Verschmäht

Werden öffentliche Gelder in Bauprojekte gesteckt, die niemand braucht, wird schnell der Vorwurf der Verschwendung laut. Besonders mustergültige Exempel für Prasserei finden sich anschließend im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) wieder: So wird in dessen 2011-Ausgabe beispielsweise die Lichtinstallation „Neuköllner Tor“  aufgeführt, die nicht nur teurer als geplant wurde, sondern zudem in puncto Sinnhaftigkeit und Effekt nach Meinung des BdSt zu wünschen übrig lässt.

Guckt man sich in diesen Tagen am Neuköllner Schiffahrtskanal um, scheint ein neuer Schwarz- buch-Aspirant in Sicht. Für insgesamt 1.860.000 Euro wurde die Peripherie der Wasserstraße im Bereich um den S-Bahnhof Sonnenallee aufgepeppt.  Allein 900.000 Euro flossen im Rahmen des Projekts „Neukölln ans Wasser“ in den Neubau der Treppenanlage Sonnenbrücke Nord. Doch wie man sieht: Vom Bedürfnis der Neuköllner, sich auf den  Granitstufen und  Holzpodesten zu verlustieren, ist nichts zu sehen. Selbiges gilt

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für die Gäste des Estrel Hotels und den Biergarten, der mittels einer Investition des Unternehmens umgestaltet wurde, um ihn optisch der Treppenanlage anzupassen.

Ebenso verwaist liegt der neu gepflasterten Gehweg entlang des Kanals am südli- chen Kiehlufer  da, der – wie auch  Egidius Knops‘ Kunstobjekt „Welle“  – Teil einer weiteren  „Neukölln ans Wasser“-Baumaßnahme  ist. Ein  Fördervolumen von insge-

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samt 960.000 Euro umfasst sie. Das gemessen an der Nutzung wohl erfolgreichste Segment ist allerdings eines, das nur sehr am Rande mit Wasser zu tun hat: die Umgestaltung des Schwarzen Wegs. Vom Wasser haben nicht nur die meisten Neuköllner in diesem Sommer schon jetzt mehr als genug.

Einen Überblick über die „Neukölln ans Wasser“-Umbaumaßnahmen verschafft ein Flyer, der im Rathaus ausliegt und hier als pdf-Download bereitsteht.

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Nachzügler

Das Strandbad Wannsee ist bereits geöffnet. Fünf andere Berliner Freibäder ziehen in der nächsten Woche nach, für die bis zu 25° C erwarten werden, acht weitere bis Mitte Mai.  Nicht unter denen ist das Sommerbad am Columbiadamm: Wer in Neu- kölln unter  freiem Himmel schwimmen will und  keinen eigenen Pool hat, muss sich

noch bis zum 26. Mai gedulden. Damit startet die Open Air-Badesaison im Bezirk immerhin zwei Wochen eher als im letzten Jahr, das für die Berliner Bäder-Betriebe (BBB) mit einer bescheidenen Bilanz endete. Ob des erst entschieden zu frühen und dann viel zu erfrischenden Sommers 2011 passierten gegenüber 2010 rund 400.000 Freibad-Besucher weniger die Kassenkreuze. Es liegt also nicht nur im Interesse der Berliner, dass das Zusammenspiel zwischen dem Wetter und den Öffnungs- zeiten der Sommerbäder in dieser Saison besser klappt.

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Poller mal anders: eine Welle für Neukölln

Sicher, es hätten nicht unbedingt Hunderte von Pollern sein müssen. Ein Bruchteil davon hätte auch gereicht, um das Problem des Wildparkens auf der Mittelinsel der Sonnenbrücke über dem Neuköllner Schiffahrtskanal in den Griff zu be- kommen. Und natürlich wäre es ebenfalls nicht nötig gewesen, die einzelnen Pflöcke mit was- serblauer Zwei-Komponenten-Farbe zu lackie- ren. In dezentem Grau hätten sie genauso ihren Zweck erfüllt. Au- ßerdem sind da noch die beiden Schwimmer, die durchs stilisierte Nass pflügen und aus der Ordnungsmaßnahme für Autofahrer  Kunst im öffentlichen Raum machen: „Welle“ heißt die mit Stadtumbau West-Mitteln für den Bereich Neukölln-Südring finanzierte Installation, die der Berliner Künstler Egidius Knops auf einer 50 Meter langen Fläche schuf. In der vergangenen Woche wurde das Werk vollendet.

„Sechs Meter lang und 2 Meter 80 hoch sind die beiden Schwimmer“, erklärt Knops. Als Referenz an Britta Steffen, Franziska van Almsick und andere erfolgreiche Athleten der SG Neukölln seien die bemalten Aluminium-Silhouetten zu sehen, die zwischen den Pollern be- festigt wurden. Die wiederum bilden ob ihrer Lackierung und unterschied- licher Höhen zwischen 50 und 140 Zentimetern eine Welle nach.

Den kostenlosen Stellplätzen und dem unfallträchtigen Ein- und Aus- parken auf der Sonnenbrücke wurde nun also durch Egidius Knops‘ nicht unumstrittenes Kunstwerk ein Ende gesetzt. Schon während der Bauphase be- schäftigte Kritiker die Frage, ob das Geld in einem Bezirk wie Neukölln nicht sinnvoller eingesetzt werden könne. Um der Situation vorzubeugen, dass vom Ehrgeiz, die Poller zählen zu wollen, gepackte Autofahrer im Schneckentempo die Brücke überqueren und damit eine neue Gefahrenquelle schaffen: „Es sind genau 500″, verrät mit Knops einer, der es wissen muss.

=ensa=