„Ausstiegswohnung“ für Armutsprostituierte öffnet in Neukölln

Um bedürftige Frauen beim Ausstieg aus der Armutsprostitution zu unterstützen, ist in Neukölln die berlinweit erste „Ausstiegswohnung“ offiziell eröffnet worden. Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Gerhard Schönborn, Vorsitzender des Berliner Vereins „Neustart e. V.“, erklärten zur Eröffnung am Dienstag in einer gemeinsamen Pressemitteilung: „Sex ist ein Geschäft. Allein in Berlin bieten schätzungsweise 6.000 bis 8.000 Prostituierte ihre Dienste an. Ein Ausstieg scheint aufgrund der gesellschaftlichen Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung und der oft unmittelbaren wirtschaftlichen Abhängigkeit fast unmöglich.“ Die absolute Mehrheit der Frauen, etwa 80 Prozent, müsse sich aus einer Not heraus prostituieren (Armutsprostitution, Beschaffungsprostitution) oder werde dazu gezwungen und sei somit von Menschenhandel betroffen. „Die Übergänge von Ausbeutung zu Zwang sind fließend. Die sogenannten ‚selbstbestimmten Sexarbeiterinnen‘ stellen eine absolute Minderheit dar“, heben Hikel und Schönborn hervor.

Das Modellprojekt richtet sich insbesondere an wohnungslose Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen und dazu kurzfristig eine Unterkunft benötigen. Die „Ausstiegswohnung“, in der es auch eine unterstützende Sozialbegleitung gibt, bietet Platz für bis zu drei Frauen. Jede Frau bewohnt ein eigenes, möbliertes Zimmer. Ziel ist es, realistische und nachhaltige Perspektiven zum eigenverantwortlichen Erwerb des Lebensunterhalts außerhalb der Prostitution zu eröffnen. Das Modellprojekt „Ausstiegswohnung“ gehört zu insgesamt fünf Projekten, die seit dem 1. August 2021 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert werden. Die Projekte haben eine Laufzeit von drei Jahren. Die übrigen Modellprojekte sind in Schleswig-Holstein, Bremen / Bremerhaven, Neunkirchen (Saar) und Rostock beheimatet.

=Christian Kölling=

%d Bloggern gefällt das: