Neuköllner Drogen- und Suchtbericht 2017 veröffentlicht

Einen umfassenden Überblick über den Konsum verschiedenster Suchtmittel sowie einen guten Einblick in das komplexe System der Berliner Suchthilfe bietet der kürzlich von Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (r.) veröf-fentlichte „Neuköllner Drogen- und Suchtbericht 2017“. „Der Bericht ist eine detaillierte Zustandsbeschreibung des Suchthilfesystems in Neukölln. Aber er geht noch weiter. Wir benennen erstmalig den konkreten Handlungsbedarf für eine Stärkung der Suchthilfe im Bezirk. Damit stoßen wir auch eine politische Diskussion an und stärken unseren Partnern in der Suchthilfe den Rücken“, erklärte Liecke. Der Bericht thematisiert neben den Gefahren illegaler Drogen auch das  Weiterlesen

Erklärungsbedarf

Die Gerüche von Rostbratwürsten, gebrannten Mandeln, regennassen Bäumen und Büschen, Zuckerwatte, Schweiß und Parfüms vermischen sich zu einem olfakto- rischen Brei. Der Boden unter den Schuhsohlen ist uneben und weicher als Asphalt, neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin,blinden-abzeichenüberall lauern matschige, nur langsam abtrocknende Pfützen- überbleibsel. In die Ohren dringt eine Kakophonie aus Stimmen, Musikalischem von Schlager bis Hip Hop, kreischenden Men- schen, dumpfem Grollen, mono- tonem Rattern und Schritten auf metallenem Untergrund. Die bunten, blinkenden Lichter der Karussels und Fahrgeschäfte und die  in der Losbude gestapelten Trostpreise und Hauptgewinne sind zur relativen bis totalen Bedeutungslosigkeit degradiert, weil die Augen sie nicht oder nur sche- menhaft wahrnehmen können.

Diese Erlebnisse boten sich gestern 15 Sehbehinderten und Blinden bei den Neu- neuköllner maientage, city stiftung berlin, thilo-harry wollenschlaeger, falko liecke, siegfried heliasköllner Maientagen. Auf Initiative von Siegfried Helias (M.), Vorsitzender der City Stiftung Berlin, wurde die Gruppe des Allgemeinen Blinden- und Seh- behindertenvereins Berlin (ABSV) von Thilo-Harry Wollenschlaeger (r.), dem Organisator der Neuköllner Maien- tage, zu einer kostenlosen Rummel- runde eingeladen. Es sei ihm einfach ein Bedürfnis gewesen, so Helias, den Gehandicapten die Gelegenheit zu bieten, an dieser Variante des „ganz nor- malen Lebens teilnehmen“ zu können. Wollenschlaegers Reaktion im Beisein des Neuköllner Gesundheitsstadtrats Falko Liecke (l.), dass jede Tradition ja irgendwann neuköllner maientage, city stiftung berlin, absv e.v.anfange, lässt mehr als vermuten, dass die gestrige Premiere nicht zugleich das Finale seines Engage- ments in dieser Richtung war. Der von Helias als „Rummel-König“ Titu- lierte, erklärte die Begleitung der Gruppe kurzerhand zur Chefsache und war – ebenso wie der Clown und Entertainer Pauly – bis zum Schluss dabei.

Das trifft auch auf Jörg zu. „Meine Sehfähigkeit lässt sich in Prozent nicht mehr messen“, erzählt er über 30 Meter von sicherem Boden entfernt in der schwankenden neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, thilo-harry wollenschlaeger, riesenrad lorenzGondel des Riesenrads. Die Aussicht auf weite Teile Berlins und die dunkelgrauen Wolken ist nichts, was ihn beeindrucken kann. Vor 21 Jahren ging  ihm wegen irreparabel geschädigter Sehnerven „innerhalb weniger Tage“ jeglicher Sinn fürs Vi- suelle verloren.  Eine Freundin, die ihn begleitet, beschreibt ihm, was sie sieht: viel Grün, große bunte Drachen auf dem Tempelhofer Feld, den Fernsehturm. Durch den stärkeren Wind, sagt er, spüre er die Höhe, seinem Gleichgewichtssinn kann das Erlebnis jedoch nichts anhaben. Der ist durch das Bergsteigen und das Klettern, das der 42-Jährige auch trotz Behinderung weiterhin betreibt, immun gegen Irritationen. Erst als es gilt, die Gondel wieder zu verlassen, ist wieder die Unsicherheit da, die seit der Erblindung mit dem Betreten unvertrauten Terrains einhergeht: Wo fängt die Stufe neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, melodie staran? Wie breit ist sie? Wo hört sie auf? Er fährt seinen weißen Teles- kopstock aus, um zu ertasten, was er nicht mehr sieht.

