Kein Platz mehr für die Maientage in Neukölln?

Gaukler und mobile Schausteller gehören seit dem 11. Jahrhundert zur Volkskultur. In dieser Tradition gastiert beispielsweise bis in die Gegenwart auf dem Heiligengeistfeld in St. Pauli dreimal im Jahr der Dom, das meistbesuchte Volksfest in Norddeutschland. Was für Hamburg recht ist, sollte für Berlin billig sein! Doch die Weltstadt an der Spree hat zwar oft ein Herz für den Rummel, aber immer öfter keinen Platz für den Jahrmarkt als Ort der Volksbelustigung. Seit 2020 sucht der Schausteller Thilo-Harry Wollenschlaeger vergeblich einen neuen Ort für das Deutsch-Amerikanische-Volksfest, dessen Erstauflage 1961 gefeiert wurde, das aber nach dem Ende des Kalten Krieges weiterhin beim Publikum beliebt blieb.

Die aktuell stattfindenden 55. Neuköllner Maientage, die Hans Purwin und Harry Wollenschlaeger 1965 ins Leben riefen, suchen für ihre 56. Auflage im kommenden Jahr jetzt ebenfalls einen neuen Festplatz. Die Hasenheide wird nach der Kirmes für knapp 5 Millionen Euro widerstandsfähiger gegen den Klimawandel gemacht.  Ein Verbleiben des beliebten Rummels im Volkspark ist nicht denkbar, weil niemand ausschließen kann, dass in diesem Fall die Mittel für die Renaturierung der Hasenheide gestrichen würden oder zurückgezahlt werden müssten.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln tagte am vergangenen Dienstagnachmittag auf den Neuköllner Maientagen. Auf der Tagesordnung stand ein Antrag der CDU-Fraktion mit dem Titel „Maientage für Neukölln erhalten!“  Wörtlich lautete der Antrag (Drucksache 0179/XXI ): „Das Bezirksamt wird gebeten, den Standort Volkspark Hasenheide zu sichern oder dort alternativ so lange zu gewährleisten, bis ein anderer Standort in Neukölln dauerhaft für das traditionelle Volksfest gefunden wurde.“ Die SPD-Fraktion brachte umgehend einen Änderungsantrag ein, in dem sie auf eine Petition verwies, die Wollenschlaeger unlängst bei change.org  startete: „Die BVV unterstützt die Intention der Petition ‚Rettet die Neuköllner Maientage!‘ von Thilo-Harry Wollenschlaeger und fordert das Bezirksamt auf, in diesem Sinne tätig zu werden, sodass eine schnelle Umsetzung gewährleistet wird.“

In der anschließenden Diskussion einigten sich die Verordneten aller Fraktionen – mit Ausnahme der AfD – auf einen gemeinsamen Text, der die Verlegung der Maientage pauschal auf das Tempelhofer Feld verlangt. Eine Unterscheidung zwischen den Teilen des ehemaligen Flughafengeländes, die heute von der Grün Berlin GmbH  bzw. von der Tempelhof Projekt GmbH verwaltet werden, wurde ausdrücklich nicht gemacht. Ebenso wurde darauf verzichtet, einen Ersatzstandort vorzuschlagen – z.B. den Columbiadamm – sofern die Fortführung der Maientage auf dem Tempelhofer Feld nicht möglich ist. Am 14. Juni wird über den geänderten Antrag im federführenden BVV-Ausschuss für Grünflächen, Umweltschutz, Naturschutz und Klimaanpassung beraten.

Die „Neuköllner Maientage“ sind bis 22. Mai täglich ab 15 Uhr, sonn- und feiertags bereits ab 14 Uhr geöffnet. Der Haupteingang befindet sich wie gewohnt am Columbiadamm, gegenüber vom Sommerbad Neukölln. Der Eintritt ist frei.

Webseite zur Petition „Rettet die Neuköllner Maientage!“

=Christian Kölling=

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