„Ich habe vor, mich sehr kurzfristig mit den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg über die weiteren Schritte für ein Masterplanverfahren am Hermannplatz zu besprechen.“ Viereinhalb Stunden lang beriet der Stadtentwicklungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Mittwoch über Neubauprojekte der Signa-Gruppe an den Geschäftsorten Alexanderplatz, Kurfürstendamm und Hermannplatz. Aus Sicht des Bezirkes Neukölln dürfte die Ankündigung, die der neue Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel während der Mammutsitzung machte, die im Internet live übertragen wurde und weiterhin bei Youtube nachverfolgt werden kann, die wichtigste Nachricht gewesen sein.
Seit über einem Jahr beherrscht die Signa-Gruppe des österreichischen Unternehmers René Benko den öffentlichen Diskurs mit ihrem Vorschlag, das nach dem Zweiten Weltkrieg erbaute Karstadt-Haus am Hermannplatz abzureißen, um es durch eine Replik des 1929 eröffneten Art-Deco-Gebäudes zu ersetzen, das im April 1945 kurz vor dem Einzug der Roten Armee von einer SS-Einheit gesprengt wurde. Die Planungen des Senats und der Bezirke zur städtebaulichen Entwicklung des Platzes, der zuletzt 1985 grundlegend neugestaltet wurde, stocken dagegen seit
Jahrzehnten. „Dieses Vakuum ermöglicht es Signa überhaupt, die öffentliche Hand in gewisser Weise vor sich her zu treiben“, kommentierte die Stadtplanerin Dr. Cordelia Polinna, die zusammen mit Timo Herzberg, CEO der Signa Real Estate Germany, für die Anhörung des Stadtentwicklungsausschusses in das Abgeordnetenhaus eingeladen worden war. Auch Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Baustadtrat Florian Schmidt aus Friedrichshain-Kreuzberg sowie Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, und die Verdi-Gewerkschaftssekretärin Erika Ritter nahmen an der Anhörung teil.
„Ich habe mir über dreißig Fragen notiert“, bemerkte Timo Herzberg, bevor er im Anschluss an seine Präsentation in einer zweiten Runde damit anfing, die teils sehr kritischen Fragen der Abgeordneten geduldig zu beantworten. Anfang August hatten der Regierende Bürgermeister Michael Müller sowie die Bürgermeister Ramona Pop und Dr. Klaus Lederer als Spitzen der Regierungskoalition mit der Signa Gruppe eine Vereinbarung über den Erhalt von Warenhausstandorten der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH sowie über die Investitionen der Signa-Gruppe in städtebauliche Projekte im Land Berlin abgeschlossen. Einige Parlamentarier der
Fraktionen von Grünen und Linken kritisierten diesen sogenannten Letter of Intent scharf. In Bezug auf den Hermannplatz ist in der Absichtserklärung vereinbart worden, dass noch in dieser Legislaturperiode – also bis September 2021 – ein zweiter Letter of Intent verfasst werden soll, in dem die Ergebnisse zur Entwicklung des Standortes festgehalten werden.
Am frühen Mittwochabend versammelten sich rund 200 Personen auf dem Hermannplatz, um gegen den geplanten Abriss des Karstadt-Hauses zu protestieren. „Wir lehnen den Letter of Intent ab!“, erklärte Niloufar
Tajeri von der Initiative Hermannplatz, die sich für den Erhalt des bisherigen Gebäudes einsetzt. 26 Initiativen, darunter „Deutsche Wohnen enteignen“, „Bizim Kiez“ sowie „Kotti & Co“, hatten zur Kundgebung aufgerufen. Rouzbeh Taheri von der Initiative Deutsche Wohnen enteignen warnte, dass der Hermannplatz über Jahre hinweg verödet, wenn das Karstadt-Kaufhaus vollständig abgerissen wird: „Viele kleine Geschäfte in der Umgebung werden dann pleite gehen“, befürchtet Taheri.
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Leider spricht Frau Niloufar nicht für die Mehrheit der Anwohner sondern für eine radikale alles Ablehnende Minderheit.
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