Dosta, die Dokumentationsstelle Antiziganismus, die beim transkulturellen Jugendverband Amaro Foro angesiedelt ist, veröffentlicht regelmäßig einen Report über antiziganistische Vorfälle in ganz Berlin. Der aktuelle Bericht für die Jahre 2019 und 2020 wurde kürzlich im Nachbarschaftsheim Urbanstraße vorgestellt. „Viele unserer Klienten befinden sich ohnehin in äußerst prekären Lebenslagen und waren dadurch auch von den Folgen der Pandemie in gravierendem Maße betroffen. Sie haben überproportional häufig ihre Arbeit verloren, während der Zugang zu sozialen Leistungen gleichzeitig noch stärker erschwert wurde“, kritisierte Mariela Nikolova, Vorstandsmitglied bei Amaro Foro. „Menschen in prekären Wohnverhältnissen waren zur Zeit des Homeschoolings auch vom Zugang zu Bildung über Monate de facto ausgeschlossen“, erinnerte sie und zog aus den aktuell dokumentierten Fällen das Fazit: „Die Pandemie ist ein Brandbeschleuniger für Antiziganismus.“
Eine rechtliche Grundlage, um in Berlin gegen Diskriminierung durch staatliche Stellen vorzugehen, bietet inzwischen das Landes-Antidiskrimierungsgesetz (LADG), das im Juni 2020 in Kraft trat. Die Leiterin der LADG-Ombudsstelle, Dr. Doris Liebscher, berichtete während der Pressekonferenz aus der Praxis: „Im ersten Jahr erreichten die LADG-Ombudsstelle insgesamt 350 Beschwerden, unter anderem wegen Diskriminierungserfahrungen bei der BVG, mit der Polizei, mit Bürgerämtern, in der Schule oder an der Universität.“ Doch nur wenige der Beschwerden, die die Ombudsstelle erreichten, betrafen Antiziganismus. Grund der geringen Anzahl von Beschwerden sei die geringe „Beschwerdemacht“ besonders marginalisierter Gruppen, erklärte die Ombudsfrau: „Gleiche Rechte haben, heißt noch lang nicht, gleiche Rechte bekommen. In der Rechtswirklichkeit haben es Angehörige diskriminierungsgefährdeter Gruppen beim Zugang zu Recht besonders schwer“, so Liebscher.
Zum einjährigen Jubiläum des Landes-Antidiskriminierungsgesetzes (LADG) gibt es eine Antidiskriminierungs-Sprechstunde mit Senator Dr. Dirk Behrendt und der Grüne-Abgeordneten Dr. Susanna Kahlefeld. Die Freiluft-Sprechstunde findet am 30. August von 17.30 bis 18.30 Uhr vor dem Eine-Welt-Haus, Berlin Global Village (Am Sudhaus 2) statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Detaillierte Informationen:
https://susanna-kahlefeld.de/termine/n-event/article/oeffentliche-antidiskriminierungs-sprechstunde-mit-dirk-behrend
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