Laib und Seele in der Gropiusstadt: Besuch von Senator Behrendt

„Wir sind für Menschen da, bei denen am Ende des Geldes noch viel Monat übrig ist.“ Karsten Böhm – Diakon, Sozial-Pädagoge und Lebensberater – betreut in der evangelischen Dreieinigkeitsgemeinde an der Lipschitzallee eine Ausgabestelle der Berliner Tafel Laib und Seele. Um sich über die Arbeit der Tafel zu informieren, besuchten ihn Dr. Dirk Behrendt, Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung sowie Bahar Haghanipour, Grüne-Direktkandidatin für das Abgeordnetenhaus von Berlin im Wahlkreis 4, am vergangenen Montagnachmittag in der nördlichen Gropiusstadt. „Ungefähr 170 Familien kommen ein Mal pro Woche zu unserer Lebensmittelausgabe. Unserem ehrenamtlichen Helferkreis gehören rund 60 Personen an. Davon sind 20 Prozent in unserer Kirche engagiert. Zwei oder drei ehrenamtliche Helfer sind von Anfang an dabei, also seit mehr als 16 Jahren“, berichtete Böhm den Gästen.

Jeden Montag – außer an Feiertagen – gibt es zwischen 13 und 15 Uhr eine Lebensmittelausgabe in den Gemeinderäumen. Alle, deren Nettoeinkommen als Einzelhaushalt unter 950 Euro im Monat liegt und die in einem Postleitzahlbereich wohnen, der mit 123 beginnt, können die Tafel nach einer Bedürftigkeitsprüfung für einen symbolischen Kostenbeitrag von 1 Euro pro Erwachsenem nutzen. „Die Lebensmittel schenken uns die umliegenden Geschäfte. Die Supermärkte sparen so Entsorgungskosten. Wir haben zwei Fahrzeuge, um die Spenden abzuholen“, erklärte Böhm weiter. Das Angebot der Tafel Laib und Seele schwanke saisonal, könne aber prinzipiell das gesamte Sortiment eines Lebensmittelgeschäftes umfassen.

Die Abteilung Verbraucherschutz des Senators unterstützt verschiedenste Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung, die im rotrotgrünen Koalitionsvertrag 2016 – 2021 vereinbart wurden. Sofern Lebensmittel im Müll landen, werden Rohstoffe, Energie und Wasser vergeudet, sodass hohe wirtschaftliche und ökologische Schäden entstehen. Erst kürzlich lobte die Senatsverwaltung deshalb einen Preis für Lebensmittelrettung aus, den die Online-Plattform foodsharing.de gewann.

Bahar Haghanipour erinnerte im Gespräch an das aktuelle Wahlprogramm ihrer Partei.  „Wir wollen Strukturen unterstützen, durch die gerettete Lebensmittel besser verteilt werden können. Supermärkte sollen abgelaufene Lebensmittel nicht mehr wegwerfen dürfen, sondern beispielsweise an die Tafel oder Foodsharing spenden“, heißt es dort wörtlich.

„Eigentlich geht es bei unserer Arbeit auch um die Rettung von Nahrungsmitteln. Ich bin Jahrgang 1956 und meine Eltern haben selbst gehungert. Die Überproduktion in Deutschland ist ein abendfüllendes Thema. Wir müssen Regularien finden, um die Mülltonnen nicht mit Lebensmitteln zu füllen“, sagte Böhm am Ende des Treffens. Bernd Szczepanski, ehemaliger Sozialstadtrat der Grünen im Bezirksamt Neukölln, pflichtete ihm bei: „Ich kann mich erinnern, dass früher auf dem Markt kurz vor Feierabend die verderblichen Waren günstiger verkauft wurden. Heute gibt es auch auf dem Wochenmarkt nur noch selten abends einen Preisnachlass.“

=Christian Kölling=

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