Der erste Stolperstein in Rudow erinnert an einen überzeugten Kriegsgegner

Ein Held im klassischen Sinn ist Otto Laube sicherlich nicht gewesen: Der 1888 geborene Mann war oft erwerbslos und allenfalls prekär als Bauarbeiter oder Kraftfahrzeugfahrer beschäftigt. Seit 1909 kam der ungelernte Arbeiter wiederholt wegen Eigentumsdelikten mit dem Gesetz in Konflikt. Weil er im Ersten Weltkrieg desertierte, saß Laube bis nach der November-Revolution 1918 zwei Jahre lang in Haft. „Dass er auch unter der NS-Diktatur aus seiner Kriegsablehnung keinen Hehl machte, kostete ihn das Leben“, befanden Abiturienten aus der Otto-Hahn-Oberschule in Neukölln. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich im Geschichtsleistungskurs mit Unterstützung der Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin und auf Anregung der Initiative „Rudow empört sich. Gemeinsam für Respekt und Vielfalt“ intensiv mit dem Leben des Rudower Antihelden auseinander.

„Ich sterbe schwer, aber mit dem Bewußtsein, dass ich nicht gemordet habe“, schrieb Otto Laube in seinem letzten Brief am Tag seiner Hinrichtung am 5. Juni 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden. Im April 1944 war er wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt worden. Davor hatten Arbeitskollegen Laube denunziert, weil er sich zu laut und kritisch über die NS-Diktatur, Hitler und den Krieg geäußert hatte.

„Eine Nachbarin, eine Rudower Ladenbesitzerin und sogar der stellvertretende Ortsvorsitzende der NSDAP in Rudow setzten sich dagegen wiederholt für Otto Laube ein. Alle Gnadengesuche wurden aber abgelehnt“, berichtete Claudia von Gelieu über die letzten Wochen und Monate vor Laubes Hinrichtung. Als Vertreterin von Rudow empört sich hielt sie die Laudatio der kleinen Feierstunde, die vor dem Haus Fleischerstraße 6 am Mittwochmittag abgehalten wurde. Bezirksbürgermeister Martin Hikel dankte in seiner Rede den Schülern und Lehrern der Otto-Hahn-Schule für ihre Arbeit und regte die Jugendlichen an, sich weiterhin kritisch auch mit schwierigen Biographien auseinanderzusetzen.

Gunter Demnig, der seit Mai 1996 Stolpersteine setzt, aber erst zwanzig Jahre später den ersten Neuköllner Erinnerungsstein ins Pflaster einließ, war ausnahmsweise nicht zur Zeremonie erschienen. In Vertretung war jedoch Michael Rohrmann gekommen. Er kümmert sich eigentlich nur um das Projekt Stolpersteine im Evangelischen Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf. Rohrmann war allerdings schon einmal im Juni 2013 in Neukölln aktiv: Damals hatte sein Sohn als Schüler der Evangelischen Schule Neukölln die Verlegung dreier Stopersteine in der Biebricher Straße mit angeregt.

=Christian Kölling=

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