Chic zu Pfingsten: Freiwillige räumten in Buckow auf

Wer will am Dorfteich den Müll einsammeln? Wer kommt mit zur Gerlinger Straße?“ Sechs Touren hatte Michael Ruf (l.) vom Verein „Für ein schönes Buckow“ für seine Müllsammel-Aktion vorbereitet, die am Sonnabendvormittag vor dem Wahlkreisbüro der SPD-Abgeordneten Nina Lerch (r.) in der Christoph-Ruden-Straße startete. Über 20 Bürgerinnen und Bürger, darunter auch Bezirksstadträtin Sarah Nagel und zwei Mitarbeiter ihres Ordnungsamtes, nahmen an der Aktion „Buckow macht sich chic“ einen Tag vor Pfingsten teil. „Mit Unterstützung der Kehrenbürger-Kampagne der Berliner Stadtreinigung wollen wir Buckow vom großen und kleinen Müll befreien“, rief der Verein zu seiner zweiten Abfallsammlung in diesem Jahr auf. Die BSR stellte Warnwesten, Greifzangen und Müllsäcke zur Verfügung. Für die freiwilligen Helferinnen und Helfer gab es am Ende Gebäck, Bratwurst und eine kühle Erfrischung, die der Verein bei mehreren Sponsoren eingeworben hatte.

Ich begleitete Bezirksstadträtin Nagel, die beiden Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Vereinssprecher Ruf bei ihrer Tour durch die Gerlinger Straße, die seit geraumer Zeit einer der 15 sogenannten Müll-Hotspots in Neukölln ist. Erst im März hatte der Verein „Für ein schönes Buckow“ in der anliegenden Heinrich Mann Oberschule auf einer öffentlichen Versammlung mit Politikern und Betroffenen über Strategien gegen Vermüllung diskutiert. Ruf hatte damals auf den rot-grün-roten Koalitionsvertrag verwiesen, in dem es u. a. wörtlich heißt: „Die illegale Ablagerung von Müll auf öffentlichen Flächen und die Verletzung der Gewerbeabfallverordnung wollen wir konsequent verfolgen. Die BSR wird von der Koalition dazu in die Lage versetzt, illegale Ablagerung von Müll zeitnah zu beseitigen.“ Der Verein „Für ein schönes Buckow“ will erreichen, dass die Berliner Stadtreinigung illegale Müllablagerungen wieder unverzüglich beseitigen darf. Im Augenblick muss das bezirkliche Ordnungsamt der BSR einen offiziellen Auftrag zur Müllbeseitigung erteilen. Bürgerinnen und Bürger können über die App des Ordnungsamtes unrechtmäßig abgelegten Hausmüll, Sperrmüll oder Sondermüll ebenfalls melden. Die Auftragserteilung an die BSR oder deren externe Dienstleister darf allerdings auch in diesen Fällen nur durch das Ordnungsamt erfolgen. „Es gibt unkompliziertere Wege“, kommentierte Bezirksstadträtin Nagel am Sonnabend dieses Verfahren diplomatisch und verwies ebenfalls auf den Koalitionsvertrag, der festlegt, dass die BSR in die Lage versetzt werden soll, illegale Ablagerung von Müll zeitnah zu beseitigen.

Beim Gang durch die Gerlinger Straße zeigte sich einmal mehr, dass vor allem verantwortungslose Menschen und Umweltkriminelle den Ort als illegalen Müllabladeplatz missbrauchen. Schräg gegenüber von einem alten Waschbecken, das -wie Ruf beklagte- schon einige Monate in der Baumscheibe liegen soll, steht ein riesiger Transportsack mit Gewerbemüll am Straßenrand. Neben Bäumen, die den Weg zur Schule säumen, liegen Bauschutthaufen und ein Batzen hochgefährlicher Dämmwolle. Auf der anderen Straßenseite ist scheinbar Sperrmüll abgeladen worden. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass hier wahrscheinlich nach einer Entrümpelung mit anschließender Renovierung der Müll verantwortungslos hingeworfen wurde. Schließlich führt uns Ruf zu einem hohen, geschlossenen Container am Straßenrand, an dem das Ordnungsamt bereits eine DIN A4 große Benachrichtigung angebracht hat „Der Eigentümer dieses Containers wird hiermit aufgefordert, diesen unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche vom öffentlichen Straßenland zu entfernen. Nach Ablauf dieser Frist wird der Container kostenpflichtig abgeräumt und der Verwertung zugeführt“, steht auf dem Zettel, der vom 9. Mai (!) datiert ist. Michael Ruf versichert, dass er bereits vor einigen Monaten den weißen Container beim Ordnungsamt gemeldet habe.

Nach gut anderthalb Stunden kamen die sechs Freiwilligen-Gruppen wieder in der Christoph-Ruden-Straße zusammen. Für ein Gruppenfoto zum Abschluss präsentierten sie ihre gefüllten Abfallsäcke im Vordergrund. Anschließend unterhielten sie sich darüber, wie die Müllflut in Buckow eingedämmt werden kann. Den Müll, der gesammelt wurde, holt die BSR am Dienstag im Rahmen der Kehrenbürger-Aktion kostenlos ab. Die Wahlkreisabgeordnete Nina Lerch kündigte an, dass das Abgeordnetenhaus am 23. Juni den Berliner Landeshaushalt verabschieden will. Danach seien im Haushalt auch Mittel für die Stadtreinigung eingestellt, sodass die BSR ab 2023 wieder unkompliziert illegalen Sperrmüll und Bauschutt beseitigen könne. Zuvor sei allerdings noch eine Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes notwendig, die aber im Parlament bereits vorbereitet werde.

Den Freiwilligen fielen bei ihren Touren besonders unangenehm die zahllosen Zigarettenkippen auf, die achtlos weggeworfen wurden. Zwar ist das Wegwerfen einer Zigarettenkippe eine Ordnungswidrigkeit, die in Berlin mit einem Bußgeld bis zu 120,- Euro geahndet werden kann, aber kaum jemand kümmert sich darum und benutzt beispielsweise einen Taschenaschenbecher, wenn kein anderer Aschenbecher vorhanden ist. Dabei bergen sowohl der Tabakrest als auch der Filter einer Kippe erhebliche Gefahren für die Umwelt. In Zigaretten sind Tausende Schadstoffe enthalten, von denen nachweislich über 50 Stoffe krebserregend sind. Besonders schnell löst sich das Nikotin in Wasser und bedroht kleine Organismen -wie z. B. Wasserflöhe- ebenso wie Schnecken oder Fische. Zigarettenfilter sind keine harmlosen, mit Papier umwickelten Baumwollstückchen, sondern sie bestehen in der Regel aus Cellulose-Acetat, das ein schwer abbaubarer Kunststoff ist. Es dauert viele Jahre, bis die Filter zerfallen. Wenn Tiere diesen Plastikmüll fressen, weil sie ihn mit Nahrung verwechseln, kann das zu Verstopfungen im Verdauungsapparat führen, die tödlich enden können. Einige Vögel nutzen die zerfaserten Filter zum Nestbau, sodass ihre Küken giftigen Substanzen wie beispielsweise Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd und Benzol ausgesetzt sind. Eine bessere Aufklärung über die Schädlichkeit weggeworfener Zigarettenstummel scheint also dringend nötig zu sein: Alle sollten wissen, was sie der Umwelt antun, wenn sie eine Kippe einfach auf die Straße werfen.

=Christian Kölling=

 

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