Ausstellung #DerSchönsteTag eröffnet ungewohnte Perspektive auf Neukölln

Rund um die Hochzeit ist im Großstadtbezirk Neukölln eine ungeahnt vielseitige Infrastruktur entstanden. Geheiratet werden kann nach der Zeremonie auf dem Standesamt in christlichen Kirchen, im hinduistischen Tempel in der Hasenheide, in der Synagoge am Fraenkelufer, die die zerstörte Synagoge in der Neuköllner Isarstraße ersetzt, oder in der Dar Assalam Moschee. Bei der Gestaltung der Hochzeitsfeier bieten Neuköllner Fotografen, Konditoren, Schneiderinnen, Blumenhändlerinnen und viele mehr  ihre Dienste an. Um späteren Eheproblemen aus dem Weg zu gehen, helfen auch Paartherapeuten, Rechtsanwältinnen für internationales Familienrecht sowie verschiedenste Beratungseinrichtungen im Bezirk. Bereits in den 1920er Jahren richtete Richard Schmincke, Stadtrat für das Gesundheitswesen im Arbeiterbezirk Neukölln, eine kostenlose und anonyme „Ehe- und Sexualberatungsstelle“ ein. All das zeigt eindrucksvoll die Ausstellung #DerSchönsteTag – Hochzeit in Neukölln noch bis Ende Mai im Museum Neukölln auf dem Schloss- und Gutshof Britz.

An den Wänden illustrieren mehr als 150 historische Fotos aus dem Museums-Archiv, die Dorfhochzeiten vor der Gründung Groß-Berlins im Jahr 1920 ebenso wie professionelle Hochzeitsfotos aus der Gegenwart zeigen, den Wandel der Kultur des Heiratens. Gelegentlich erinnern die Bilder auch daran, wie abhängig individuelles Glück vom historischen Geschehen sein kann. So zeigt ein Foto aus dem Jahr 1932 ein frisch verheiratetes Paar vor dem Neuköllner Standesamt in der Emser Straße. Dem Begleittext ist zu entnehmen, dass der Ehemann drei Jahre später mit Erlass der Nürnberger Rasse-Gesetze 1935 als „Mischling ersten Grades“ galt. In den letzten Kriegsjahren kam er in ein Arbeitslager in Magdeburg. 1944 gelang ihm die Flucht, sodass er dem Holocaust entkam. Auch seine Frau überlebte den Krieg. Daneben hängt das Bild eines Ehepaars aus dem Jahr 1943, das vor dem Standesamt in der Richardstraße aufgenommen wurde. Der Mann in Uniform und seine Frau begingen, so wie viele Paare im Zweiten Weltkrieg, ihre „Kriegstrauung“. Das Verfahren für sogenannte „Kriegsbräute“ und Soldaten war stark verkürzt und konnte innerhalb kürzester Zeit vollzogen werden.

Vom ersten Kennenlernen bis zur Goldenen Hochzeit ziehen sich wie ein roter Faden die Geschichten von sieben jungen und nicht mehr ganz so jungen Ehepaaren durch die Ausstellung. In kurzen Hörstücken, die in Audio-Dateien festgehalten sind, berichten die Neuköllner Paare über Gefühle, Erinnerungen und Befindlichkeiten rund um ihre Hochzeit. Margot und Promod waren das zweite deutsch-indische Hochzeitpaar in Berlin. Wie einigten sie sich darauf, ihre Kinder zu erziehen? Martina und Melanie heirateten als erstes lesbisches Paar in einer Neuköllner Kirche. War das problemlos möglich? Gülistan und Kadir erzählen von den Bräuchen einer alevitischen Hochzeit. Warum machen sie ein Mal im Jahr eine gemeinsame Aufnahme im Fotoautomaten? Auf einer Videoinstallation am Eingang schweben Tänzer zum Waltz of Eternity, mit dem ein frisch vermähltes Paar traditionell seine Hochzeitsfeier eröffnet, durch den Raum. Am Ende des Rundgangs können die Besucherinnen und Besucher der Sonderausstellung an einem Hochzeitsbarometer äußern, was sie über das Heiraten denken.

#DerSchönsteTag – Hochzeit in Neukölln
Bis zum 29. Mai 2023

Museum Neukölln
-auf dem Schloss- und Gutshof Britz-
Alt Britz 81
12359 Berlin

Täglich 10 bis 18 Uhr
Eintritt frei

=Christian Kölling=

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