Gewerbe geht, Wohnungen kommen

Besonders schön ist der Ausblick nicht, den die Bewohner der Unstrutstraße haben, wenn sie in Richtung Osten gucken. Von einer Augenweide ist das ziemlich herunterge- kommene, zur Braunschweiger Straße gehö- rende Eckgrundstück, das noch als Lager- fläche genutzt wird, weit entfernt. Aber im- merhin hindert kein Gebäude auf der Straßen- seite gegenüber die aufgehende Sonne daran, in ihre Fenster zu scheinen. Das  soll  sich  nun  ändern.

Ein viergeschossiges Haus mit 24 Wohnungen wird, so die Planungen der Baugruppe Ausbauhaus Neukölln, auf der etwa 1.400 Quadratmeter großen Brache bauplatz braunschweiger str. 41, ausbauhaus neuköllnhochgezogen werden. „Momentan befinden wir uns auf der ersten von zwei kritischen Stufen bei der Realisierung von Bau- gruppen-Projekten, der Gründungsphase“, sagt Jan Kertscher, der das Vorhaben für das Architektenbüro PraegerRichter be- treut. Weitere Mitstreiter wer- den noch gesucht, andere seien schon da – und bei denen handelt es sich nicht in erster Linie um investitionsfreudige Auswärtige oder Prenzlberger. „Viele der Interessenten“, so Kertscher, „sind  Neuköllner, die momentan im Umkreis von 300 Metern wohnen.“ Wenn alles weiterhin planmäßig verläuft, können sie dem Ausbauhaus Neukölln vom Frühsommer nächsten Jahres an beim Wachsen zusehen und spätestens im Winter 2014 ihre neuen Domizile beziehen.

Die kritische Gründungsphase längst hinter sich gelassen hat inzwischen die Bau- gruppe, die auf dem Grundstück der ehemaligen Ananias-Kirche aktiv wird. 26 Ge- sellschafter gehören der Planungsgemeinschaft an; für weitere ernsthafte Inte- ressenten bleiben nur noch Plätze auf der Nachrücker-Liste.

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Ungewöhnliche Zukunftspläne für eine Neuköllner Kirche

Eigentlich heißt sie Ananias-Kirche, doch viele Menschen im Kiez verzichten, wenn sie von ihr sprechen, gerne auf das „i“ und nennen sie Ananas-Kirche. Gut möglich, dass die Wortspielerei auch am erfrischenden Gebimmel liegt, das dreimal täglich durchs Viertel ananiaskirche, ananiasgemeinde neukölln, evangelische kirchengemeinde rixdorfzwischen Sonnenallee und Richardstraße schallt. Damit ist es  aber bald vorbei.

Ihr 45-jähriges Bestehen wird die Kirche, die am 1. Advent 1967 eingeweiht wurde, nicht mehr erleben: Übernächsten Sonntag nimmt die Gemeinde mit einem Gottesdienst Ab- schied von ihr – und damit auch von der Zeit des Ungewissen.

Schon vor vier Jahren beschloss der Ge- meindekirchenrat der Ev. Kirchengemeinde Rixdorf, zu der drei weitere Kirchen in Nord-Neukölln gehören, die Ananias-Kirche samt Gemeindehaus aufzugeben. „Entscheidend für die Überlegung war aber nicht die Zahl der Gemeindemitglieder bei uns, sondern die besonders enge Kir- chendichte in unserer Nachbarschaft“, betont Ananias-Pfarrer Jürgen Fuhrmann. Im Umkreis von wenigen hundert Metern  gebe es mit der Brüdergemeine, den Baptisten und der reformierten Bethlehemsgemeinde gleich drei weitere Religionsge- meinschaften. Die Fortsetzung einer kirchlichen Nutzung der Ananias-Kirche war dennoch zunächst erklärtes Ziel, wobei besonders heftig mit einem Migrantenkirche-Projekt geliebäugelt wurde. Die Realisierung des Vorhabens scheiterte aber, weil sich niemand fand, der neben einem Konzept auch finanzielle Mittel für den Erwerb und Betrieb des Gebäudeensembles mitbrachte.

Zusammen mit der Architektengruppe Hausglück wurde nun eine neue Lösung gefunden, die zumindest eine sozialverträgliche Nachnutzung der Ananias-Lie- genschaft verspricht. Angestrebt werde, so Jürgen Fuhrmann, ein Baugruppen-Projekt mit Mehrgenerationenhaus und Gewerbeeinheiten. Feste Interessenten gebe es bereits: „Insgesamt müssen etwa 20 gefunden werden, um die Baugruppe gründen zu können“, sagt der Pfarrer und klingt dabei sehr zuversichtlich, dass es klappen wird, die Ananias-Kirche in eine neue Zukunft zu führen.

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