Stünde das Museum Neukölln auf amerikanischem Grund und Boden, würde mo- mentan sicher ein Schild mit der Aufforderung „WARNING! WATCH YOUR STEP!“ am Eingang hängen. Da es aber in Deutschland steht, hat jeder, der das „Neuköllner Sozialparkett“ der Künstlerin Barbara Caveng zu begehen gedenkt, vor dem Betreten des Raumes eine Vereinbarung zu unterschreiben: Ja, ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Installation Bodenunebenheiten aufweist, dass ich sie auf eigenes Risiko betrete und das Museum bei Verletzungen nicht haftet. Erst dann heißt es: Schuhe aus (!) und rein ins Vergnügen.

120 Quadratmeter misst der Raum, den die Schweizer Künstlerin innerhalb von zwei Wochen mit Parkettstäben ausgelegt hat, die aus ausrangierten Möbelteilen zurechtgesägt wurden: Tisch- und Küchenarbeitsplatten, Regalbretter, Schränke und
Betten, die gespendet oder auf Neuköllner Bür- gersteigen und an Straßenrändern wild entsorgt wurden. Auf manchen sind noch Sticker
und Dekor- elemente zu sehen, die zu wilden Phan- tasien verfüh- ren, wie wohl das Möbel- stück einst ausgesehen haben mag und wie das Zimmer, in dem es stand, wer wohl darin wohnte. Viele der Parkettstäbe, die aus Schranktüren oder Schubladenfronten 
entstanden sind, haben ihre Scharniere, Schlösser und Griffe behalten und erweisen sich bei ihrer unorthodoxen Verwendung als Bodenbelag als perfekte Stolperfallen. Oder – ob der losen Verlegung – als gelungene Teststrecke zur Überprüfung der Feinmotorik von Füßen und Zehen.
Verletzungen hat es bislang nach Auskunft der Mitarbeiter des Museums noch nicht gegeben. Diskussionen mit Eltern, die meinen, ihre Kinder könnten sich – während sie selber nebenan die Dauer-Ausstellung „99 x Neukölln“ genießen – auf dem „Neuköllner Sozialparkett“ austoben, dafür umso häufiger. Ein weiterer verbaler Dauerbrenner ist die Frage, weshalb man denn vor der Begehung des Raumes die Schuhe ausziehen muss: Einerseits, weil es dem Parkett nicht gut täte, mit Pfennigabsätzen oder derben Sohlen betreten zu werden. Andererseits aus hygienischen Gründen. Denn auch der bis ins Detail instruierte Putztrupp des Museums trägt einen wesentlichen Teil dazu bei, dass das imposante Kunstwerk von Barbara Caveng so prächtig bleibt wie es ist.
Das „Neuköllner Sozialparkett“ ist noch bis zum 12. November von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 18 Uhr im Museum Neukölln begehbar. Der Eintritt ist frei, Socken sind mitzubringen.
_ensa_
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