Cleanup am Weigandufer lenkt Aufmerksamkeit auf Vogelschutz

Mit Fledermausnistkästen und Bienenstöcken auf dem Dach haben die Neukölln Arcaden sich bereits für den Erhalt von Natur und Umwelt im Bezirk stark gemacht. Die regelmäßige Aktionswoche N3 der Shopping-Mall am Rathaus Neukölln  musste coronabedingt in diesem Herbst allerdings ausfallen. „Nachhaltigkeit und Müllvermeidung liegen uns sehr am Herzen. Wir konnten unsere Aktionswoche ‚N3 – Nachhaltige Nachbarschaft Neukölln‘ diesmal zwar nicht durchführen, freuen uns aber sehr, den Kiez auch mit spontanen Aktionen weiterhin zu unterstützen“, sagte mir Center-Managerin Daria Grodecki am vergangenen Mittwoch.

Gemeinsam mit Bezirksbürgermeister Martin Hikel und den Kiezhausmeistern von „Schön wie wir“ warb Grodecki beim Cleanup am Weigandufer zwischen Wildenbruchbrücke und Weichselpark für Sauberkeit, Natur- und Umweltschutz. „Unser Netzwerk ,Alles im Fluss‘ bemüht sich seit 2017 mit vielen Aktionen um mehr Sauberkeit rund um die Berliner Gewässer“, unterstützte Beate Ernst von der Initiative „Wir Berlin“ ebenfalls die Tour. Mit langen Greifern, derben Arbeitshandschuhen und großen Müllsäcken ausgerüstet sammelte der Tross – begleitet von Journalisten und einigen Anwohnern – Zigarettenstummel, Kronkorken und Glasscherben ein. Am Ende des einige hundert Meter langen Weges wartete am Weichselpark ein blaues Info-Mobil der Wasserschützer von Alles im Fluss (AiF). Es hatte einen so genannten Korkenmäher sowie einen starken Magneten im Gepäck. Zwei Geräte, die das Einsammeln der Kronkorken erheblich erleichtern, wie Bezirksbürgermeister Hikel an Ort und Stelle im Praxistest selbst feststellen konnte.

Ein weitere Überraschung hatte Daria Grodecki zum Ortstermin mitgebracht: Einige Futterampeln, zwei Nistkästen sowie Vogelfutter im Wert von insgesamt 300 Euro spendete die Center-Managerin für den Weichselpark. Ein stabiler Nistkasten aus Holzbeton, der für verschiedenste Wildvogelarten geeignet ist, sowie eine Futterampel, an der sich beispielsweise Kohlmeisen und Blaumeisen im Winter gerne versorgen, wurden im Park gleich installiert. Melanie Nobis vom Netzwerk AiF, die bereits mit der Schmetterlingswiese an der Lohmühlenbrücke kooperiert, sucht nun Freiwillige, die ehrenamtlich Patenschaften für die Futterstellen rund um den Weichselpark übernehmen möchten (nobis@wir-berlin.org).

Eine aus der Not entstandene Nachbarschaftshllfe für Wildvögel ist auf der entgegengesetzten Seite des Schiffahrtskanals am Kiehlufer zwischen Wildenbruchbrücke und Bouchestraße bereits im Herbst vergangenen Jahres entstanden: Rund 100 Spatzen, die sich jahrelang am Weigandufer in Höhe der Elbestraße eingerichtet hatten, mussten auf die gegenüberliegende Uferseite fliehen, nachdem die Sträucher der Uferpromenade trotz kräftiger Anwohnerproteste zwischen Wildenbruchbrücke und Weichselpark komplett gerodet worden waren. Um die Spatzen unbeschadet über den Winter 2019/2020 zu bringen, trugen tierliebe Anwohnerinnen und Anwohner daraufhin Strauchwerk als Schutz und Unterschlupf am Kiehlufer zusammen. Sie setzten sich auf unterschiedlichsten Ebenen politisch für die Spatzen ein, sammelten rund 400 Euro in der Nachbarschaft und warben zusätzlich 300 Euro aus Mitteln des Stadtplanungsamtes ein, um Futter für die Spatzen zu kaufen.

Der Nabu Leipzig stellte eine Strafanzeige gegen Bezirksbürgermeister Hikel. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte das Verfahren allerdings Ende November ein. Die Vogelschützer am Kiehlufer, von denen einige Mittwoch das Gespräch mit Hikel suchten, sind aber weiterhin überzeugt: „Aus Sicht des Artenschutzes gehören Sträucher, Hecken und Büsche zu den notwendigen Strukturen im Naturhaushalt, auf die bestimmte Vogelarten wie zum Beispiel Haussperlinge oder Amseln für ihr Überleben zwingend angewiesen sind. Nistkästen und Futterhilfen allein helfen nicht.“ Sie fordern deshalb u. a., dass am Weigandufer, wo vergangenen Mittwoch der Cleanup stattfand, wieder erheblich mehr Sträucher gepflanzt werden.

=Christian Kölling=

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