„Liebe Neuköllnerinnen und Neuköllner, die Lage ist sehr ernst. Allein in Neukölln sind schon über 300 Menschen an Corona gestorben. Und es werden täglich mehr.“ Mit dieser alarmierenden Nachricht wandte sich Bürgermeister Martin Hikel am vergangenen Wochenende in einer neuen Videoreihe an die Einwohnerschaft des international gemischten Bezirkes. Im Mittelpunkt der fünf Aufklärungsvideos stehen authentische Stellungnahmen Neuköllner Multiplikatoren, die mit persönlichen Botschaften in der Muttersprache ihrer Gemeinschaften für Corona-Schutzimpfungen werben. Die für die Beiträge ausgewählten Persönlichkeiten sind Eva-Marie Schoenthal (Vorsitzende des BVV-Sozialausschusses), Maria-Luzia Stefanescu (Phinove e.V .), Kazim Erdogan (Aufbruch Neukölln e. V.), Nader Khalil (Deutsch-Arabisches Zentrum DAZ) sowie Imam Taha Sabri (Dar-as-Salam-Moschee).
„Die Menschen in Neukölln schauen eher weitergeleitete Whatsapp-Videos an, als dass sie in das Amtsblatt sehen“, erklärte der Bezirksbürgermeister zur Auswahl der Statements. „Viele informieren sich eher in ihrer Muttersprache und hören nicht nur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Deshalb bedienen wir alle Medien – mit der klaren Botschaft: Corona können wir nur gemeinsam besiegen. Und eine breite Impfbereitschaft gehört dazu!“, begründete Hikel den Start der Informationskampagne.
Die Videos und weitere Informationen sind ebenso auf der Homepage des Bezirksamts Neukölln wie in dessen Youtube-Kanal zu finden. Dort gibt es auch den Newsletter des Interkulturellen Aufklärungsteams Neukölln (IKAT) mit den wichtigsten Fragen zum Thema Impfung. Das IKAT ist seit einem halben Jahr im Bezirk unterwegs, um in insgesamt 13 Sprachen die Bevölkerung über die Pandemie und die Corona-Prävention zu informieren. In Zusammenarbeit mit einem Arzt aus dem Gesundheitsamt bietet das Team auch auf Märkten und an anderen Orten hausärztliche Beratung an.
„Tragen Sie Ihre Maske, auch wenn Sie Einkaufen gehen!“, empfiehlt Eva-Marie Schoenthal, die Ende Januar ihren 90. Geburtstag feierte und Berlins älteste Bezirksverordneten ist. In ihrem Videobeitrag fügt sie hinzu: „Ich habe mich schon einmal impfen lassen. Ich habe die Benachrichtigung bekommen, und habe mich gleich angemeldet. Ich hatte keine Schmerzen oder Wehwehchen nach der Impfung. Es ist wichtig, dass wir uns impfen lassen. Nehmen Sie Ihre Chance wahr!“ Nadar
Khalil, der im März 2019 im Rathaus Neukölln den ersten Fachtag zur Pflege arabischstämmiger Senioren organisierte, appelliert auf Arabisch: „Die Pandemie hat uns in Berlin erfasst. Sie hat uns viele Freunde, Liebste und viele, die ihren Alltag mit uns gelebt haben, weggenommen. Ich bitte euch nicht alles zu glauben, was über die Impfung gesagt wird. Wir müssen aufpassen, besonders auf unsere älteren Angehörigen.“ Auch Imam Taha Sabri warnt: „Meine Lieben, Corona stellt eine ernst zu nehmende Gefahr dar und die epidemiologische Situation verschlechtert sich ständig. Allah ermahnt uns im heiligen Koran: ‚Und stürzt euch nicht mit eigener Hand ins Verderben‘. Deshalb mein eindringlicher Appell: Haltet euch gewissenhaft an die Vorschriften und haltet zusammen, damit wir Menschenleben retten und somit weitere Opfer verhindern können.“
Auf Rumänisch wendet sich Maria-Luiza Stefanescu an ihre Mitmenschen: „Bitte glaubt nicht die vielen Lügen, die übers Internet verbreitet werden. Corona gibt es wirklich. Es ist sehr ernst und gefährlich. Schon über 2 Millionen Menschen sind weltweit daran gestorben. Bitte haltet Euch an die Abstandsregeln. An das Kontaktverbot. Tragt Masken. Die Impfung ist unsere einzige Hoffnung, um das Virus zu besiegen. Jeder, der Euch etwas anderes erzählt, lügt.“ Dringende Empfehlungen, die auch Kazim Erdogan gibt, der auf Türkisch in seinem Videobeitrag daran erinnert: „Jeder der geimpft wird, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitmenschen. Glaubt daran, dass das Impfen etwas Wichtiges ist und macht von eurem Recht Gebrauch.“
Und wie ist die Lage im Bezirk? Mittwochabend verzeichnete die Corona-Statisktik bereits 335 Todesfälle in Neukölln. Nur im Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg wurden mit 396 Verstorbenen mehr Tote gezählt. Mit einer 7-Tage-Inzidenz von 56,1 pro 100.000 Einwohner lag Neukölln knapp über dem Berliner Durchschnitt: Deutlich über dem Wert von Steglitz-Zehlendorf (39,7), aber auch deutlich unter dem Wert in Lichtenberg (72,7). Eine Karte der 7-Tage-Inzidenz nach Bezirksregionen in Neukölln war am Abend des 17. Februar nur für den Stichtag 9. Februar öffentlich im Internet zugänglich. Am besten schnitt im
Bezirksvergleich die Region Buckow mit einer 7-Tage-Inzidenz von 38 ab, am schlechtesten war der Wert mit 123 in der Köllnischen Heide.
Damit die Berliner Corona-Ampel bei der Auslastung der Intensivbetten wieder Grün zeigt, muss der Wert unter 15 Prozent sinken. Aktuell ist die Corona-Ampel immerhin wieder von Rot im Januar auf Gelb gesprungen. Grün zeigt die Berliner Corona-Ampel für den Indikator der 7-Tage-Inzidenz wieder an, sobald sich weniger als 20 (!) Neuinfektionen pro Woche je 100.000 Einwohner ereignen. Von diesem Idealwert war selbst die Bezirksregion Buckow vor 10 Tagen allerdings noch weit entfernt.
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