„Der beste Rat ist derzeit Gelassenheit, Wachsamkeit und Vertrauen“

„Der Virus verlangt uns allen viel ab. Die Menschen in den Kliniken, den Arztpraxen, in der öffentlichen Verwaltung, Verkäufer und andere sind an der Leistungsgrenze oder schon darüber. Für viele andere ist es eine enorme psychische Belastung, zu Hause zu sitzen mit dem Gefühl, derzeit nichts beitragen zu können. Dabei ist gerade das zu Hause bleiben ein ganz großer Beitrag gegen das Virus. Ich danke jedem, der seine Rolle derzeit mit aller Kraft ausfüllt und die neuen Regeln beherzigt. Auch wenn es schmerzt.“ Neuköllns Bezirksstadtrat für Jugend- und Gesundheit Falko Liecke hat in den letzten Wochen viele Presseanfragen beantworten müssen. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Liecke deshalb kürzlich einen Text in Interviewform, aus dem das eingangs stehende Zitat stammt. In diesem Interview sind die häufigsten Fragen und Antworten – angefangen bei Sinn oder Unsinn von Tests auf das Corona Virus, bis hin zum Kinderschutz in Zeiten der Corona-Krise – zusammengefasst.

„Wer keinen direkten Kontakt mit einem sicher Infizierten hatte, aber dennoch Symptome wie Fieber, Husten und Schnupfen zeigt, wendet sich bitte an seinen Hausarzt. Wir dürfen nicht vergessen, dass es viele andere Erkältungskrankheiten gibt, die mehr oder weniger ernst sind. Nicht jeder Husten ist Corona, aber auch die saisonale Grippe ist gefährlich und muss behandelt werden“, mahnt Liecke.

Ein Test auf das sogenannte Coronavirus (SARS-CoV-2) ist nach den Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI), das für die bundesweite Infektionsüberwachung zuständige ist, aktuell nur erforderlich, wenn erstens ein enger Kontakt zu einer positiv getesteten Person bestanden hat. Statt eines unmittelbaren Kontaktes kommt auch ein Aufenthalt in offiziellen Risikogebieten für eine Indikation zum Testen in Frage. Das spiele aber gerade in Berlin zunehmend keine Rolle mehr. Zweites Kriterium für einen Test sind typische Symptome wie Fieber, Husten und Schnupfen. „Erst wenn beide Kriterien, also enger Kontakt und Symptome vorliegen, muss getestet werden“, erklärt Gesundheitsstadtrat Liecke und fügt warnend hinzu: „Neuköllnerinnen und Neuköllner, die beides bei sich erkennen, wenden sich bitte an meine Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsamt unter 030 90239 4040. Und sie bleiben bitte zunächst zu Hause, Krankschreibungen durch den Hausarzt sind aktuell auch telefonisch unkompliziert möglich.“

Amtsarzt Dr. Nicolai Savaskan, der Anfang Januar seinen Arbeit für das Neuköllner Gesundheitsamt aufnehmen konnte, erklärt in einem Video, das auf Lieckes Facebook-Seite zu sehen ist, warum es so wichtig ist, jetzt auf direkte persönliche Kontakte mit anderen Menschen möglichst zu verzichten: „Wenn wir weiterhin so in Kontakt treten, wie vor der Kontaktbeschränkungs-Regelung, würden wir bis Mitte April eine Zahl von bis zu anderthalb Millionen corona-infizierten Berlinerinnen und Berliner haben. Wenn die Kontaktbeschränkung wirklich eingehalten wird – und dabei kommt es wirklich auf jeden von uns an! – gehen wir davon aus, dass wir weit unter diesem exponentiellen Zunahmen sein könnten.“ Trotzdem sei in ganz Berlin bis Mitte April vielleicht mit über 200.000 Corona-Virus-Infizierten zu rechnen. „Das ist eine große Zahl, aber doch eine wesentlich geringere als die, bei einer über Million“, so Amtsarzt Dr. Savaskan. „Damit es gar nicht dazu kommt, dass wir in eine exponentielle Phase kommen, bei der sich das Virus von Mensch zu Mensch ganz schnell überträgt, ist der beste Rat tatsächlich, Kontakt zu reduzieren, auf Abstand zu gehen und die Basis-Hygiene, wie Händewaschen, die Husten- und Nies-Etikette – was sie alles schon auf Plakaten sehen – wirklich auch umzusetzen“, appelliert der Neuköllner Amtsarzt. Wichtig sei hierbei auch, nicht die Pflege der sozialen Kontakte zu vergessen. Statt sich im realen Leben zu treffen, könnten alle sehr wohl ihre Kontakte zu Nachbarn und Verwandten via Telefon oder andere Techniken aufnehmen.

„Wir müssen reden, informieren und aufklären. Bisher sehe ich nicht, dass Panik aufkommt. Aber ich sehe immer wieder Falschmeldungen zum Virus. Handfeste Lügen, die ganz gezielt Stimmung machen, verunsichern und Panik schüren sollen“, beurteilt Liecke die Situation und fordert: „Auf solche Versuche dürfen wir nicht hereinfallen. Der beste Rat ist derzeit Gelassenheit, Wachsamkeit und Vertrauen. Informationen sollen nur aus offiziellen Quellen ernst genommen werden.“ WhatsApp-Gruppen seien gut, um Kontakt mit Freunden und Familie zu halten. „Für seriöse Informationen sind sie in den allermeisten Fällen ungeeignet“, so Liecke.

Schließlich geht der Jugendstadtrat in seinem Interview auch auf das Thema Kinderschutz ein. „Der Kinderschutz in Neukölln ist gewährleistet. Aber wir haben derzeit in der Tat ein Erkenntnisproblem. Denn die soziale Kontrolle ist unser Trumpf im Kinderschutz. Wenn sie wegfällt, weil sich das ganze Leben nur noch in der Wohnung abspielt, kann es in manchen Familien gefährlich werden“, erklärt Liecke und fügt an: „Darum ist mein Appell an alle Neuköllnerinnen und Neuköllner: schauen Sie hin. Rufen Sie lieber einmal zu oft unser Kinderschutzteam unter 030 – 90239 55555 an.“ Das habe nichts mit Denunziation oder Spitzelei zu tun. Es sei vielmehr Teil der Verantwortung, die wir alle miteinander für die Kinder in Neukölln tragen. Auch Eltern können übrigens das Kinderschutzteam anrufen, das telefonisch werktags zwischen 8 und 18 Uhr zu erreichen ist. An 365 Tagen rund um die Uhr können Sie u. a. mit der Hotline Kinderschutz unter 030 – 61 00 66 sprechen.

=Christian Kölling=

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