„Wir lassen nicht zu, dass die Sonnenallee als Kulisse für rechte Hetze missbraucht wird“

„Bringt eure Regenschirme mit! Wir schirmen uns von den Nazis ab!“ Das Bündnis Neukölln mobilisierte mit dieser ungewöhnlichen Aufforderung gestern Nachmittag zu einer Protestkundgebung an der Sonnenallee/Innstraße. Grund des Aufrufes zum Gegenprotest: Rasmus Paludan, Vorsitzender der dänischen ultrarechten und islamophoben Partei “Stram Kurs”, hatte das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit eine Versammlung mit etwa zehn Teilnehmern in der Sonnenallee angekündigt. Doch die mitgebrachten Regenschirme mussten nicht aufgespannt werden: Bis zum Einbruch der Dämmerung waren weder der Anmelder noch die Teilnehmer der rechtsextremen Kundgebung erschienen, wie die Polizei bei Twitter bestätigte.

Paludan, dessen Splitterpartei mit 1,8 Prozent keinen Abgeordneten im dänischen Parlament hat, versucht regelmäßig seit der Parteigründung 2017 Korane an Orten mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil zu schänden. In Paris und Brüssel machte er mit angekündigten Koran-Verbrennungen auf sich aufmerksam und versuchte, Gläubige zu provozieren. In Malmö und Kopenhagen lösten Koranschändungen des Rechtsextremen in diesem August bzw. im April 2019 gewaltsame Proteste aus. In Frankreich, Belgien und Schweden ist er unerwünscht und wegen seiner Provokationen des Landes verwiesen worden.

Schon im Oktober wollte Paludan sich mit seinen Anhängerinnen und Anhängern in der Neuköllner Sonnenallee versammeln. Damals war er aber am Flughafen Tegel von der Bundespolizei abgefangen und zurück nach Dänemark geschickt worden. Bei einem zweiten Einreiseversuch auf dem Landweg wurde Paludan kurzzeitig festgenommen und mit einer Einreisesperre bis 31.Oktober belegt.

Gestern Nachmittag waren zunächst zwei Gegenkundgebungen angemeldet worden. Das Bündnis Neukölln rief an der Sonnenallee/Innstraße unter dem Motto „Kein Platz für Nazis – egal aus welchem Land!“ zum Protest auf. Bündnis 90/Die Grünen des Bezirks hatten wenige hundert Meter entfernt eine Kundgebung unter der Überschrift “Keine Rassisten in Neukölln” in der Finowstraße angekündigt. Beide Kundgebungen wurden aber später zusammengelegt, so dass auch die Grüne Abgeordnete Dr. Susanna Kahlefeld (l.) an der Innstraße sprach. Weitere Rednerinnen und Redner kamen von der Neuköllner Linken sowie aus zahlreichen Initiativen und Vereinen. „Wir lassen nicht zu, dass die Neuköllner Sonnenallee als Kulisse für rechte und rassistische Hetze missbraucht wird“, hieß es im Aufruf des Bündnis Neukölln. In den vergangenen Monaten seien gerade im Umkreis der Straße migrantische Einrichtungen und Läden wiederholt Ziel von Hakenkreuz-Markierungen und faschistischen Angriffen gewesen. „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“, bekräftigten in Sprechchören wiederholt die rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung.

=Christian Kölling=

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