zu können, versuchte der Verein im Kiez angesiedelte Hotels und Firmen mit Publikumsverkehr als Sponsoren für die Aktion zu gewinnen – erfolglos. „Die fanden die Idee auch meist gut“, so Bertil Wewer. Doch mehr Einsatz als ein Lippenbekenntnis habe letztlich keines der angesprochenen Unternehmen gezeigt.

Dabei darf das Betreiben von Dogstations im Sinne eines saubereren Umfelds durchaus als effektiv bezeichnet werden: Wo ausreichend Beutelspender be- reitstehen, schätzt man bei Stadt & Hund, erhöht sich die Zahl der Hundehalter, die die Hinterlassenschaften von Bello und Konsorten eintüten, von etwa 15 Prozent auf das über Vierfache.

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