Kein Grund zum Feiern

Unter dieser Überschrift berichteten wir vor sechs Jahren über den Equal Pay Day, der damals am 21. März mit einem Flashmob einschließlich Flaggenhissung auf dem Rathausvorplatz in Neukölln begangen wurde. Der Aktionstag weist europaweit symbolisch auf die Gehaltslücke hin, die beim durchschnittlichen Brutto-Stundenverdienst zwischen Männern und Frauen klafft: Je früher der Tag im Jahr liegt, desto geringer ist der geschlechtsspezifische Lohnunterschied.

Gestern, am 17.März, war der Equal Pay Day im Schaltjahr 2020 terminiert. „21 Prozent beträgt weiterhin die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Auf ein Jahr umgerechnet entspricht diese Differenz 77 Tagen“, informiert die Webseite der diesjährigen Kampagne „Auf Augenhöhe verhandeln – Wir sind bereit!“. Größer als in Deutschland ist die Lohnlücke zwischen Mann und Frau im Vergleich von 23 europäischen Ländern nur in Estland.

Berufe, in denen überwiegend Frauen arbeiten, werden gesellschaftlich nach wie vor unterbewertet und schlechter bezahlt. Fast 80 Prozent der beruflichen Sorgearbeit in Kindertagesstätten, Grundschulen und in Pflegeeinrichtungen übernehmen Frauen. Ähnliches gilt für Tätigkeiten und Berufe im Dienstleistungsbereich, etwa im Handel, in der Gastronomie und im Reinigungsgewerbe. Im Frühjahr 2014 wies die Ausstellung „Rote Taschen“ mit über zwei Dutzend Exemplaren, die von Teilnehmerinnen verschiedener Frauenprojekt in Neukölln gehäkelt, gestrickt und genäht wurden, auf die „Gender Pay Gap“ hin.

Im Schatten der Corona-Krise ist heute an Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Kundgebungsbesuche nicht zu denken. Wie wichtig und wertvoll die Arbeit in sogenannten frauentypischen Berufen ist, beweist sich jetzt aber ganz praktisch im Alltag. Auf den kommenden Equal Pay Day dürfen wir ebenso gespannt sein, wie auf den kommenden Equal Care Day, der die ungleiche Verteilung unbezahlter Pflege- und Sorgearbeit immer am letzten Tag des Februars zum Thema macht.

=Christian Kölling=

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