Red Hand Day 2020 – Kinder sind keine Soldaten!

Etwa 250.000 bis 300.000 Kindersoldaten gibt es nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen weltweit. In mindestens 16 Ländern – zu denen Myanmar, Kolumbien, Syrien, Afghanistan, Libyen, Somalia und Mali gehören – werden Kinder und Jugendliche heute von bewaffneten Gruppen und Armeen rekrutiert und eingesetzt. Gemäß den Zusatzprotokollen der Genfer Konventionen dürfen keine Kinder unter 15 Jahren für den Armeedienst rekrutiert oder bei Kampfhandlungen eingesetzt werden. Am 12. Februar 2002 trat das Fakultativprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention in Kraft, das die Beteiligung von Kindern unter 18 Jahren an bewaffneten Konflikten verbietet. International wird seitdem der 12. Februar als „Red Hand Day“ begangen, um gegen den Einsatz von Kindern in Kriegen zu demonstrieren.

Der Neuköllner Abgeordnete und Verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dr. Fritz Felgentreu beteiligt sich an der Aktion der Kinderkommission des Deutschen Bundestages zum Red Hand Day regelmäßig. Auch Familienministerin Dr. Franziska Giffey war vorgestern dabei und setzte mit einem blutroten Handabdruck auf weißem Papier ein unübersehbares Stopp-Signal. Das Deutsche Bündnis Kindersoldaten, dem namhafte Kinderrechtsorganisationen angehören, prangert in diesem Jahr insbesondere den Einsatz von Mädchen in bewaffneten Konflikten an.

„Befreien wir die Kinder vom Krieg“, lautete der Titel einer Konferenz, die 2007 auf Initiative von UNICEF in Frankreich einberufen wurde. Sie legte die Pariser Prinzipien fest, die inzwischen von 105 Staaten – darunter auch Deutschland – anerkannt wurden. Nach diesen Pariser Prinzipien sind Kindersoldaten per Definition „alle Personen unter 18 Jahren, die von Streitkräften oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder benutzt werden (…), darunter Kinder, die als Kämpfer, Köche, Träger, Nachrichtenübermittler, Spione oder zu sexuellen Zwecken benutzt wurden.“ Eine Kombination von Armut, fehlenden Bildungsmöglichkeiten, Diskriminierung, und Verletzlichkeit macht Kinder zu idealen Opfern. Jungen und Mädchen werden durch Misshandlungen, Drogen oder Geld für den Kriegseinsatz gefügig gemacht. Die langfristigen Folgen für das psychische und körperliche Wohl der Kinder und späteren Erwachsenen sind katastrophal. Das Selbstbewusstsein der zu absolutem Gehorsam gezwungenen Menschen ist geschwunden, sie werden traumatisiert und seelisch schwer verletzt, sodass sie gegen Grausamkeiten häufig abstumpfen.

In Deutschland rückte 2020 nicht erst nach dem jüngsten Bericht des Wehrbeauftragten Hans Peter Bartels die Rekrutierung 17-Jähriger in die Kritik. „Die Bundesregierung sollte endlich die Rekrutierung minderjähriger Mädchen und Jungen als Soldaten stoppen – wie es über 150 Länder weltweit schon getan haben. Denn eine Armee ist kein Platz für Kinder und Jugendliche“, appellierte Ralf Willinger im Namen der Kampagne „Unter 18 nie!“. Der SPD-Politiker Felgentreu unterstützte als Schirmherr im Oktober 2019 eine Veranstaltung des Deutschen Bündnis Kindersoldaten, Terres des Hommes und der Kindernothilfe, die die Problematik des Einsatzes Minderjährige bei der Bundeswehr in die Öffentlichkeit tragen sollte. Eine Gemeinschafts-Initiave der Fraktionen von Linken und Grünen im Bundestag, die die Rekrutierung Minderjähriger in Deutschland stoppen wollte, war allerdings zuvor im Februar 2019 gescheitert. Sowohl die Fraktionen der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD als auch die Parlamentarier von FDP und AfD lehnten den Antrag nach zwei Plenardebatten ab.

1.706 Minderjährige rekrutierte die Bundeswehr allein 2019. In den beiden Jahren zuvor lag die Quote der Diensteintritte minderjähriger Soldatinnen und Soldaten bei 8,4 Prozent (2018) bzw. 9,1 Prozent (2017). Der Wehrbeauftragte erinnerte in seinem Jahresbericht 2019 daran, dass der Artikel 12a des Grundgesetzes eine Verpflichtung zum Wehrdienst für Männer erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr vorsieht. Minderjährige dürfen nicht verpflichtet werden. Daran anknüpfend schrieb Bartels: “Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt, seither ist die Bundeswehr eine reine Freiwilligen-Armee. Der Grundsatz einer Armee erwachsener Staatsbürger in Uniform gilt dennoch fort. Deshalb muss es eine Ausnahme bleiben, 17-Jährige als freiwillige Soldatinnen und Soldaten in die Bundeswehr einzustellen.“ Der SPD-Verteidigungspolitiker Felgentreu sagte mir erst gestern: „Ich bin nicht zufrieden damit, dass in den letzten Jahren immer mehr minderjährige Rekrutinnen und Rekruten eingestellt worden sind. Das widerspricht dem Jugendschutz. Minderjährige sollten nicht an der Waffe ausgebildet werden, auch wenn das rechtlich zulässig ist. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass minderjährige Freiwillige in Zukunft zunächst einen zivilen Vorbereitungsdienst absolvieren und erst als Volljährige in die Vollausbildung eintreten.“

=Christian Kölling=

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