Mit viel Engagement bei geringer materieller Entlohnung hilft der MoRo Seniorenwohnanlagen e. V. seit vielen Jahren älteren Menschen beim Einkaufen oder beim Hausputz und ermöglicht ihnen damit ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben in den eigenen vier Wänden. Im Mai 2015 stand die Seniorenbetreuung im Rollbergviertel kurz vor dem Aus: Vier Projektanträge, die die Weiterbeschäftigung von MAE-Kräften für den Begleit- und Beratungsservice in den Wohnanlage zum Inhalt hatten, wurden erst nach Protesten und der entschiedenen Fürsprache des Bezirksamtes Neukölln vom Jobcenter bewilligt. Fünf Jahre später haben sich die Angebote längst einen Namen gemacht, aber eine vollständige Professionalisierung ist nicht geglückt. Nach wie vor kann Geschäftsführerin Sylvia-Fee Wadehn zu einem ganz überwiegenden Teil nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, deren Stellen aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Das liegt auch daran, dass die betreuten Seniorinnen und Senioren nur kleine Renten erhalten oder auf Grundsicherung angewiesen sind, sodass sie keinen Eigenanteil zur Betreuung leisten können.
„Ich ziehe den Hut vor so viel Engagement und Fürsorge“, lobte Ingo Malter, Geschäftsführer der Stadt und Land, erst im Juni, als das Wohnungsunternehmen mit zwei Hofkonzerten dem MoRo e. V. für seine Arbeit während des Corona- Lockdowns dankte. „Gerade in Zeiten wie diesen braucht man Freunde, die anderen Menschen Mut und Zuversicht geben, am Ball bleiben und Vorhandenes neu denken. Das erfordert eine starke Motivation, Kraft, Hingabe, Zeit sowie Mut“, sagte Malter damals. Die Bürgerstiftung Neukölln zeichnete schon im Mai 2018 den MoRo Seniorenwohnanlagen e.V. mit einem Preis aus dem N+ Förderfonds aus, weil der Verein sich mit viel Herzblut für ein friedliches und respektvolles Miteinander in Neukölln einsetzt.
Trotz erfolgreicher Vereinsarbeit sind aber seit heute die beiden Begegnungsstätten in den Seniorenwohnanlagen Sterndamm (Treptow-Köpenick) und in der Neuköllner Heinrich-Schlusnus-Straße bis auf weiteres geschlossen. Dort sind ausschließlich Mitarbeiter beschäftigt, deren Stellen aus dem Programm „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ nach §16i SGB II mit einer Kofinanzierung des Landes Berlin bezahlt werden.
Ursprünglich waren dem MoRo e. V. ab April 2019 nach §16i SGB II („Teilhabe am Arbeitsmarkt“) 14 Stellen und zwei Monate später noch einmal 16 Stellen auf derselben gesetzlichen Grundlage für die Projekte „Senioren in Alltag und Freizeit“ und „Gemeinsam Gesund leben“ bis einschließlich 31.12.2021 bewilligt worden. Die Abteilung Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienst des Bezirksamtes Neukölln hatte zuvor erklärt: „Die Förderung von 30 Arbeitsverhältnissen gemäß §16i SGB II a liegt im öffentlichen Interesse des Bezirkes. Die Kofinanzierung des Projektes als eine Maßnahme der Förderung von Teilhabe am Arbeitsmarkt nach §16i SGB II zur Durchführung öffentlich geförderter Beschäftigung wird befürworet.“
In Neukölln sind seit 8. Oktober 2019 Nachbesetzungen der §16i-Stellen mit Kofinanzierung aber nicht mehr möglich, beschied die im Auftrag des Landes Berlin tätige zgs consult GmbH dem MoRo e. V. schon vor längerer Zeit. Mittlerweile sind deshalb nur noch 25 von 30 Stellen besetzt. Am 1. August folgte nun die Schließung der Tagespflegen am Sterndamm und in der Heinrich-Schlusnus-Straße, weil 5 Mitarbeiter dauerhaft fehlen,
Senatorin Elke Breitenbach erklärte erst Anfang Juli in einem Brief an Wadehn, dass die Kofinanzierung von weiteren Stellen nach § 16i SGB II bei MoRo Seniorenwohnanlagen e. V. nicht möglich sei, da keine Haushaltsmittel mehr zur Verfügung stünden. „Der MoRo e. V. hätte 2019 gute Chancen gehabt, dass für ihn 30 Stellen aus dem Programm Solidarisches Grundeinkommen bewilligt werden“, schrieb mir Stefan Strauss, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, zuletzt am vergangenen Montag. Obwohl eine Mitarbeiterin der Senatskanzlei auf Initiative des Regierenden Bürgermeisters ihre Unterstützung bei der Antragstellung angeboten habe, sei der Termin zur Einreichung der Unterlagen für die Beantragung des Solidarischen Grundeinkommens (SGE) im August 2019 aber ungenutzt verstrichen, war weiter zu erfahren. „Aktuell sind etwa 500 SGE-Stellen besetzt, bis zum Ende des Jahres sollen es 1.000 sein. Ein neuer Antrag ist nicht mehr möglich, weil das Interessenbekundungsverfahren mit mehr als 1.600 förderwürdigen Stellen beendet ist“, schrieb der Pressesprecher weiter.
Sylvia-Fee Wadehn will unterdessen weiter um die ursprünglich zugesagte Förderung nach dem Teihabechancengesetz kämpfen. Sie fragt nun das Rathaus, warum im Bezirk Neukölln grundsätzlich keine Nachbesetzungen mehr vorgenommen dürfen, während in anderen Bezirken – mit Ausnahme von Marzahn-Hellersdorf – die Nachbesetzung freiwerdender Stellen nach vorherigen Abstimmung mit der zgs consult GmbH und nach einer förmlichen Freigabe weiterhin möglich ist.
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