„Berlin kann und muss mehr tun, um die Gefahren für obdachlose Menschen abzuwenden. Die sogenannte ‚freiwillige Obdachlosigkeit‘ auf unseren Straßen und Grünanlagen kann aber deswegen nicht vollkommen unreguliert bleiben.“ So stellte Sozialstadtrat Falko Liecke am Dienstag die Veröffentlichung des Neuköllner Leitfadens Obdachlosigkeit vor. „Ziel des Leitfadens ist der transparente Umgang mit Obdachlosigkeit im Bezirk Neukölln.“ Der über 20-seitige Leitfaden, der als eine Selbstbindung der Verwaltung zu verstehen ist, soll bei strittigen Entscheidungen im Umgang mit Obdachlosen ein Verständnis für das administrative Handeln des Bezirks schaffen „Der Leitfaden richtet sich daher neben den handelnden Fachkräften auch an die interessierte Öffentlichkeit“, so Liecke.
Unter Randnummer 43 folgende werden Friedhöfe, Kinderspielplätze sowie Kindertageseinrichtungen und Schulen als „besonders schützenswerte Orte“ deklariert. Hier soll „in der Regel kein Aufenthalt entgegen dem ursprünglichen Nutzungszweck geduldet werden und eine Räumung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzungseinschränkung schnellstmöglich erfolgen.“ Unter den Randnummern 52 bis 55 wird erläutert, nach welchen Regularien der Aufenthalt obdachloser Personen im öffentlichen Raum beendet werden kann.
Unter den Randnummer 28 bis 32 werden mit Hinweis auf Gerichtsurteile die Standards für Art und Ausstattung der Notunterkunft definiert. Die Randnummern 33 bis 38 thematisieren die Freizügigkeit der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Einleitend wird im Leitfaden ausführlich das juristische Verständnis der „freiwilligen Obdachlosigkeit“ im Unterschiede zum sozialarbeiterischen Verständnis der „unfreiwilligen Obdachlosigkeit“ thematisiert. Letztere ist durch mannigfaltige Gründe -psychische Erkrankungen oder Suchterkrankungen, familiäre, berufliche oder persönliche Erlebnissen, Ablehnung der mit einer ordnungsrechtlichen Unterbringung verbundenen Einschränkungen der persönlichen Freiheit oder Angst vor Übergriffen und Diebstahl- bedingt. „Der Umgang mit Obdachlosigkeit im öffentlichen Raum hat stets beide Dimensionen zu berücksichtigen“, lautet eine Schlussfolgerung im Neuköllner Leitfaden Obdachlosigkeit.
Unter der Überschrift „Wie geht es weiter?“ räumt das Bezirksamt unter Randnummer 61 ein: „Zur bedarfsgerechten Begegnung der freiwilligen Obdachlosigkeit, also jener von Obdachlosigkeit betroffenen Personen, die eine durch das Bezirksamt bereitgestellte Unterkunft ablehnen, sind zusätzliche Ressourcen, insbesondere im Bereich der Straßensozialarbeit erforderlich. Perspektivisch ist die erhebliche Stärkung der bezirklichen Infrastruktur für die Versorgung der von Obdachlosigkeit betroffenen Personen erforderlich. Dazu stehen derzeit weder die finanziellen, personellen noch baulichen Ressourcen zur Verfügung.“
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