Wie kann die Verkehrswende in Neukölln gelingen?

„Wo liegen in Neukölln kurz- und mittelfristig die Hindernisse zur Umsetzung des Mobilitätsgesetzes?“ Um dieser Frage nachzugehen, luden das Netzwerk Fahrradfreundliches Neukölln und der Verein Changing Cities am Montag vergangener Woche zur Podiumsdiskussion in die Neuköllner Oper. Aufmunternder Titel der Veranstaltung, deren Aufzeichnung weiterhin im Internet zu sehen ist:  „Komm in die Gänge, Neukölln!“ Moderatorin Elena Steinrücke (r.) konnte ein breit aufgestelltes Panel mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft begrüßen. Neben Kerstin Stark (2.v.l.), Mitinitiatorin des Volksentscheids Fahrrad und Mitbegründerin von Changing Cities, saßen Dr. Lea Wisken (3.v.l.), Leitung der Koordinierungsstelle Rad- und Fußverkehr bei der Senatsverwaltung für Umwelt und Mobilität, sowie die TU-Studentin Eda Koca (l.). Links vom Landesparlamentarier Stephan Machulik (M.), Sprecher für Mobilität der Berliner SPD im Abgeordnetenhaus, hatten die Grünen Kommunalpolitiker Monika Herrmann (3.v.r.), die bis 2021 Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg war, sowie Jochen Biedermann (2.v.r.), stellvertretender Bezirksbürgermeister von Neukölln und als Stadtrat Leiter des Geschäftsbereiches Stadtentwicklung, Platz genommen.

„Am Geld hakt es nicht“, antwortete Machulik auf die Frage, was getan werden muss, damit die Verkehrswende -deren Ziel in Neukölln z.B. 16 Kilometer neue Radwege bis zum Ende der Legislatur sind- endlich Fahrt aufnimmt. Stadtrat Biedermann beklagte den Mangel an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern für die neu ausgeschriebenen Stellen des Bezirks, beispielsweise zur Förderung des Rad- und Fußverkehrs. Auch werde es immer schwieriger, geeignete Fremdfirmen zu finden, die Straßenbauaufträge ausführen könnten. „Die Bezirke brauchen Bauhöfe!“, forderte Monika Herrmann, die in ihrer Amtszeit innovative Verkehrsprojekte -wie z.B. Pop-Up-Bikelanes- auch gegen Widerstände in Friedrichshain-Kreuzberg einführte. Lea Wisken aus der Senatsverwaltung wies darauf hin, dass das Prinzip der Mitarbeiterhaftung die Realisierung neuer Projekte in den Behörden  zuweilen behindere.

An einem Ende des Panels hatten die Veranstalter einen Stuhl neben Eda Koca freigelassen, auf den sich Zuschauer aus dem Publikum setzen konnten, um ihre Fragen zu stellen. Ein Vertreter der Initiative Ampelanlage Blaschkoallee und eine Sprecherin der Initiative Harzer Kiezblock, die für Verkehrsberuhigung eines Wohngebietes nahe der künftigen A-100-Anschlussstelle Am Treptower Park eintritt, nutzten die Fishbowl-Diskussionsmethode für ihre Fragen. Koca, die Verkehrswesen an der TU-Berlin studiert und neben ihrem Studium in der integrierten Verkehrsplanung der Universität arbeitet, engagiert sich für die Themen Partizipation und Feminismus, über die sie gerade auch ihre Abschlussarbeit schreibt. „Je inklusiver die Beteiligung ist, desto komplexer wird das Verfahren. Exklusive Beteiligungsverfahren führen dagegen zu schnellen Ergebnissen“, sagte sie und kritisierte, dass es nicht das Ziel der Partizipation sein dürfe, die Menschen von etwas zu überzeugen. Aufgabe der Beteiligung sei es, den Menschen zuzuhören und die vorgetragenen Meinungen anschließend auch einzubinden, forderte Koca. „Wir beteiligen uns manchmal zu Tode“, hielt ihr Wisken entgegen: „Wir haben als Verwaltung den Auftrag, etwas umzusetzen. Wir haben nicht den Auftrag, noch einmal zu diskutieren, ob wir wirklich noch eine Radverkehrsanlage brauchen, wo jetzt das Vorrangnetz ist.“

=Christian Kölling=

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