Pauly und Thilo-Harry Wollenschläger schlagen den Melodie Star als nächs- te Station vor. Was ein Riesenrad ist, musste niemandem erklärt werden, doch wie beschreibt man Blinden ein Karussell, das sie nicht kennen? Jörgs Begleiterin, geübt im Umgang mit ihm, schafft es. Die Entscheidung, damit fahren zu wollen, ist vermutlich schon beim Stichwort „schnell“ gefallen. Denn Schnelligkeit fasziniert den erfolgreichen Handicap-Sportler: Er ist Deutscher Meister im Speed-Skating und nahm im letzten Jahr als einziger Blinder  am Berlin Skate-neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, geisterbahn fantasmagor raschMarathon teil.

Die Geisterbahn wollen auch die ausprobieren, die sich vor Höhe und Geschwindigkeit fürchten. Nur wenige lösen ihre Freikarte nicht ein. Ihr sei es im Dunkeln unheimlich, sagt eine Frau, die zu denen gehört. Sie nimmt ihre Umwelt nur noch schemenhaft wahr, kann aber hell und dunkel sehr wohl unterscheiden. „Ich schlafe auch bei Licht“, erklärt sie grinsend – ahnend, wie verblüffend dieses Geständnis auf Sehende wirkt. Als es nach der rumpeligen Fahrt durch das Reich des Gruselns hinüber zu den Autoscootern geht, wirkt der Geisterbahn-Effekt nach. „Nie wieder!“, sind sich die meisten einig. Die lauten Geräusche, die schweren Vorhänge, die einem über Körperteile streichen, die abrupten Wechsel zwischen Dunkelheit und neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, thilo-harry wollenschlaeger,atlantis rafting wildwasserbahnHelligkeit – das sei hochgradig unangenehm gewesen.

Nass wird es am nördlichen Ende des Festgeländes. Doch zunächst muss der Rummel- König genau erklären, was es mit der Wildwasserbahn „Atlan- tis Rafting“ auf sich hat. Dass die runden Tassen, die über die Strecke schaukeln, nicht fliegen und es auch keine unheim- lichen Geräusche oder Lichteffekte gibt, verschafft dem Fahrgeschäft spontan Sympathien. Man werde  eben ein  bisschen nass, sagt Wollenschlaeger. Und hinter-

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her könne man sich ein Foto ausdrucken lassen, das beweist: Ich war dabei! Das wollen alle, egal ob Kleidung, Haare oder der beim Quiz mit Pauly gewonnene Schlumpf eine Dusche abkriegen. „War das schön“, schwärmt Heidi nach der Fahrt und wringt den nassen Fleck an ihrer Hose aus. Ihre Begeisterung gilt aber nicht nur der Wildwasserbahn, sondern dem Ausflug zu den Neuköllner Maientagen an sich. Seit ihrer Erblindung vor acht Jahren sei sie zum ersten Mal wieder auf einem Rummel. Lust, sagt sie, hätte sie allerdings durchaus schon vorher gehabt: „Aber ich hab mich nicht getraut, jemanden zu fragen, ob er mich begleitet, denn ich falle ja schon so oft Leuten zur Last, weil sie mir im Alltag helfen oder Dinge beschreiben müssen, die ich nicht kenne.“ Neulich sei es ein Alpaka gewesen, von dem sie unbedingt wissen wollte, wie das Tier aussieht. Rund eineinhalb Jahre habe sie gebraucht, sich mit ihrer neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, high explosive achterbahnBlindheit abzufinden. Das sei die härteste Zeit ihres Lebens gewesen. „Aber ge- genüber den Geburtsblinden hab ich wenigstens den Vorteil“, findet Heidi, „dass ich schon vieles gesehen hab und auf die Erinnerungen zurück- greifen kann.“  Das, gibt sie zu, mache aber auch oft ein bisschen traurig.

