In großen Lettern steht seit gestern der Name Margarete Kubicka neben dem Eingang der Stadtteilbibliothek Britz Süd in der Gutschmidtstraße. Der Bezirk Neukölln ehrt damit eine Künstlerin, Pädagogin und Antifaschistin, die mit ihrer Familie von 1927 bis 1956 in der Britzer Hufeisensiedlung lebte. Schon während ihrer Schulzeit beobachtete die 1891 in gutbürgerlichen Verhältnissen geborene Margarete Schuster die Armut der Moabiter Arbeiter. Daraus entwickelte sich eine Empörung über ungerechte soziale Verhältnisse, die sie lebenslang auch in praktisches Handeln umsetzte. Sie heiratete 1916 den Künstler Stanislaw Kubicki, war Gründungsmitglied der deutsch-polnischen Expressionisten-Gruppe „Bunt“ und der Künstlervereinigung „Kommune“ sowie Mitglied der „Gruppe progressiver Künstler“.
Mit dem Machtantritt der Nationalsoziaisten 1933 änderte sich ihr Leben grundlegend: Das Haus der Kubickis in der Hufeisensiedlung wurde mehrfach von SA-Männern durchsucht und Bilder wurden zerstört. Trotz des hohen Risikos versorgte sie polnische Zwangsarbeiter, die ab 1941 in der Onkel-Bräsig-Straße untergebracht waren, mit Lebensmitteln und Informationen. Ihr Haus war Treffpunkt antifaschistischer Gruppen aus der Nachbarschaft. Sie selbst hatte Kontakte zur Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ und versteckte von den Nazis verbotene Schriften und als „entartete Kunst“ bezichtigte Werke.
Ihr Mann, der 1934 nach Polen emigrierte, wurde 1943 von der Gestapo ermordet, woran ein Stolperstein in der Onkel-Bräsig-Straße erinnert. Von der sowjetischen Militäradministration wurde Margarete Kubicka im April 1945 zur ersten Neuköllner Schulrätin ernannt, kehrte jedoch noch im selben Jahr zu ihrer Lehrtätigkeit zurück. Unter dem Namen „Britzer Kreis“ gründete sie nach dem Krieg einen Gesprächskreis von Künstlern und Intellektuellen, der über die Parteigrenzen hinweg ein tolerantes Diskussionsklima schaffen sollte, in dem auch kontroverse Themen ausgetragen werden konnten. Nach ihrer Pensionierung 1956 griff Kubicka, die 1984 starb, viele dieser Themen in ihren Bildern auf.
Das Netzwerk „Frauen in Neukölln“, ein Zusammenschluss von rund 50 Neuköllner Mädchen- und Frauenprojekten, Vereinen, Institutionen, Freiberuflerinnen und anderen engagierten Frauen, sowie die Initiative „Hufeisern gegen Rechts“ setzten sich seit November 2015 maßgeblich dafür ein, dass die Stadtteilbibliothek Britz Süd nun den Namen von Margarete Kubicka trägt. „Ich freue mich sehr darüber, dass das Frauennetzwerk und die Anwohnerinitiative die Politik überzeugen konnten, diesen Beschluss zu fassen. Für mich war es von Anfang an klar, dass dieses Vorhaben unbedingt umgesetzt werden musste. Bibliotheken sind wichtige öffentliche Orte, an denen sich viele Menschen treffen und somit hervorragend geeignet, an verdiente Neuköllnerinnen zu erinnern“, sagte Bildungsstadträtin Karin Korte zur Feier anlässlich der Namensgebung.
Kultursenator Dr. Klaus Lederer, der für ein Grußwort in die Stadtteilbibliothek gekommen war, würdigte Margarete Kubicka als Humanistin, die ihr Leben lang dafür gearbeitet habe, dass sich alle Menschen zu allseits gebildeten Persönlichkeiten entwickeln könnten. Mit den Worten: „Wer an Neukölln denkt, denkt auch die bislang unaufgeklärte Anschlagsserie“, erinnerte der Senator zudem daran, wie notwendig antifaschistische Arbeit auch heute noch ist. Jürgen Schulte von der Initiative „Hufeisern gegen Rechts“ übergab der Stadtteilbibliothek ein Selbstporträt der Künstlerin aus dem Jahr 1928 sowie ein Porträt ihres Mannes aus dem Jahr 1924, das den Titel „Stanislaw Kubicki und die Wissenschaften“ trägt.
Petra Kubicki, Witwe des im Oktober 2019 verstorbenen Stanislaw Karol Kubicki, und Schwiegertochter von Margarete Kubicka, gehörte ebenso zu den Gästen wie zahlreiche Vertreter aus Politik und Verwaltung des Bezirkes, allen voran die stellvertretende Bezirksverordnetenvorsteherin Ute Lanske (CDU). Das Bläserensemble „House of Bones“ der Musikschule Paul Hindemith Neukölln sorgte für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung.
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