„Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind im Oktober kräftig gesunken. Nach wie vor zeigen sich am Arbeitsmarkt aber deutliche Spuren der ersten Welle der Corona-Pandemie“, erklärte mit Blick auf die Situation in ganz Deutschland Detlef Scheele, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, am Donnerstag auf seiner monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg. In Berlin gab es im Oktober 204.792 Arbeitslose, das entspricht einer Arbeitslosenquote von 10,2 Prozent, die bundesweit betrachtet überdurchschnittlich ist.
Besonders düster sind die Zahlen im Jobcenter Bezirk Neukölln: Hier wurden im Oktober 27.834 Arbeitslose gezählt. Das entspricht einer Quote von 15,7 Prozent, die deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt und der schlechteste Wert aller Bezirke ist. Auch im Oktober der Jahre 2019 (11,9%), 2018 (11,4%) und 2017 (12,1%) ging im Vergleich der Berliner Bezirke die rote Laterne an Neukölln. Dennoch verzeichneten die Statistiker der Bundesagentur für Arbeit auch in Neukölln eine Herbstbelebung auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote ging von 16,1 Prozent im September um 0,4 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent im Oktober zurück.
Bereits jetzt – noch vor dem großflächigen November-Lockdown – sind allerdings die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf dem Ausbildungsmarkt bundesweit deutlich zu erkennen. „Ende September 2020 blieben aufgrund der Corona-Krise deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber unversorgt sowie Ausbildungsstellen unbesetzt als im letztjährigen September“, räumte Scheele bei der Vorstellung der Bilanz des Berufsberatungsjahres 2019/2020 ein.
Auch bei der Ausbildung ist Berlin im allgemeinen unterdurchschnittlich und Neukölln mit weitem Abstand das Schlusslicht. Appelle an die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und Hinweise auf Fördermöglichkeiten wie das Bundesprogramm “Ausbildungsplätze sichern” sind deshalb besonders wichtig. „Nach Auskunft des Arbeitgeberservices (AGS) der Agentur Süd wurden bereits im April 2020 die Arbeitgeber durch den AGS großflächig angefragt, ob sie – trotz Pandemie – bereit seien im August oder September 2020 Schulabgängerinnen und Schulabgänger als Auszubildende aufzunehmen“, antwortete Bezirksstadtrat Falko Liecke kürzlich dem Bezirksverordneten Christian Posselt (Die Linke) auf eine Große Anfrage (Drucksache – 1976/XX ) in der BVV. „Mit Stand vom 31. August 2020 sind ca. 2.200 Jugendliche im Bereich der Agentur für Arbeit Süd noch nicht mit einer Ausbildungsstelle versorgt. Demgegenüber stehen aktuell rund 1.300 offene Ausbildungsstellen“, teilte der Jugendstadtrat außerdem mit.
Cornelia Schwarz, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Berlin Süd, erklärte mir im Dezember letzten Jahres, dass eine Relation von 1,5 Ausbildungsplätzen für eine Bewerberin oder einen Bewerber aus ihrer Sicht optimal sei. In Brandenburg kamen damals 2,8 Ausbildungsplätze auf eine Bewerbung, wie ich bei einem Aktionstag des Unternehmensnetzwerkes Neukölln-Südring erfuhr.
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