In die High Explosive-Achterbahn will Heidi nicht, viele andere schon. Jörg natürlich auch, denn sie ist schnell. Danach gibt es an der Knabber-Lok gebrannte Mandeln für neuköllner maientage, absv-gruppe, city stiftung berlin, thilo-harry wollenschlaeger, rocket-weber fahrgeschäftalle. Der Abschluss der Rummelplatz-Runde führt zu einer der großen Attraktionen des Volksfestes in der Hasen- heide: dem Rocket. Erneut muss erklärt werden, was die Mägen und Sinnesorgane in dem gelb-schwarz blinkenden High Tech-Fahrgeschäft erwar- tet. Eigentlich sieht es ob der Attribute „hoch und schnell“ nach einem klaren Fall für Jörg aus. Doch es sind zwei andere Männer und eine Frau, über denen die Sicherheitsbügel zuklappen. Jörg hat Hunger auf Bratwurst. Schon die ganze Zeit. „Ist ja auch kein Wunder bei den Gerüchen hier“, sagt er.

Nach zwei Stunden Rummel sind alle glücklich. Auch Paloma Rändel, die für den ABSV die Gruppe begleitet hat. „Anfangs“, sagt sie, „war ich ja skeptisch, ob das Angebot für diesen Gruppenausflug überhaupt jemanden interessiert. Aber nun sehe ich, dass es supergut angekommen ist.“ Heidi nickt und kündigt an, dass sie sich nun auch wieder ohne den Schutz einer Gruppe zu Volksfesten trauen wird.

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Tumm gelaufen

„Die im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen 2009/2010 erhobenen Daten aller Neuköllner Kinder im Einschulungsalter belegen deutlich: Ein großer Anteil der Kinder hat erhebliche Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Insgesamt war rund ein Viertel der untersuchten Kinder nicht in der Lage, weitgehend fehlerfreies Deutsch zu sprechen. Bei Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund waren es sogar fast 40 Prozent, darin enthalten 10 Prozent, die gar kein Deutsch sprechen oder bestenfalls einzelne Wörter. Das ist ein ernstes Problem.

Diese Kinder sind praktisch kaum beschulbar, sie haben sehr schlechte Chancen für ihre persönliche Zukunft und ziehen das Leistungsniveau in ihrem Klassenverband nach unten. Vor diesem Hintergrund ist völlig unverständlich, warum die Vor- schulklassen abgeschafft wurden, andererseits aber auf das umstrittene jahr- gangübergreifende Lernen gesetzt wird. Die abnehmende Bildungs- und Leis- tungsfähigkeit verstärkt sich trotz einiger vermeindlicher Zwischenhochs bei den Pisa-Studien“, führt Falko Liecke (CDU), Neuköllns Stadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit, in einer Pressemitteilung aus, die die Forderung von Bundesfami- lienministerin Kristina Schröder (CDU) nach einer Vorschulpflicht unterstützen soll.

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Der Sound des Herbstes in Neukölln

Laubbläser verbieten! Gesundheitsstadtrat fordert „ruhigen“ Herbst – das steht über einer vorgestern veröffentlichten Pressemitteilung des Neuköllner Gesund- bsr-laubbläser, neukölln, gesundheitsstadtrat falko lieckeheitsstadtrats Falko Liecke.

Laubbläser seien nicht nur belästigend, sondern in der Tat auch gesundheits- schädlich, nicht nur durch den Lärm, den sie verursachen, sondern auch durch das Aufwirbeln von Staub, inklusive Krankheits- erregern und Allergenen, und übrigens auch durch ihre Abgase, stellt Liecke fest: „Ich bin der Auffassung, dass diese Geräte nicht weiter betrieben werden sollten, da die negativen Folgen größer sind als der tatsächliche Nutzen. In Neukölln werde ich mich dafür einsetzen und hoffe, dass wir es auch berlinweit schaffen, den Herbst wieder ruhiger zu machen.“

Bis zur Berliner Stadtreinigung scheinen sich Lieckes Ambitionen allerdings noch nicht rumgesprochen zu haben. Unbeeindruckt von seinem Appell treiben die BSR-Männer dieser Tage das Laub durch die Straßen Neuköllns – mit Mundschutz gegen flatternde Allergene oder Krankheitserreger und mit Ohrenschützern gegen das Getöse ihrer Maschinen gefeit. So ist es zumindest für sie ein ruhiger Herbst.

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17 Suppen bei der 1. Neuköllner Suppenfete

1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnDas Wetter hätte eigentlich gestern nicht besser sein können. Die Temperaturen waren herbstlich, der Him- mel grau, dazu fegte ein strammer Westwind durch die Straßen – Eintopf-Wetter par excellence, wie gemacht für die 1. Neuköllner Suppenfete.

Trotzdem war keiner so richtig glücklich über die me- teorologisch geschaffenen Fakten. Auch die 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnAkademie Berlin-Schmöckwitz als Veranstalter nicht, die für das Fest nur eine Open Air-Planung hatte. 17 Neuköllner Initiativen und Hobby-Köche waren zum Gelände der alten Kindl-Brauerei gekommen, um ihre Süppchen  den kritischen Geschmacksnerven und Augen der Jury zu stellen. Die bestand einerseits aus den Besuchern der Fete und andererseits aus Lokal“prominenz“: Falko Liecke, Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Gesundheit, Jutta Weißbecker, Mitglied der Neuköllner SPD und ehemaliges Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, und Hüseyin Yilmaz, Gründer und Vorsitzender des Vereins Türkischer Unternehmer und Handwerker (TUH). Ebenso wie die Publikumsjury mussten sie Zettel ausfüllen, bei denen es galt, die geschmackliche Raffinesse, Konsistenz und 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllndas Aussehen der Suppen zu bewerten.

Die Bandbreite der kulinarischen Kreationen aus aller Welt ließ kaum Wünsche offen. Sie reichte von Linsensuppe über paprika-/ingwerlastige Mitternachtssuppe, Sauerkohl-Rahmsuppe mit Choriza-Schaum, vegetarische Spätsommer-Minestrone bis hin zur Bunten Suppe. Letztere gehörte zu den ersten, die nicht mehr zu haben waren. Einzig an ihrer Beliebtheit lag das aber nicht. „Uns wäre fast der Marktstand um die Ohren geflogen und durchgefroren genug waren wir auch“, erklärt Michaela Hartmann aus der Koch-Crew vom Gemeinschaftshaus Morus 14 e. V., die das farbenfrohe Rezept ausgetüftelt hatte.

gewinner der 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnEinen Platz unter den drei belieb- testen Suppen schaffte sie nicht. Die- se Ehre wurde der Rote Bete-Apfel- und der Kürbis-Kokos-Suppe zuteil; sie landeten auf dem Bronze- und Silberrang. Den ersten Preis gewann die Linsensuppe des Integrations- vereins ImPULS e. V. aus der Gro- piusstadt. Außer einer Urkunde gab es als Belohnung 10 Gutscheine für ein Essen im Neuköllner Ausbildungsrestaurant des Suppenfete-Veranstalters.

Der ist mit der Premiere des Events, das auf das mit 10.000 Euro geförderte  Stärken vor Ort-Projekt „StadtTeilKüche“ aufmerksam machen sollte, durch und durch zu- frieden. „300 Besucher haben teilnehmer der 1. neuköllner suppenfete,akademie berlin-schmöckwitz,alte kindl-brauerei,neuköllnwir bisher gezählt“, sagte Akademie Schmöckwitz- Geschäftsführerin Birgit Domröse rund zwei Stunden vor dem Ende des Festes. „Wir würden’s gerne wieder machen“, kündigte sie an. Ob mit oder ohne finan- zielle Unterstützung sei unerheblich, da die Organisation und Ausrichtung der Suppenfete samt ihres kleinen kulturellen Rahmenprogramms ja nicht viel koste. Viele werden’s aber auch nicht gewesen sein, die – abgesehen von den Teilnehmern – durch den Kochwettbewerb von der „StadtTeilKüche“ erfahren haben.

_ensa_